19 - Seelische Schmerzen

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(Sie wacht davon auf, dass sie jemand an der Schulter rüttelt. Oder von ihrem eigenen Schrei, das merkt sie nicht)

"Phil!"

(Sie erschrickt fürchterlich und springt beinahe auf) "Was?! Luce, bist du's?"

"Nein, ich bin es nur. Großmutter Jurina."

"Wo ist er?"

"Wir sind hier sicher, Kleine."

"WO IST ER?"

"Wer denn, Kind?"

"Luce! Wo ist er?"

"Er ist... oben."

(Sie stützt den Kopf in die Hände und beginnt zu schreien. Es ist ein verzweifelter Schrei einer liebenden Jugendlichen, die plötzlich mit dem Krieg konfrontiert wurde und die sich um ihren Partner riesige Sorgen macht) "Und ich kann absolut nichts tun... nichts. Er ist alleine da draußen. Ich habe geträumt, Großmutter. Furchtbar geträumt."

"Das habe ich mitbekommen."

"Ich hab kein Zeitgefühl mehr, weil er nicht mehr regelmäßig hier auftaucht. Und jetzt nach diesem Traum habe ich eine Mordsangst, dass ich ihn nie wieder sehen werde."

"Du wirst ihn wiedersehen."

"Da bin ich mir nicht so sicher."

"Glaube doch einfach mal. Bisher ist Luce immer zurückgekommen. Wir leben alle noch."

"Äußerlich vielleicht..."

"Nein! An so etwas darfst du keinen einzigen Gedanken verschwenden."

(Da blieb die kleine Phil stumm. Nein, das kann sie IHM nicht antun)

"Bleib bei mir, kleine Phil. Ich liebe dich wie eine Enkelin. Verlass mich nicht."

"Versprochen."

"Du musst es auch halten. Du musst einfach."

"Das müssen wir den Krieg entscheiden lassen."

"Trotzdem darfst du nicht aufgeben! Du lebst, und das ist wichtig und wertvoll."

"Das hast du schonmal gesagt."

"Weil es die Wahrheit ist!"

"Aber die Wahrheit tut so schrecklich weh, Großmutter Jurina! Sie schmerzt, als würde sie mich hassen... als würde sie mir mit ihren scharfen Krallen das Herz aus der Brust reißen wollen."

"Das tut sie häufiger, mein Kind."

"Dann liegt es doch nur allzu nahe, dass ich mir meine eigene kleine Wahrheit erfinde. Eine, die mich nicht so sehr quält und in der wir alle glücklich auf einer grünen Wiese sitzen un es keinen Krieg gibt, der mir meine Familie raubt, meinen Luce raubt und meine Großmutter, die nichtmal meine Verwandte ist, auch raubt."

"Sei vernünftig. In einer Situation wie unserer, die ich weiß Gott niemandem gerne wünsche, muss man sich an Träume und Erinnerungen halten. Nicht die negativen, wenn auch allzu offensichtlichen Aspekte füttern."

"Träumen ist schwer, wenn die Angst so groß ist, dass man nicht einmal mehr atmen kann. Denn ohne Atem keine Träume."

"Und ohne Hoffnung kein Ausweg. Du schaffst das, kleine Phil. WIR schaffen es. Gemeinsam. MIT deinem - unserem - Luce."

Zwischen Liebe und KriegWhere stories live. Discover now