24 - Ob Tag, ob Nacht, die Angst, die wacht.

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Die Zeit ist verschwommen, wie Phil's Blick, wenn sie salzige Tränen über ihre rosa gefärbten Wangen laufen lässt. Keiner weiß, was sie erwartet, noch, was sie tun sollen. Doch ausnahmsweise ist diese Unsicherheit beabsichtigt. Eine kurze Pause der Angst, der Hoffnung, der Sorgen, des Krieges. Bewusst haben sie sich dafür entschieden, nichts an sich heran zu lassen. Durch ihre Köpfe fliegen Gedanken wie freie Vögel, bleiben hängen, wie sich Vögel in Bäumen verfangen oder gegen Fensterscheiben prallen. Und dennoch geht es ihnen in dieser kurzen Zeit des Friedens gut. Sie halten sich aneinander fest, wie sich die Menschen eigentlich aneinander festhalten sollten. Diese kleine Vereinigung des Friedens, die dort unter der Erde in dieser Höhle im Nirgendwo unter dem tosenden Krieg ihr Dasein fristet, könnte ein Beispiel für alle anderen sein, die sich schon im Kleinen, ohne Waffen, nur mit Worten bekämpfen. Doch dadurch, dass die Mehrheit damit beschäftigt ist, unfreiwillig Leben auszulöschen, besteht wenig Möglichkeit für sie, die Friedensbotschaft in die Welt hinauszutragen. Der Friede ist unter der Erde gefangen, wie ein Tier im Käfig. Doch ihre Gedanken sind so frei wie ihre Träume, wie kleine Vögel am Himmel, wie die Bienen auf der Wiese, wie ein kleines Kind in seiner Phantasie. Und eben diese Freiheit sind sie imstande zu genießen. Das tut ihnen gut. Zeitweise können sie sogar ein Lächeln zustande bringen. Dann sind sie alle stolz auf sich und fassen allesamt neue Hoffnung, dass sie einen Ausweg aus dieser scheinbar ausweglosen Situation finden werden.

Doch schon im nächsten Moment taucht in ihren Köpfen der Gedanke von Blut, Tod und Geschrei wieder auf. Ihr Puls beschleunigt von ganz allein und rast mit solcher Wucht, wie ein Wahnsinniger über eine Autobahn brettert. Der kalte Angstschweiß bricht auf der Stirn aus und die Brust fühlt sich an, als würde sie zerspringen und splittern wollen. Irr wandert der Blick umher, versucht, sich an etwas festzuhalten, das gar nicht existent ist. Diese Momente sind die der inneren Unruhe, in denen sie kaum etwas wieder auf den Boden zurückbringen kann. Immer und immer wieder tauchen sie unkontrollierbar auf und verschwinden manchmal stundenlang nicht. Sie bleiben wie ungebetene Gäste, die nichts zum fortgehen bewegen kann. Je mehr man versucht, sie zum Verschwinden zu bringen, umso länger bleiben sie. Man muss sie also akzeptieren. Sie realisieren, aber nicht auf Gefühlsebene an sich heranlassen.

Das ist der Kampf, den die kleine Gruppe unter dem Kampf des Krieges mit sich selbst auszutragen hat.

Zwischen Liebe und KriegWhere stories live. Discover now