1 - Dunkel

2.2K 103 11
                                    

Ein Grenzübergang einer Mauer. Irgendwo, irgendwann. Zur Zeit eines menschenunwürdigen Krieges.

Atemlos erscheint ein Mädchen von irgendwoher. Vielleicht aus dem kleinen Wäldchen, das die Mauer umgibt.

"Halt! Stehen bleiben! Was ist der Begehr?"

"Überleben." (Sie keucht)

"Wollen wir das nicht alle? Was suchst du hier? Wer bist du? Du hast hier nichts zu suchen!" (Der junge Soldat kann sie kaum erkennen. Es ist zu dunkel)

"Ich suche meine Familie. Hast du sie gesehen?"

"Hier kommen nicht viele Menschen vorbei. Und die, die es doch tun, werden entweder gefangen oder erschossen. Ich glaube kaum, dass für dich eine der beiden Optionen infrage kommt." (Er spricht leise, damit keiner alarmiert wird. Erst recht nicht der Offizier)

"Aber sie müssen hier vorbeigekommen s-"

"Wie bereits gesagt, hier waren sie nicht. Außerdem weiß ich doch nicht einmal, wie deine Familie aussieht. Nur einzelne Personen trauen sich hierher. Umsonst."

(Sie tritt näher, um ihn besser erkennen zu können) "Wie alt bist du?"

"Neunzehn."

"Das ist zu jung."

"Zu jung für was?"

"Für's Kämpfen. Für's Sterben. Für's Aufgeben."

"Ich hatte keine Wahl."

(Sie sehen sich lange an. Zu lange. Von nun an ist alles zu spät. Für beide.)

"Eigentlich müsste ich dich jetzt erschießen..."

"Und warum tust du's nicht?"

"Ich töte keine unschuldigen Mädchen. Zumindest versuche ich es."

"Du VERSUCHST es?"

(Er schweigt kurz) "Und wie alt bist du?"

"Siebzehn."

"Das ist auch zu jung."

"Wofür?"

"Um vom Krieg aus dem Leben gerissen zu werden."

"Ich hatte keine Wahl, wie du."

"Na dann haben wir nun wohl etwas gemeinsam... Ich muss jetzt gehen. Und du solltest wirklich verschwinden!"

"Nein, ich gehe mit dir!"

Zwischen Liebe und KriegWhere stories live. Discover now