Conned

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Mit mulmigem Gefühl stand ich in meinem Badezimmer vor dem Spiegel. Das Licht war ausgeschaltet und mein Finger auf dem Schalter. Ich hatte solche Angst. Vor meinem Spiegelbild, denn ich war immer die unschuldige, reine und brave gewesen. Es war erbärmlich. Ich war erbärmlich. Wütend drückte ich den Schalter, sodass ich mich nun sah. Es war... anders und fremd. Als wäre ich jemand anderes. Es formte sich plötzlich ein wiederlich breites Grinsen auf meinen Lippen und ich fuhr mit meinen Fingern durch das blonde Haar.
Nachdem es geföhnt war, wurde es noch heller und ich wollte es gerade wieder zu einem Zopf binden, als ich mich davon abhielt.
Beim Aufräumen meines Zimmers hängte ich die neuen Klamotten in meinen Schrank und packte einige Pullover und Hosen weg.
Den restlichen Abend verließ ich nicht mein Zimmer und ging sofort ins Bett, nachdem ich die Hausaufgaben gemacht hatte.

Morgens klingelte mein Wecker und ich wachte mit hellen Haaren im Gesicht auf. Wieder breitete sich ein Lächeln aus und ich setzte mich auf.
Mein Outfit bestand nun aus einer kurzen Hose und einem Trägerhemdchen, was ich mit einer dünnen Jacke kombinierte, die mir bis zur Taille ging. Lächelnd betrachtete ich mich im Spiegel. Ich dachte es wäre ein lächelnd, aber stattdessen stellte ich fest, dass es ein angsteinflößend böses Grinsen war. Im Bad begann ich mein Haar zu glätten und versuchte mich ans Schminken, was mich viel Geduld und Zeit kostete.

Bevor ich meinen Eltern begegnen konnte rannte ich ohne zu essen aus dem Haus und fuhr mit dem Auto zur Schule. Mir wurde etwas unwohl bei dem Gefühl so auszusteigen. Es war zwar Mai und die Sonne verbrannte einen, aber es war ungewohnt. Nun packte mich die Furcht. Ich atmete tief ein und aus, sodass mein Herz nicht mehr so stark klopfte. Alles was ich tun musste, war selbstsicher mit dem Kinn nach oben zu gehen.
Ich zog mir die Riemchensandalen an und stieg aus dem Auto. Meine Tasche war nun eine Michael Kors und ich ging langsam, aber selbstsicher durch den Schulflur. Sofort richteten sich die Blicke auf mich, was ich bewusst ignorierte.
Der Schock war den anderen ins Gesicht geschrieben. Ich war sonst immer eine unauffällige gewesen und manchmal kannten mich Leute nicht. Jetzt aber kannten sie mich. Jetzt war ich jemand und es war mir egal als was ich abgestempelt wurde. Ich wollte jemand sein und nicht das uninteressante Mädchen. Kein graues Entlein.
《Hey.》
Ich drehte mich um und sah Stephen.
《Hi.》
《Du... siehst anders aus. Also besser.》
《Danke》, sagte ich und lächelte.
Er war mein Schwarm vor einigen Jahren gewesen und wusste das. Es lag nur daran, dass ich ihn attraktiv fand. Ich zog eine Augenbraue hoch, als er mich angaffte.
《Sonst noch was?》
《Willst du vielleicht irgendwas unternehmen? Nach der Schule?》
Ich lächelte wieder wie ein Dümmchen und antwortete:《Das ist süß aber... nein. Lieber nicht.》
Mit leichten Hüftbewegungen ging ich weg und fühlte mich so verdammt gut. Es war etwas witzig, dass gerade er ankam, aber ich genoss es.

Der Unterricht verging langsam, da die Aufmerksamkeit nicht dem Lehrer, sondern mir gerichtet war. Sogar der Lehrer hatte mich auf mein Aussehen angesprochen.
Ich saß zum ersten Mal aufrecht und spielte mit meinem Haar.
Es klingelte und ich packte ein.
《Cassia. Bleibst du bitte noch hier?》
Ich nickte und stand vor seinem Tisch mit leicht angelehnter Hüfte an dem Tisch hinter mir. Mr. Willoughby nahm seine Brille ab und sah langsam zu mir rauf, wobei er meine Kleidung eindringlich musterte.
《Ist vielleicht irgendetwas passiert?》
《Was meinen Sie? Wegen dem Umstyling?》
Er nickte nur.
《Nun ich dachte es wird Zeit etwas zu verändern.》
《Du weißt, dass diese Art von Kleidung einen falschen Eindruck machen kann bei deinen Mitmenschen.》
《Bei Ihnen hat es das schon.》
《Warum lächelst du? Das ist nichts Gutes.》
Ich zuckte mit den Schultern und das Lächeln wurde breiter.
《Ich wollte nicht mehr die graue Maus sein.》
Damit ging ich aus dem Klassenzimmer und spürte seinen Blick. Er hatte mich immer gemocht, da ich eine perfekte Schülerin war.
•Redet nicht viel
•Macht immer die Aufgaben
•Sagt nur etwas, wenn es den Unterricht voranbringt
Diese typischen Kriterien eben. Aber ich wollte es nicht mehr. Innerlich fühlte ich mich, als hätte ich mich selber die ganze Zeit angelogen und ausgelacht um bloß nicht erkannt zu werden. Ich fühlte mich verraten von mir selber. Es war krankhaft.

Der Schultag verlief etwas anders. Ich bekam viele Komplimente von falschen Leuten, die ich früher nicht mal angesehen hatte, da sie mir zu kaputt waren.
Nach der Schule ging ich zu der Raucherecke und ein Junge gab mir eine Zigarette. Er zündete sie mir an und sagte:《Dein erstes Mal?》
Ich nickte.
《Dann nimm keinen Lungenzug, sonst übergibst du dich noch.》
Ich nickte und tat was er sagte.
《Du bist Cassia oder?》
Ich nickte wieder.
《Du bist Gesprächsthema Nummer Eins heute.》
《Das war auch der Sinn.》
《So aufmerksamkeitsgeil?》
《Nein. Ich wollte nur nicht mehr langweilig sein.》
《Das dachte ich nie von dir. Nur, dass du schüchtern warst.》
Ich lächelte.
《Danke. Ian. Oder?》
Er nickte.
《Man sieht sich》, sagte ich und trat die Zigarette aus.
Ich ging zu meinem Auto und spürte eine Hand auf meinem Rücken.
Als ich mich umdrehte sah ich Ana.
《Was ist denn mit dir passiert?》
《Was soll sein?》
《So anders. Gefällt mir.》
Sie lächelte Kaugummi kauend.
Ich schloß mein Auto auf und wollte einsteigen.
《Lust was zu machen?》
Ich erstarrte.
《Also?》
Ich drehte mich um und nickte dann nur.
《Kaffee? Und danach können wir was anderes machen.》
Ich schloss mein Auto wieder ab und lächelte.
《Gerne.》

Teen Idle {Marina And The Diamonds}Where stories live. Discover now