Weil Mauern nicht schützen sondern trennen

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Ich bin am Überlegen, ob ich ein ‚Miniatur-Buch' über Maggies Vergangenheit schreibe.
Und deshalb würde ich gerne wissen, ob ihr daran Interesse hättet ...
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„Du siehst verdammt beschissen aus." Die ersten Worte die ich sprach, nachdem ich in den kleinen, miefenden Raum gestürmt war.

„Scheiße, wirklich? Dabei haben die Ärzte mir gesagt, dass sterben gut für den Teint ist." Sie grinste, doch ihr Gesicht war müde und eingefallen. Ihre kleine Gestalt inmitten des weißen Bettes, wirkte kraftlos. Etwas was so gar nicht zu Maggie passte.

„Ich hasse dich, ich hoffe, du weißt das! Wenn du so einen Scheiß nochmal abziehst, werde ich dich umbringen." Ich setzte mich zu ihr ans Bett. Meine Worte waren nicht halb so harsch gedacht, wie sie auf meinen meinem Mund gekommen waren. Doch Maggie wusste genau, wie sie gemeint waren.

„Ich hab dich auch lieb, du Idiot." Sie lächelte dieses unverwechselbare Maggie Lächeln und ich konnte nicht anders, als ihr um den Hals zu fallen.

Ich drückte sie fest an mich, ihren vertrauten Geruch einatmend.

„Du hast mir einen verfickten Schreck eingejagt. Ich dachte du hättest mich verlassen."

Es fühlte sich an, als wäre ich verloren gegangen, als wäre ich die letzten Tage nur hilflos herumgeirrt, doch nun, endlich, hatte ich mein Zuhause wiedergefunden.

„Keine Angst, ich werde dich nicht so schnell verlassen. Obwohl dich das eigentlich nicht freuen sollte, immerhin hat selbst der Teufel mich zurückgegeben." Ich lachte, es war ein gutes Zeichen, dass sie ihren unvergleichlichen Humor bereits wieder gefunden hatte.

„Der ist ja auch ein Anfänger, wenn der sich von dir einschüchtern lässt."

Ich löste mich von ihr mit einem Lächeln im Gesicht, das erste ehrliche seit Wochen. Tränen rannen meine Wangen hinab, sie waren anders, pure Freude und Erleichterung waren ihr Ursprung, nicht unsagbares Leid.

„Sieh nur, was du mit mir angestellt hast! Ich bin wegen dir eine beschissene Heulsuse geworden." Ich schniefte, blinzelte, versuchte die Tränen zu stoppen.

Sie legte ihre faltige Hand auf meine stoppelige Wange. In ihren Augen lag eine Ernsthaftigkeit, die mich beunruhigte und doch zur Ruhe kommen ließ.

„Du weißt gar nicht, wie sehr mich das freut. Glaub einer alten Frau, die viel zu viele Jahre damit verbracht hat, sich zu verstecken, hinter Meter großen Mauern, gefangen von sich selbst. Es macht einsam, Cornelius, so verflucht einsam.
Du versuchst dich zu schützen, damit andere dir nicht wehtun, doch am Ende verletzte du dich damit selber am meisten." Maggie war schon immer eine verdammt weise Frau gewesen. Und natürlich wusste ich, dass sie Recht hatte, doch genauso wusste sie, dass es nicht so einfach war, wie sie es gerade gesagt hatte.

„Nicht mal meine Mauern konnten mich schützen, sie haben es trotzdem geschafft mir wehzutun. Sie haben sich durch die Risse meiner Mauern gezwängt, ohne es wirklich zu merken, sie haben mich verletzt, betrogen und dann verlassen. Doch trotz allem denken sie noch, dass ich stark bin, sie merken nicht mal, was sie angerichtet haben. Diese Illusion der Stärke, dieser Rest Stolz, ist das Einzige, das mir noch geblieben ist. "

Ich dachte an Sammy, an seinen Verrat und wie sehr es mich schmerzte, dass wir uns gegenseitig verloren.

Und ich dachte an Löckchen und meine eigene Dummheit, dass ich ihn an mich rangelassen hatte, obwohl ich gewusst hatte, dass es nicht gut enden würde zwischen uns.

„Vielleicht solltest du mit ihnen reden. Auch wenn du damit deine Verletzlichkeit preis gibst, solltest du ihnen sagen wie du dich fühlst. Nicht für sie, sondern für dich. Glaub mir, es wird dir helfen."

Optimisten werden immer zuerst gefressen Where stories live. Discover now