Das Highlight

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„Ich liebe dich."

Ich glaub ich muss kotzen.

„Ich liebe dich mehr, mein Schatz."

Scheiße, ist mir schlecht. Schnell kippte ich den schweineteuren Champagner meinen Rachen hinunter um die aufkommende Übelkeit zu unterdrücken.

Womit um alles in der Welt hatte ich das schon wieder verdient? Ich war mir sehr wohl bewusst, dass ich des Öfteren ein ziemlich sarkastisches und zynisches Arschloch sein konnte, doch im Grunde meines Herzens war ich doch ein guter Mensch! Na gut, dass stimmt jetzt nun wirklich nicht. Denn selbst im Grunde meines Herzens war ich immer noch zynisch und sarkastisch, aber hin und wieder tat ich wirklich nette Sachen. Ein gutes Beispiel war eben dieses Event, das ich in diesem Moment ausrichtete. Nicht nur, das ich meinen besten Freund dabei unterstützte seine Kunst zu präsentieren, ich unterstützte auch ein wohltätiges Projekt, das dabei half den Fokus der gut betuchten Menschen einmal auf das ganz alltägliche Leid direkt vor unserer Haustür zu lenken und auf die ausgegrenzten Menschen unserer Gesellschaft aufmerksam zu machen. Doch anstatt für meine selbstlose Tat von himmlischen Engelschören begleitete und mit Heiligenschein ausgestattet in den Himmel empor zu steigen, nein,  ich musste ja hier in meinem überschaubaren Laden stehen und mir das Gesülze von Sammy und Blondie reinziehen. 

Es war meine Idee gewesen das Sammy seine Fotoausstellung mit dem Titel ‚Am Boden der Gesellschaft' im Namenlos ausstellen konnte, denn prinzipielle war es eine Win-Win Situation. Ich profitierte von der Publicity und Sammy von der Popularität meines Ladens. Und zusätzlich war eine Ausstellung die ausschließlich schwarz-weiß Fotografien von Obdachlosen und mittellosen Menschen zeigte gute Werbung für Hilfsorganisationen.

Alle Einnahmen die am heutigen Abend in Form von Freiwilligen Spenden eingenommen wurden, würden eins zu eins an die Obdachlosenhilfe gehen, die auch über unsere Stadt hinaus tolle Arbeit verrichtete.

Blondie beugte sich vor, flüsterte Sammy etwas ins Ohr. Sammy begann zu kichern, wie ein Dreijähriger und gab Blondie einen liebevollen Kuss.

Ich verfluchte mich innerlich, dass ich die beiden nicht von unserem Hausdach geschubst hatte, damals als sich noch die Chance dazu bot. Ich hatte damals, als wir die Grillparty auf Blondies Dachterrasse anlässlich  Sammys Geburtstages gefeiert hatten, gute zehn Minuten die Vor- und Nachteile ab gewogen und war schlussendlich zu der Erkenntnis gelangt: „Cornelius du bist zu zynisch für den Knast!". Außerdem würde ich verrückt werden, wenn ich den ganzen Tag in dieser hässlichen, eintönigen Anstandskleidung rumlaufen müsste. Ich legte großen Wert auf meine Individualität, auch wenn ich das nicht mit rosa Haaren bewiese, wie so manch anderer.

Wenn ich wirklich ehrlich zu mir war, was ich die meiste Zeit versuchte zu vermeiden, dann wusste ich, dass der eigentliche Grund dafür, das ‚Tammy' noch lebte, der war, dass sie nicht der wahre Grund für meine unterirdisch schlechte Laune waren. Der eigentliche Grund war vor gut einer halben Stunde mit einem teuren Anzug und einer viel zu gut aussehenden weiblichen Begleitung hereinspaziert und hört auf den Namen Löckchen.

Na ja, eigentlich hört er nicht wirklich auf den Namen Löckchen, er regte sich jedes Mal darüber auf, wenn ich ihn so nannte, weswegen ich ihn grundsätzlich so ansprach. Wie sich herausgestellt hatte, mochte Löckchen seine Locken nicht, weshalb, wie er mir nach mehreren feuchtfröhlichen Runden Bier-Pong erklärte, er gerne ein Mädchen wäre, damit er sich die Haare glätten konnte, ohne dass es zu schwul aussähe. Das Argument, das er schwul war und es somit doch eigentlich nicht weiter tragisch wäre, wenn er schwul aussehen würde, überzeugte ihn nicht wirklich.

Die Frage die sich nun aber jeder stellte war, warum ein Typ der bekennender Homosexueller war, als seine Begleitung ausgerechnet eine gutgebaute Brünette mitschleppte. Die Wahrheit war, ich hatte absolut keine Ahnung. Ich hatte es schon längst aufgegeben aus diesem Mann schlau werden zu wollen. Da Sammy und Blondie kurz nach dem schrecklichen Doppeldate zusammen gekommen waren, hatten wir in den letzten vier Monaten relativ viel Zeit miteinander verbracht, trotz dessen ich die meiste Zeit versucht hatte seiner Person aus dem Weg zu gehen.

Optimisten werden immer zuerst gefressen Where stories live. Discover now