Von Schicksal, Blondinen und Doppeldates

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"Ich bin mir ganz sicher, dass er heute hier auftaucht! Ich hab da so ein Gefühl!" Vor lauter Enthusiasmus begann mein bester Freund auf seinem Stuhl herum zu hüpfen, als wäre er sechs und nicht fünfundzwanzig.

"Ist es dasselbe Gefühl, das dir auch schon gestern, vorgestern und vorvorgestern gesagt hat, dass er hier auftauchen wird, obwohl dann doch niemand kam?"

"Er muss einfach wieder herkommen! Es ist Schicksal, das wir uns hier getroffen haben." Wie immer hörte er nicht auf meine Worte. Genervt von dieser Situation ließ ich meinen Kopf auf den Tisch sinken.

"So etwas wie Schicksal existiert nicht.", murmelte ich gegen die Tischplatte.

"Mit dieser Einstellung wirst du nie deinen Traummann finden."

"Wer sagt denn, dass ich das will?"

"Aber du kannst doch nicht für immer alleine bleiben!"

"Ich hab doch dich. Das reicht mir an zwischenmenschlichen Kontakt."

"Aber....", Wollte er gerade wiedersprechen, verstummte aber plötzlich. "Er ist da.", hauchte er ehrfürchtig.

"Verarschst du mich?" Langsam hob ich meinen Kopf wieder vom Tisch um nach Sammys angeblichen Seelenverwandten Ausschau zu halten.

"Da vorne an der Theke. Der mit dem gelben Pullover." Der Typ stand mit dem Rücken zu uns gewandt, weshalb das Einzige, das ich erkennen konnte, die Farbe seiner Haare war. Blond.

„Er sieht sogar noch besser aus, als letztes Mal."

"Na los! Schnapp ihn dir Romeo.", Forderte ich ihn auf.

"Ich kann das nicht. Du hattest Recht, das war eine dumme Idee. Komm, wir gehen."

"Oh nein! Nicht mit mir. Du hast mich die letzten Tage um sieben aus dem Bett geworfen, mich in dieses schäbige Café geschleppt, damit ich mir auf diesen verdammt unbequemen Stühlen den Hintern platt sitzen durfte und das alles nur, weil du dich in irgendeinen dahergelaufenen Typen verguckt hast. Diese Qualen waren nicht umsonst. Also beweg jetzt deinen Arsch und mach dir diesen Kerl klar!" Immer noch zögerte er. Kurzerhand packte ich ihn am Arm und zerrte ihn hinter mir her.

"Hey, Gelber Pulli!", Rief ich ihm entgegen. Mit einem verwirrten Blick drehte er sich zu uns um. "Meinst du mich?" Och Gottchen. Wie befürchtet, die Haarfarbe war echt.
Von vorne sah das Blondchen gar nicht mal so scheiße aus und ich kam nicht herum festzustellen, dass Sammy und er eigentlich ein recht akzeptables Paar abgeben würden. Zumindest äußerlich.

"Das ist mein Kumpel Sammy." Ich rammte dem Nervenbündel zu meiner Rechten meinen Ellenbogen in die Seite, als freundlicher Verweis, dass es nun dran war mit reden.

"Hey. Also... Ähm, ich weiß, dass klingt jetzt vielleicht ein wenig komisch, aber du bist mir sofort aufgefallen, als du gerade hereingekommen bist und... Ich weiß auch nicht, aber ich hatte irgendwie das Gefühl, ich würde es bereuen, wenn ich dich jetzt nicht anspreche." Nervös biss er sich auf seine Unterlippe und fuhr sich mit der rechten Hand durch sein zuckerwattefarbenes Haar.

"Wenn ich ehrlich bin, dann bist du mir auch sofort aufgefallen. Ich bin froh das du mich angesprochen hast." Sein Lächeln entblößte perfekte weiße Zähne.

"Ist ja auch schwer ihn zu übersehen, mit der Haarfarbe." Murmelte ich, wieder ganz der zynische Griesgram, der ich nun mal war. Keiner der Beiden nahm Notiz von mir. Prima. Jetzt wurde ich auch noch synchron von den zwei Turteltauben ignoriert, das fing ja schon mal gut an.

"Hättest du vielleicht Lust mal was zusammen zu unternehmen?", Ergriff nun der Sunnyboy die Initiative.

Ich beschloss mir in der Zwischenzeit lieber ein heißes Getränk zu holen, weil mir von diesen subtilen Flirtversuchen schlecht wurde.

Als ich mit meinem dampfenden Gebräu in dem schlecht isolierten Pappbecher wieder zu ihnen stieß, war der gelbe Pulli bereits dabei sich zu verabschieden. "Bis heute Abend." Er winkte Sammy noch einmal zu und verschwand.

"Na, hat doch geklappt. Ihr habt ein Date und ich kann morgen mal wieder ausschlafen. Alle sind glücklich." Sprach ich und nippe an meinem schwarzen Tee.

"Als ob DU jemals glücklich wärst. Außerdem... hab ich, also wir... So zusagen... Ein Doppeldate." Ich hätte ihn fast nicht verstanden, weil er so nuschelte.

"Wer ist den 'Wir'?", Fragte ich.

"Naja also Tim und ich..."

"Und wer zur Hölle ist Tim?", Unterbrach ich ihn.

"Der gelbe Pulli. Naja also er und ich dachten uns das ein Doppeldate mit unseren besten Freunden vielleicht ganz lustig wäre."

"Ich wusste gar nicht, dass du noch einen schwulen, besten Freund hast.", Skeptisches Augenbrauen hochziehen.

"H-hab ich nicht." Erwidert er kleinlaut.

Langsam dämmerte es mir. "Oh nein! Das kannst du dir abschminken! Und hör auf mit diesem Welpen Blick der zieht dieses Mal nicht! Nur über meine Leiche."

"Bitte?" Seine Augen wurden noch größer.

"Nein! Niemals! Und jetzt hör auf zu betteln. Ich auf einem Doppeldate? Das wird in einer Milliarde Jahren nicht passieren!"

Optimisten werden immer zuerst gefressen Where stories live. Discover now