Eine Entschuldigung

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Nachdem ihrer Ansicht nach genug Zeit verstrichen war, klopfte Rosalie an der Tür von Professor Snape. Doch statt einem "Herein" ertönte ein Schrei hinter der verschlossenen Tür. Harry. Ohne nachzudenken trat sie die Tür ein und stürmte ins Büro des Zaubertrankmeisters.

Harry saß auf einem Stuhl, an den er sich mit vor Schmerz verzerrten Gesicht krallte. Snape stand mit gezücktem Zauberstab vor ihm. Als Rosalie den Raum betrat, verlor Snape seine Konzentration und Harry atmete erleichtert aus.

"Was kann ich für Sie tun, Miss Potter?", fragte Snape mit schneidender Stimme.

"Ich denke, dass Harry genug für heute hat. Er sollte sich ausruhen." Rosalie's bestimmender Ton ließ keine Widerworte zu.

"Sie können gehen, Potter! Und nehmen Sie Ihre Schwester gleich mit!"

Harry ließ sich das nicht zweimal sagen und wollte gerade seine Schwester hinaus zerren, doch diese übermittelte ihm per Zwillingstelepathie: °Ich muss noch mit ihm reden. Wir sehen uns morgen. Ruh dich aus.°

Erstaunt sah er sie an und versuchte es auch: °In Ordnung ... Hat's geklappt? Hörst du mich?°

°Ja!° Rose grinste und verkniff sich ein Lachen.

Schmunzelnd verließ Harry den Raum und so blieben nur noch Snape und Rosalie übrig. "Was denn noch, Miss Potter?", blaffte er sie unfreundlich an.

"Ich wollte mich für das, was ich vorhin in Albus' Büro zu Ihnen gesagt habe, entschuldigen. Es war mehr als unangebracht und taktlos von mir."

Überrascht sah er sie an. Darauf musterte er sie misstrauisch und schien über etwas angestrengt nachzudenken.

"Professor?"

"Was? Achso. Verzeihen Sie, aber ich bin nur überrascht. Ich dachte Sie und Ihr Bruder seien aus demselben Holz wie Ihr Vater geschnitzt. James Potter. Arrogant, respektlos, vorlaut ..."

"Sagen Sie kein Wort gegen meinen Vater!", fauchte Rose. "Es ist mir egal, was da zwischen Ihnen und meinen Eltern damals vorgefallen ist. Vielleicht mag mein Vater nicht perfekt gewesen sein, aber das gibt Ihnen nicht das Recht, schlecht über ihn zu reden. Und Sie können auch nicht meine Mutter als Ausrede benutzen!

Ich lasse nicht zu, dass Sie das Andenken an meine toten Eltern auf irgendeine Weise beschmutzen!"

"Verschwinden Sie! Einen Moment hatte ich geglaubt, dass Sie doch etwas von Lily an sich hätten ..." Als Snape klar wurde, was er da gerade von sich gegeben hatte, versteinerte sich seine Miene vor Entsetzen.

Rosalie begriff nun auch und erstaunt fragte sie: "Lily? Nach all der Zeit?" Es waren doch etwa 14 Jahre seitdem vergangen.

"Immer.", bekam Snape nur heraus. Er hatte nie aufgehört, Lily Potter zu lieben und trauerte auch heute noch um die Frau, die ihm nie gehört hatte.

"Es tut mir leid.", gestand Rose aufrichtig. "Ich hätte nicht ..."

"Schon in Ordnung, Miss Potter. Und nun gehen Sie in Ihren Schlafsaal, bevor Sie noch von jemand Anderem erwischt werden.", forderte Snape sie mit seiner üblichen gleichgültigen Miene auf und schob sie vor die Tür ohne eine Antwort abzuwarten.

Rosalie konnte in dieser nervenaufreibenden Nacht keinen Schlaf mehr finden. Sie starrte stundenlang an die Decke und grübelte über Snape nach. Er liebte ihre Mutter also immer noch, obwohl sie schon so lange tot war.

Wenn Rosalie irgendwann sterben sollte ... Würde Draco sie dann auch für den Rest seines Lebens lieben, obwohl sie nicht mehr da wär? Sie konnte sich gut vorstellen, dass er vielleicht nach vielen Jahren irgendeine Frau heiraten würde, um sein Erbe fortzusetzen, aber dass sie immer in seinem Herzen bleiben würde.

Aber allein die Vorstellung daran bereitete ihr Bauchschmerzen. Nein, sie würde eine glückliche Zukunft und ein langes erfülltes Leben mit Draco haben. Das nahm sie sich fest vor.

Doch dafür mussten einige Hindernisse aus der Welt geschafft werden. An der Spitze der Liste stand Voldemort. Um den musste sie sich zuallererst kümmern.

***

Zum Glück hatte Albus den rechtlichen Kram wegen Rosalie für sie erledigt und sie konnte ganz normal weiter zur Schule gehen. Naja fast. So gut wie jeder Schüler und auch Lehrer schaute sie komisch von der Seite an und viele gingen auch auf sie zu, um sie ordentlich auszuquetschen.

Es blieb der Schule auch nicht verborgen, dass Draco und Rosalie wieder richtig miteinander zusammen waren und noch viel verliebter ausschauten als je zuvor. Allerdings war Harry davon noch weniger begeistert als früher, seit er wusste, dass sie seine Schwester war.

Rosalie versuchte eine Balance zu finden und sich ungefähr gleich viel Zeit für ihren Liebsten und für ihren Bruder zu nehmen, was gar nicht mal so leicht war.

Rosalie hatte beide über ihre ganze Geschichte aufgeklärt bis auf einige Details wie die Prophezeiung beispielsweise ...

Bei einem der Male, als Harry dran mit seiner "Rose-Zeit" war, fragte er sie, ob sie die Weihnachtsferien mit ihm und ihren Freunden beim Elternhaus von Sirius verbringen wollte.

Der Orden wurde auch über Rosalie in Kenntnis gesetzt und vor allem Sirius und Remus waren ganz aus dem Häuschen. Sie wollten Rosalie unbedingt kennen lernen. Rose konnte sich nur zu gut an die beiden erinnern und hatte sie auch schrecklich vermisst.

Begeistert sagte sie zu und hoffte, dass Aberforth nicht allzu enttäuscht sein würde. Sie hatte schon eine Idee, wie er Weihnachten trotzdem nicht alleine verbringen müsste ...

Dann fiel ihr Draco ein.

"Darf ich Draco auch mit einladen?"

"Spinnst du?! Seine Eltern sind ..."

"... Todesser. Ich weiß, Bruderherz. Aber gerade deswegen will ich ihn ja einladen!"

"Hä?", kam es darauf nicht sehr intelligent von ihm.

"Erinnerst du dich noch an die Entscheidung von der ich dir auf der Zugfahrt erzählt habe? Er hatte die Wahl zwischen mir oder ein Todesser zu sein. Er hat sich gegen seine Familie entschieden und will mich."

"Jetzt versteh ich das Ganze. Da hat er sich aber ganz schön Zeit gelassen.", warf Harry ein.

"Ach, komm schon! Gib ihm eine Chance! Wenn man ihn besser kennt, kann er wirklich nett sein! Und ich liebe ihn. Also bitte ich dich als deine liebende Schwester, die immer alles für dich tun würde, wenigstens zu versuchen, mit ihm auszukommen!" Sie setzte ihren unschlagbaren Hundeblick ein.

"Oh, Mist! Du bist viel zu gut darin ... Na gut, aber nur weil du meine Lieblingsschwester bist!", grinste Harry. Er konnte es gar nicht oft genug aussprechen. Er hatte eine Schwester!

Kichernd schlug sie ihm spielerisch gegen die Schulter und sah von weitem Draco auf sie zukommen.

Es tat Draco gut, seine Freundin mit Potter so vertraut zu sehen ohne eifersüchtig sein zu müssen. Denn dazu gab es überhaupt keinen Grund, da sie Geschwister waren. Er fühlte sich so viel befreiter. Aber es war trotzdem komisch, wenn sie von den Lehrern als "Miss Potter" aufgerufen wurde.

Als er vor den Potter-Zwillingen stehen blieb, fing Rosalie sofort an: "Also mit Harry hab ich das bereits geklärt. Also ...

Erstens: Ich finde es stressig, ständig hin und her zu pendeln, weil ihr euch nicht ausstehen könnt.

Zweitens: Ich will das ändern und bitte dich nun auch, zu versuchen, mit Harry auszukommen, damit wir vielleicht sogar manchmal etwas zu dritt unternehmen können.

Drittens: Ich wollte dich nach deinen Plänen für die Weihnachtsferien fragen. Wir würden uns freuen, wenn wir sie gemeinsam verbringen könnten." Wieder diese unverschämt wirkungsvolle Hundeblick.

"Meinetwegen. Ich versuch's. Und ich würde liebend gern über Weihnachten bei dir sein. Wo geht's denn hin?", hakte Draco nach.

Vorsichtshalber schaute sich Rosalie kurz um, dass auch niemand diesmal lauschte und wendete zu Sicherheit einen unausgesprochenen Muffliato-Zauber an. "Das Elternhaus von Sirius Black."

"Einverstanden."

A woman without a secret is like a flower without a fragranceWhere stories live. Discover now