Das Löckchen ist des Blondie sein Freund

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„Ich hasse dich!", Murrte ich in die Richtung des aufgedrehten Gummiballs, alias Sammy.

„Wir wissen beide, dass das nicht stimmt. Und jetzt hör auf zu schmollen, das steht dir nicht!", Feixte mein zukünftiger Ex-bester Freund.

„Irgendwann, das schwöre ich dir, werde ich dich hierfür verdammt leiden lassen. Du weiß, wie sehr ich Menschen verabscheue. Oder Dates. Oder Kerzen." Dabei blickte ich verächtlich auf den Tisch auf dem zwei Kerzen brannten. „Ich meine wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert, und es gibt da eine nützliche Erfindung namens Strom! Sprich, Kerzen sind extrem überflüssig. Mich wundert es, dass überhaupt noch Leute solche Dinger kaufen. Da kann man auch gleich einen Geldschein anzünden, kommt aufs selbe raus." Ich könnte stundenlang über solches Ding meckern. Eines meiner liebsten Hobbies.

„Kerzen sind romantisch!" Warf Sammy ein schwaches Argument in die Runde.

„Sind Wohnungsbrände auch romantisch?", Erwiderte ich trocken.

Er kam um eine Antwort herum, da es just in diesem Moment klingelte.

„Na happy Chanukka, sie sind endlich da!", Rief ich und warf gespielt begeistert meine Arme in die Luft. „Und das mit nur einer viertel Stunde Verspätung! Respekt."

„Kannst du heute bitte dein inneres Arschloch ein wenig im Griff behalten? Mir ist das hier wirklich wichtig! Ich bin immerhin dein bester Freund und einer der Wenigen, den du mit deiner ‚liebenswerten' Art noch nicht vergrault hast."

„Kein Grund, gleich Sarkastisch zu werden, mein Guter. Mir wurde dieses Gemüt in die Wiege gelegt, dagegen kann man nichts tun. Aber für dich, werde ich mich zusammen reißen."

Er schenkte mir ein dankbares Lächeln.

„An deiner Stelle würde ich vielleicht mal die Tür öffnen...", machte ich ihn auf den Tatbestand, dass seine Gäste immer noch vor der verschlossenen Tür standen, aufmerksam. Wie ein Reh im Scheinwerferlicht starrte er mich aus geweiteten Augen an, dann plötzlich stürmte er los Richtung Tür. Ich hörte, wie er gegen die Kommode im Flur lief, weiter stolperte, die Tür aufriss und sich eilig entschuldigte. Die üblichen Begrüßungsfloskeln starteten, ich blieb auf dem Sofa sitzen und genoss die letzten Sekunden allein sein. Schneller als mir lieb war, bat Sammy die Eindringlinge schon mal ins Wohnzimmer zu gehen, welches wir ab und an auch als Esszimmer nutzten. Die erste Gestalt, die durch den Türrahmen trat war Blondie, alias der gelbe Pulli, alias Sammys Traummann, alias irgendwas mit T am Anfang.

Dicht gefolgt trat eine weitere hochgewachsene Gestalt, hinter ihm in das überschaubare Gelegenheits-Esszimmer. Ziemlich schnell, konnte ich die zweite Person ebenfalls unter die Kategorie männlich einordnen, obwohl man sich da ja heutzutage niemals wirklich sicher sein sollte. Er hatte pechschwarzes Haar, dass war das Erste, das ich bei genauerem Hinsehen entdeckte.
Die Farbe schwarz war meine Lieblingsfarbe, und ich ließ mir da auch nicht von ein paar Flachmaten reinreden, die behaupteten Schwarz sei überhaupt keine Farbe. Solange Schach ein Sport ist, ist Schwarz eine Farbe!

Zurück zu seinen Haaren, sie waren gerade lang genug, das sie sich ein wenig lockten, aber dennoch keine voluminöse Lockenpracht bildeten. Ein leichter Bartschatten zog sich über die untere Hälfte seines Gesichtes und warf die Frage auf, ob er diesen mit voller Absicht trug oder einfach vergessen hatte sich zu rasieren. 

„Hallo, ich bin Tim. Wir kamen heute Morgen ja leider nicht dazu uns vorzustellen."  Blondie hielt mir mit einem strahlenden Lächeln seine rechte Pranke hin. Ich erhob mich, ergriff seine Hand und schüttelte sie. „Cornelius."  Seine Hand war weich und sein Händedruck nicht fest, aber mit einem angemessenen Druck. Die meisten Menschen wären erstaunt, was einem ein simples Händeschütteln schon alles verraten konnte. Blondie hatte definitiv keinen Beruf in dem man körperliche Arbeit verrichten musste, dafür waren seine Hände zu gepflegt. In Anbetracht seines blauen Seidenhemdes und seinen Schuhen, die verdächtig nach echtem Leder aussahen, tippte ich auf einen gutbezahlten Bürojob. Seinem Auftreten und seiner Art zufolge, wahrscheinlich in einer Anwaltskanzlei.

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