Bottle Blonde

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Meinem Look nach zu urteilen war ich ein typisches Bücher-Mädchen. Enge Jeans, lockerer Pullover und einen Zopf. Meine braunen Haare waren immer zu einem Zopf gebunden... langweilig. Und vom Make-Up sollte man gar nicht anfangen. Ich besaß keins und hatte nie welches benutzt. Komisch, wenn sich alle in der Schule aufstylen und anmalen. Ich sah mich wieder im Spiegel an und rollte mit den Augen, als wäre ich von mir selber genervt und das war ich.

Ich setzte mich in der Klasse auf meinen Platz und legte mein Gesicht in die Arme auf dem Tisch. Ich stöhnte genervt auf als jemand mich antippte und setzte mich auf.
《Hast du die Hausaufgaben?》, fragte Ana arrogant und kaute hörbar auf ihrem Kaugummi.
《Hast du die Kohle?》, keifte ich.
Sie knallte mir einen 20€ und 10€ Schein auf den Tisch und ich gab ihr einen 10 seitigen Aufsatz. Andere verdienten ihr Geld mit Drogen. Ich machte die Hausaufgaben für die Dummen und kassierte Geld ein.
Sie setzte sich auf ihren Platz und ich legte mich wieder hin. Ich war weder ein Opfer noch ein berühmtes It-Girl an unserer Schule, sondern in der unsichtbaren Mitte.
Nach der Schule setzte ich mich auf eine Bank und sah den Rauchern zu, die aus beliebten, unbeliebten und unbekannten bestand. Ich würde da problemlos reinpassen. Das Problem war nur, dass ich noch nie geraucht hatte und wahrscheinlich an einem Hustenanfall krepieren würde.

Ich packte meine Tasche und ging in die Stadt. Alleine machte ich eine Shopping-Tour, bei der mein Konto einen heftigen Rückschlag erlitt. In den Tüten waren lauter freizügige Klamotten wie: bauchfreie Oberteile, engen Hosen, Leggins, Hotpants und hohe Schuhe.
In einer Drogerie kaufte ich Make-Up, Wimperntusche, Eyeliner und was es noch alles an Schminkzeugs gab.
Als ich zur Kasse eilen wollte fielen mir die Haarprodukte ins Augen und ich blieb so abrupt stehen, dass ein kleiner Junge gegen mich knallte.
Nach einer Entschuldigung sah ich die verscheidenen Haarfarben. Nichts erschien mir passend, bis ich ein helles Blond sah. Die Frau hatte blaue Augen und langes seidiges Haar. Der Blondton und ihr Gesicht erinnerten an Barbie. Wie eine Wasserstoffblondiene. Bottle Blone...

Zu Hause angekommen begrüßte ich meine Eltern nicht, sondern raste nach Oben, versteckte die Tüten erst in meinem Zimmer und kassierte einen tiefen Kratzer.
Dann ging ich die Treppen runter und holte etwas zu Essen. Sie saßen im Wohnzimmer und schliefen, während der Fernseher lief.
Erleichtert ging ich mit der Schüssel Cornflakes in mein Zimmer und begann die Preisschilder abzuschneiden und die Schmike in meinem Bad aufzuräumen. Die Farbpackungen öffnete ich sofort und sah nochmal in den Spiegel ehe ich die Handschuhe überstreifte und die Farbe in meinen Haaren verteilte.

Mehr als eine Stunde war vergangen, seitdem ich mich geduscht hatte und meine Haare nun blond waren. Ich hatte immernoch nicht in den Spiegel gesehen, weil ich Angst hatte. Es würde wahrscheinlich bescheuert aussehen. Um mich herum lagen die ganzen Tüten... ich fühlte mich als hätte ich mein Aussehen eingekauft... als wäre ich gekauft... ich sollte mich in eine Tüte oder einen Einkaufswagen setzten... aber war das nicht der Grund warum ich das alles getan hatte? Ja. Ich wollte so sein. Ich wollte anders sein. Ich wollte nutzlos und voller fehler sein. Einfach unnütz.

Teen Idle {Marina And The Diamonds}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt