23 | Aiden

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S A R A

Als ich den Keksdieb mitten auf dem Hof vor der Highschool stehen sah, war's das mit meiner Konzentration.

Ihn nach dem letzten Aufeinandertreffen aus dem nichts wieder gegenüber zustehen, war so überraschend und so... ungewohnt. Ich wusste nicht mehr, wo vorne und hinten ist und weiß es auch jetzt nicht, obwohl er bereits weg ist und ein komplettes Rätsel hinterlassen hat.

Ich werde nicht schlau aus ihm.

Was tut er hier? Und woher kennt er Kyle?

Ich war so abgelenkt und konnte meinen Augen nicht glauben, als Kyle zu ihm rüber gelaufen ist. Ab dann hatte ich überhaupt keinen Überblick mehr. Ich hab mich gefühlt, als hätte man mir ins Gesicht geschlagen und als Kyle mir weismachen wollte, dass die beiden Freunde sind, obwohl ich und auch Romina und Emma ganz genau gesehen haben, wie angespannt Kyle war und wie er ihn sobald er bei ihm angekommen ist, an der Schulter zurückgedrängt hat, war schon klar, dass die beiden alles sind, nur keine Freunde.

"Ich kenne den Kerl von früher. Aiden und ich haben gemeinsame Freunde.", versucht Kyle sich zu rechtfertigen, für was auch immer. Man sieht ihm an, dass da mehr ist, doch ich erwidere fürs erste nichts.

Denn ich bin verwirrt.

Und erstaunt.

Denn nun kenne ich seinen Namen. Aiden... So heißt der Typ, dem ich seit längerem unweigerlich über den Weg laufe und an den ich nicht aufhören kann, zu denken. Nicht, dass da irgendetwas wäre, denn da ist wirklich nichts, schließlich kenne ich ihn nicht. Doch ich hab dennoch dieses ständige Gefühl, dass mir sagt, dass irgendetwas ganz besonders an ihm ist.

In welchem Sinne genau, weiß ich noch nicht, doch mein Ziel ist es, dies herauszufinden.

Das ist auch der Grund, weswegen ich mich zum ersten Mal an Kyle wende, und nicht nur Romina und Emma das Reden überlasse. Auch, wenn Emma eher damit beschäftigt war, ihre Pizza zu essen.

Ich räuspere mich und erlange sofort seine Aufmerksamkeit. "Erzähl mir mehr von Aiden."

Kyle sieht mich an, und das für einige Sekunden, ohne irgendetwas zu erwidern. Er wirkt nicht gerade glücklich, als er die Brauen zusammenzieht, sich kurz in der Gegend umsieht und sich dann über den Tisch zu mir vorlehnt. "Warum willst du mehr von ihm wissen? Kennst du ihn?"

Ich stutze für einen Moment, bei dem harschen Ton, den Kyle üblich nicht gerade oft an den Tag legt, doch gebe letztlich seufzend nach und schüttle schwach den Kopf. Ich schätze, es ist besser, wenn ich ihm zunächst nichts über die kleinen Begegnungen erzähle, die Aiden und ich bisher hatten. Es ist schließlich sowieso nicht der Rede wert, da Aiden mich eigentlich nur blöd angemacht oder erniedrigt hat.

Nicht ganz...

Na gut, letztes Mal hat er mich gerettet, aber das hat dennoch nichts zu bedeuten. Denn diese eine Tat wird seine vergangenen Worte nicht wiedergut machen.

Ich schlucke schwer, als Kyle mich immer direkter ansieht und anscheinend immer noch auf eine Antwort wartet. "Nein, ich kenne ihn nicht.", sage ich dann leise.

"Warum willst du dann mehr über ihn erfahren?", erwidert Kyle total verwirrt und schüttelt ungläubig den Kopf. "Du kennst ihn überhaupt nicht, Sara. Deshalb solltest du mir glauben, wenn ich dir sage, dass es besser ist, wenn du dir nie mehr Gedanken über diesen Kerl machst, okay?"

Als ich merke, wie ernst Kyle jedes einzelne Wort meint, halte ich inne und gebe nach. "O-okay."

"Danke." Seufzend lehnt Kyle sich wieder zurück und fährt sich dann über die Augenlider. Mein Blick wandert automatisch zu Emma rüber, die nur mit den Schultern zuckt. Romina ist gerade dabei, uns allen was zum Essen zu bestellen und hat demnach nichts von diesem Gespräch mitbekommen, was wahrscheinlich auch besser so ist. Denn bei ihrer Neugier würde sie nicht locker lassen, bis ich den wahren Grund für mein Interesse an Aiden auspacke.

Ich hole tief Luft und verbanne alle Gedanken, die in irgendeiner Form mit Aiden in Verbindung stehen.

Doch ehe dies passiert ist, holen mich andere Gedanken ein. Ich denke an Mum, an ihr Problem und an diese Sehnsucht nach den alten Zeiten mit ihr. Und ich weiß es ist verrückt, aber ich will tatsächlich Lachen, weil alles so absurd ist. Vor einpaar Jahren war schließlich alles super, und nun... habe ich überhaupt keine Ahnung mehr, ob es das je wieder werden wird...

"Sara?" Kyle legt seine Hand auf meinen Unterarm und reißt mich somit aus meinen Gedanken. Mein Blick wandert seine Hand hinauf und als ich ihn ansehe, schenkt er mich ein schwaches Lächeln. "Tut mir leid, dass ich eben so scheiße war. Ich... ich meins halt nur wirklich ernst."

Überrascht weiten sich meine Augen und ich brauche einen Moment, ehe ich benommen abwinke. "Ja... A-alles gut, wirklich. Ich verstehe das und glaube dir, wenn du sagst, ich soll mir keine Gedanken machen."

"Gut." Kyle lächelt und ich erwidere es ohne zu zögern.

Ein Räuspern ertönt im nächsten Moment und ich sehe überrumpelt zu Emma, die mir einen Blick schenkt, den ich sofort zu deuten weiß. Hastig entziehe ich mich Kyle's leichten Berührung und räuspere mich ebenso, und das gerade rechtzeitig, denn Romina erscheint genau in diesem Moment in mein Blickfeld und ich atme tief durch, um mich zu sammeln und verdammt nochmal zusammenzureißen.

Alles ist gut....

Alles wird gut.

One Last ChanceWhere stories live. Discover now