44 | Ein kleiner Gefallen

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A I D E N

Sara sieht mich aus ihren großen braunen Augen an. Sie sieht traurig aus, und doch erleichtert darüber, ihre Gedanken laut aussprechen zu können. Und auch mir tut diese Unterhaltung überraschend gut.

"Ich hoffe, deine Probleme legen sich bald", entkommt es mir wie von selbst. Sara sieht mich mit einem Funkeln an, das ich nicht genau zu deuten weiß. Dann jedoch, formen sich ihre Lippen zu einem kleinen Lächeln.

"Danke. Das hoffe ich auch." Sie streicht sich eine Haarsträhne zurück und löst sich dann von meinem Blick. "Es ist spät geworden. Ich... ich glaube, ich mache mich jetzt mal langsam auf den Weg nach Hause."

Ich nicke, denn sie hat recht. Es ist definitiv spät geworden, und in ihrer Verfassung sollte sie ganz sicher nach Hause und nicht weiter hier auf der Party bleiben. Denn sie ist nicht nur traurig, sondern scheinbar auch betrunken. "Ich begleite dich", sage ich dann, und zu meiner Überraschung beginnt sie gar nicht damit, zu protestieren oder zu widersprechen. Sie lässt es einfach zu und schenkt mir erneut ein Lächeln, als wir uns in Bewegung setzten und die Veranda runterlaufen.

Einige Minuten laufen wir still nebeneinander her, bis Sara die Stille bricht. Sie zieht ihr Handy raus und wirft mir einen kurzen Blick zu. "Ich schreibe Kyle kurz, dass ich weg bin. Nicht, dass die anderen sich Sorgen machen."

Ich nicke und will eigentlich nichts dazu sagen, doch kann im nächsten Moment einfach nicht anders, "Ihr steht euch Nahe, du und Kyle." Es ist mehr eine Feststellung, als eine Frage, und dennoch sehe ich einwenig erwartungsvoll zu Sara, die gerade ihr Handy wieder wegsteckt.

Als sie meinen Blick bemerkt, nickt sie nur zögerlich. "Ja... ich meine ja, wir stehen uns nahe. Wir sind gute Freunde." Der letzte Satz klingt wie eine Erklärung, als wäre sie extra an mich gerichtet, damit ich die Lage zwischen ihnen nicht falsch verstehe.

Dabei weiß ich schon mehr, als sie.

Schließlich findet Kyle ganz sicher was an ihr.

"Und du bist dir sicher, dass Kyle auch so denkt?", entfährt es mir plötzlich. Ich bin überrascht von meiner Direktheit, und scheinbar geht es Sara nicht anders, denn sie sieht mich mit geweiteten Augen an.

"Ja, dass bin ich", entgegnet sie nach kurzem überzeugt und schüttelt dann ungläubig den Kopf, "Kyle und Romina sind so gut wie zusammen. Romina ist meine beste Freundin."

Ich nicke nur, da ich nicht will, dass sie sich da noch mehr hineinsteigert.

Sie hatte heute schließlich genug Stress.

"Okay, sorry", sage ich deshalb nur leise. Zwar würde ich ihr gerne klarmachen, dass Kyle anders fühlt als sie, damit er ihre Freundschaft niemals ausnutzen kann, aber das ist nicht meine Aufgabe. Ich habe keinen Grund, mich da einzumischen. Schließlich geht es mich überhaupt nichts an. Und außerdem sollte ich es mir mit Sara nicht wieder vermasseln, denn ohne sie werde ich niemals an Kyle rankommen.

Ich erinnere mich an meinen Plan zurück und überlege, wie ich Sara näher kommen könnte. Es fühlt sich falsch an, überhaupt daran zu denken.

Es fällt mir schwerer, als ich dachte.

"Ihr kennt euch von der Schule, oder?", frage ich möglichst nebenbei, als würde ich nur etwas sagen, um die Zeit zu überbrücken. Dabei ist es längst fällig und äußerst wichtig, dass ich Sara so langsam auf den Zahn fühle und möglichst unauffällig einige Dinge über Kyle herauskriege.

Sie sieht mich an und wir werden beide langsamer. "Ja, wir kennen uns schon seit Jahren. Früher waren wir in der selben Klasse", erklärt sie und plötzlich tritt ein gewisses Schimmern in ihre Augen. "Und ihr? Seit wann kennt ihr euch?"

One Last ChanceWhere stories live. Discover now