22 | Böse Vorahnung

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A I D E N

Gesagt, getan.

Am nächsten Morgen stehe ich vor der Highschool und überlege, wie ich das alles angehen könnte. Und dabei erkenne ich mich selbst nicht wieder. Mein altes, gutes ich, hätte sich nie auf sowas eingelassen. Darauf eingelassen, einem Jungen zu schaden, den ich noch nicht einmal richtig kenne.

Ich weiß nicht, ob er ein guter oder schlechter Mensch ist, ob er eine wichtige Verantwortung trägt, ob er eine kleine Schwester oder einen kleinen Bruder hat. An seine Eltern versuche ich nicht einen Gedanken zu verschwenden, denn dann wäre das ganze hier umso schwerer. Ich denke nicht an die Dinge, die ganz klar sind, dass er sie besitzt. Denn sonst wüsste ich nicht mehr, für was ich mich entscheiden sollte.

Leider machen mich diese Gedanken zu keinem besseren Menschen. Kein bisschen. Denn letztendlich zählt das, was ich tue. Und das sagt nur aus, dass ich ein Monster bin.

Kein Stück besser als es Rafael ist.

Ich höre auf mir den Kopf zu zerbrechen, als sich etwas in meinem Blickfeld bewegt. Es schellt und plötzlich bewegen sich immer mehr Menschen auf den großen Hof. Ich verstärke den Griff um den kühlen Metallzaun, als ich die Augen zusammenkneife und mir jedes Gesicht genau ansehe. Ich versuche Kyle unter den ganzen Schülern zu erkennen, doch werde nicht fündig.

Nach einpaar Minuten denke ich, dass es das beste wäre, wenn ich verschwinde, als urplötzlich eine Gruppe durch die Eingangstür schreitet und ich sofort bekannte Gesichter erkenne.

Um genau zu sein genau zwei.

Zum einen ist da Kyle und zum anderen Sara.

Das Mädchen, dem ich momentan unglücklicherweise einige Male zu oft über den Weg laufe.

Aber was tut sie mit Kyle? Was hat sie mit ihm zutun? Sind sie Freunde? Oder mehr? Fragen schießen mir durch den Kopf, doch ich schüttle sie einfach ab, schalte alles ab, ehe ich mich konzentriere. Ich beobachte Kyle, trete dann aus meiner Position hervor und stelle mich ans Tor. Einige Minuten stehe ich da und sehe ihm dabei zu, wie er sich mit zwei Mädchen und Sara unterhält, bis es mir einfach zu langweilig wird und ich mich langsam auf sie zubewege.

Was ich mir dabei denke, weiß ich selbst nicht so genau. Sobald mir bewusst wird, dass das eigentlich total unüberlegt und dumm von mir ist, halte ich inne, und will zurück, doch genau in dem Moment bewegt sich Sara's Kopf in meine Richtung und unsere Blicke treffen sich.

Ich halte unabsichtlich die Luft an und verharre in der Position, während sich ihre Augen langsam weiten. Sie sieht verloren aus, wie sie da gerade steht, zwischen ihren Freunden, während sie mit ihren Bambiaugen zu mir starrt.

Ich seufze, frage mich, was ich hier überhaupt tue, doch finde keine Antwort.

Mein Gehirn beginnt erst dann zu arbeiten, als Kyle Sara's starren Blick folgt und mich unter den ganzen Schülern ausfindig macht und das Lächeln, dass sich bis dato in seinem Gesicht befand, verschwindet. Er sieht alles andere als glücklich über meinen Besuch aus und sieht verärgert zu Sara, die immer noch zu mir sieht und seinen Blick garnicht wahrzunehmen scheint.

Ich muss automatisch schmunzeln, doch reiße mich zusammen, als Kyle sich dann von seiner Gruppe trennt, um auf direktem Weg auf mich zuzukommen.

"Was fürn' scheiß ziehst du hier ab, Aiden? Was soll das, einfach so ohne Bescheid zu sagen hier zu erscheinen und zu meinen, vor allen mit mir sprechen zu wollen?", beginnt Kyle, sobald er bei mir angekommen ist und versucht, mich an der Schulter zurückzudrücken, doch ich schüttle seine Hand nicht gerade sanft ab und beiße automatisch die Zähne zusammen.

Ich weiß doch selbst nicht, was ich mir dabei gedacht habe, aber das gibt ihm nicht das recht, so mit mir zu reden, als wäre er was weiß ich was.

Ich seufze. "Komm mal runter, man. Ich bin hier, weil ich etwas bereden wollte. Musst nicht direkt einen Aufstand machen."

Kyle drückt die Augen zusammen und fasst sich kurz an die Schläfe, ehe er tief ausatmet und nachgibt. "Gut, aber warum sagst du dann nicht Bescheid? Wir hätten uns woanders treffen können."

"Warum ist es so wichtig, wo wir reden?", entgegne ich genervt.

Kyle sieht sich um und tatsächlich drehen sich immer mal wieder Schüler zu uns und auch Sara und ihre Freundinnen starren allesamt zu uns, dass bemerke ich, als ich Kyle's Blick folge. Er verkrampft sich. "Es ist wichtig, weil niemand wissen darf, wer du bist und von wo wir uns kennen. Die Leute kennen dich nicht, werden Fragen stellen und ich darf nicht riskieren, dass irgendjemand von dem Ganzen erfährt."

"Ach, du willst nicht, dass irgendwer weiß, dass der Sunny-boy nicht ganz so sauber ist, hm?", werfe ich ein und lache spöttisch. "Tja, dass hättest du dir vor der ganzen Scheiße überlegen müssen, in die du dich begeben hast."

Kyle beißt die Zähne zusammen und wirkt alles andere als zufrieden mit meiner Bemerkung. "Du hast doch keine Ahnung, also bitte hör auf so eine Nummer abzuziehen und komm zu dem Punkt. Warum bist du hier?"

Ich sehe einen Moment stumm an ihm vorbei und überlege, was ich antworten könnte. Denn ich weiß selbst noch nicht genau, was ich mir dabei dachte, hier aufzutauchen.

Denn wenn ich ehrlich bin, habe ich die Nase voll von Highschools.

"Ich wollte noch mal über Rafael reden.", antworte ich dann, nach einigen Sekunden der Stille und Kyle sieht sich erneut um, um sicher zu gehen, dass niemand mithört.

"Hier ist kein guter Ort dafür. Wir treffen uns später, ich gebe dir Bescheid wann genau und wo. Verschwinde jetzt am besten, bevor die Leute noch misstrauischer werden.", sagt er leise, doch es ist bereits zu spät.

Denn genau in dem Moment erkenne ich, wie Sara und ihre beiden Freundinnen auf Kyle zukommen, und somit auch auf mich. Und so wie Sara mich noch immer ansieht, wird die ganze Sache hier nicht vereinfachen.

"Kyle", kommt es von einem der beiden unbekannten Mädchen. Sie sieht kurz zu mir und wendet dann schnell den Blick ab, um zu Kyle zu sehen, der total angespannt dasteht und zwischen ihnen hersieht. "Ist alles gut bei dir?"

Ich muss mir ein Lachen verkneifen. Klar fragt sie den armen Jungen, ob alles mit ihm gut ist. Sie haben schließlich bemerkt, wie unwohl er sich fühlt.

Kyle nickt überstürzt. "Ja, ja klar, alles super. Ich und mein alter Freund hier haben gerade nur über einpaar Themen gesprochen, dass ist alles."

"Sah von dahinten nicht danach aus."

Kyle sieht zu dem anderen Mädchen, dass ihn unbeeindruckt betrachtet und einen weiteren Biss von ihrer Pizza nimmt.

Er seufzt. "Ist aber so. Also, keine Sorge. Aiden wollte sowieso gerade gehen." Kyle's Blick wandert zu mir und er macht deutliche Anzeichen, dass ich nun die Gelegenheit habe, zu verschwinden. Und das tue ich dann auch, nicht, weil er das von mir verlangt, sondern ganz einfach, weil ich keine Lust darauf habe, dass es kompliziert wird.

Doch ich setze mich nicht in Bewegung, bevor ich nicht noch eine letzte Sache loswerde:

"Vergiss nicht, was du gerade gesagt hast. Ich warte auf deine Nachricht, Kyle."





A/N:

Ich bin so nervös, wenn ich daran denke, was euch noch bei dieser Geschichte bevorsteht und freue mich schon, meine ganzen Gedanken in die Kapitel zu stecken.

Feedback ist wie immer erwünscht.

❤️

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