8. Competition

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„Wir haben noch eine letzte Challenge für Luke und Charlie. Wir geben euch die gleichen Noten, dann könnt ihr ne halbe Stunde üben und wer das Stück überzeugender rüberbringt, der hat diese Challenge gewonnen", verkündete El und drückte uns je ein Blatt in die Hand.

Luke schnappte sich sofort seine Gitarre und verkrümelte sich nach unten, während ich oben blieb. Calum kam zu mir und sagte: „Ich habe nicht gewusst, dass du Charlotte von Capoll bist. Krass! Wir haben dich im TV gesehen, aber nie gedacht, dass wir dich echt treffen könnten. Bist du echt abgehauen vom Internat?"

Ich nickte und senkte den Blick auf das Notenblatt. Es sah nicht allzu knifflig aus, ausser zwei Stellen, die würden unangenehm werden.

*

Die halbe Stunde war bald um und alle sammelten sich wieder im Musikzimmer. Harry fragte: „Wer will zuerst?"

Ich schüttelte den Kopf, also seufzte Luke übertrieben und setzte sich auf den Stuhl. Das Blatt stellte er auf den Notenständer vor sich hin. Er spielte die Melodie korrekt, aber nicht so gefühlsvoll. Naja, ich hoffe, das kommt bei mir besser rüber.

„It's your turn!", meinte Luke spöttisch, als er fertig war, und machte eine übertriebene Verbeugung zum Stuhl hin. Ich bedankte mich mit einem ebenso übertriebenen Knicks und setzte mich hin. Die Noten brauchte ich nicht mehr.

Ich begann leise zu spielen und schloss dabei meine Augen. Es war eine wunderschöne Melodie, und vor meinen Augen zogen Bilder vorüber. Ich konnte die Musik spüren.

Ich erwachte aus meiner Trance, als eine Tür knallte. Verdattert schaute ich mich um. Alle waren ebenso verdutzt wie ich- und Luke hatte den Raum verlassen.

Rasch sprang ich auf und drückte Niall meine Gitarre in die Hand, dann folgte ich Luke. Er rannte nach draussen. Ich tat es ihm nach, sprang dabei über verschiedene Sachen, die auf der Treppe verstreut lagen, und erreichte die Terrassentür. Ich sah Luke gerade noch hinter dem Gartenhäuschen verschwinden. Ich riss die Tür auf und rannte quer über die grosse Wiese. Hinter dem Häuschen schaute ich mich um, konnte Luke aber nirgends entdecken. Ich fluchte laut auf und wollte schon wieder umdrehen, als ich ein Knacken hörte. Sofort fuhr ich herum und erblickte ein Paar Schuhe, ziemlich direkt über mir. Ich schaute mir den Baum an- oh Gott, wie komme ich da rauf?!

Ich ging näher an den Stamm ran und schnappte mir einen tiefhängenden Ast. Dort versuchte ich mich hochzuziehen, was mir aber erst nach dem dritten Versuch gelang. Dann kam der nächste Ast, der nächste... irgendwann war ich auf Lukes Höhe und setzte mich ihm gegenüber hin. Sagen tat ich nichts, ich schaute nur genauso wie er in die Gegend. Ich wusste, dass er reden würde, wenn er wollen würde.

Und tatsächlich, er sagte ziemlich bald etwas.

„Wieso kannst du das? Mir ist noch nie, noch gar nie ein Mädchen wie du über den Weg gelaufen!"

Gute Frage.

„Ich habe das Schicksal, dass ich mit einer Begabung auf die Welt kam. Und die wurde halt ausgebildet. Trotzdem ist es nicht das, was meine Eltern von mir wollen. Sie wollten aus mir eine perfekte Pianistin oder was weiss ich machen, die dann im Klassik-Raum ganz gross rauskommt. Ich jedoch wollte nicht, begann aber viel zu spät an mich zu wehren."

Wieder schwiegen wir.

„Weisst du, ich glaube, dass ich nicht untalentiert bin. Dieses Lied war kein Problem für mich- aber dann kommst du und machst es einfach perfekt!", er klang so verletzt, sein Stolz war getroffen. „Ich... bei mir ist einfach eine Sicherung durchgeknallt. Es tut mir Leid. Ehrlich gesagt, bin ich einfach nur baff und auch neidisch, dass du so begabt bist", sagte er und drehte sich zu mir um. In seinen Augen lag eine offene Verletzlichkeit, die mich etwas erschreckte.

Classic.Where stories live. Discover now