Die Kammer des Schreckens

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Ich muss mir ehrlich eingestehen: Dass es wirklich passieren würde, hätte ich im Leben nicht erwartet. Klar, ich hatte mit dem Gedanken gespielt, aber das ist doch nur so meiner Fantasie entsprungen. Mittlerweile erscheint es mir völlig normal, doch am Anfang war alles so vollkommen absurd.

Seit dem offiziellen Beginn der Freundschaft zwischen Scorpius Malfoy und mir sind schon ein paar Wochen vergangen. Wir sind zwar wie Tag und Nacht, aber ergänzen uns dadurch umso besser. Er ist mein bester Freund hier auf Hogwarts geworden - neben Ruby natürlich.

Schon an unseren Streits, die wirklich oft vorkommen, aber noch schneller wieder vorbei sind, erkennt man, wie unterschiedlich wir eigentlich sind. Er versucht mich immer mit seiner gemeinen Art auf die Palme zu bringen und neckt mich des Öfteren. Ich versuche, ihn mit meinen beruhigenden Worten zu besänftigen.

Unsere Verschiedenheit macht unsere Freundschaft so besonders - und vielleicht auch die Tatsache, dass wir ein Slytherin und eine Gryffindor sind. Doch eigentlich finde ich, ist das nichts Besonderes. Dieses Vorurteil belastet die Zaubererwelt doch viel zu sehr. Wenn man sich mag, ist es egal, welcher Herkunft man ist, wie man heißt oder ob man vielleicht wahnsinnig ist und ins Irrenhaus gehört.

Wenn man sich wirklich mag, dann sind diese Dinge einfach nur unwesentlich. Das ist mir erst klar geworden, seitdem ich mit Scorpius befreundet bin. Wir haben zwar schon so viele Abenteuer zusammen erlebt, viel Mist gebaut, aber genauso viel Spaß zusammengehabt. Aber trotzdem habe ich es noch nicht übers Herz gebracht, mit meinem Dad zu sprechen.

Normalerweise ist es ihm nicht wichtig zu wissen, mit wem ich befreundet bin. Er freut sich immer für mich, wenn ich glücklich bin, dabei ist es ganz egal, mit wem. Aber ich glaube, meine Meinung zu Scorpius teilt er nicht. Wahrscheinlich nur deswegen, weil er mit Nachnamen Malfoy heißt. Aber was kann er denn dafür? Dieser Nachname wurde ihm nunmal angeboren.

Am Anfang dachte ich ja auch, er wäre ein arroganter, selbstverliebter Junge ohne Intelligenz im Kopf, nur weil ich wusste, dass er in Slytherin ist. Das ist ungerecht, oder? Aber ich bin fest der Meinung, meinen Dad von meiner Einstellung Scorpius gegenüber zu überzeugen, wenn nur der richtige Moment kommen würde. Doch der kam bisher leider noch nicht...

Ich sitze in einer Nische neben meinem Bett im Schlafsaal. Alle meine Zimmernachbarinnen (Abigail, Evelyn, Summer und Ruby) sind schon unten beim großen Festessen. Es ist das letzte Abendessen vor den Winterferien.

Schon morgen würden alle Schüler, die über die Ferien nach Hause fahren und ihre Familie besuchen, mit dem Hogwarts-Express abgeholt und wieder zum Bahnhof Kings Cross gebracht werden. Ruby, Scorpius und ich werden auch darunter sein. Mit beiden werde ich mich in den Ferien treffen. Doch bevor ich zu Scorpius fahren werde, werden wir beide versuchen, unsere Eltern davon zu überzeugen, mit der jeweils anderen Familie gemütlich am Tisch zu sitzen und zu Abend zu essen. Ein großer Schritt, ich weiß, aber wir werden es trotzdem versuchen!

Seufzend stehe ich auf. Ich kann mich nur wiederholen: In Hogwarts erlebt man so viel, dass es schon fast gar nicht mehr möglich ist, alle Informationen, Abenteuer und Erlebnisse zu verarbeiten. Ich bin erst seit fast einem halben Schuljahr hier und fühle mich schon wie eine alte Frau.

Ich gehe hinüber zu meinem Koffer und werfe mir einen schwarzen Umhang über. In eine Hand nehme ich meinen Zauberstab, mit der anderen halte ich den Umhang vor meinem Gesicht so zu, dass ich noch alles erkennen kann, aber niemand mein Gesicht zu sehen bekommen wird.

Ich schlurfe hinunter in den Gemeinschaftsraum und bin nicht verwundert, hier auf keine Menschenseele zu treffen. Ist ja logisch, sie sind schließlich alle beim Festessen.
Ich steige durch das Portraitloch, an der fetten Dame vorbei, die mir sicher mit einem fragenden Blick hinterhersieht. In ihrem Kopf wird sie sich die Frage stellen, warum ich nicht beim Festessen bin, genau wie alle anderen, außer einem.

Die Tochter Harry Potters Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt