Sinnvolle Strafarbeiten

386 25 0
                                    

"Folgt mir!", lautet die klare Anweisung von Professor Mason. Bisher habe ich meine Kräuterkunde - und Verwandlungslehrerin sehr gemocht, aber heute merke ich, dass man mit ihr doch nicht so gut Pferde stehlen kann. Ihr Gesicht ist vor Wut verzehrt und sie trägt dunkle Ringe unter den Augen. Ich würde wahrscheinlich genauso aussehen, wenn ich eine Nachtschicht nach der nächsten übernehmen müsste.

Wir laufen viele Korridore entlang und Scorpius und ich lassen die Köpfe hängen, als gäbe es drei Monate keinen Sonnenschein. Nur, dass das hier wesentlich schlimmer ist als schlechtes Wetter, obwohl wir noch nicht mal wissen, was uns überhaupt erwartet. Oder wohin Professor Mason, die noch dazu stellvertretende Schulleiterin ist, uns führen könnte. Doch das, diese Ungewissheit, macht die Sache nur noch schlimmer.

"Nicht trödeln!", ruft Professor Mason von vorne und mir fällt auf, dass sie und Scorpius schon ein Stück weiter vor mir sind. Ich habe keinesfalls vor, zu flüchten. Mir ist klar, dass das noch schlimmere Konsequenzen mit sich ziehen würde und ich käme nie auf den Gedanken, Scorpius hier alleine zurückzulassen. Also beeile ich mich, wieder mit den beiden Schritt halten zu können.

Ungefähr fünf Minuten später wird mir klar, wohin Professor Mason uns führt. Wir laufen immer tiefer und es wird immer kälter und feuchter um uns herum. Als wir da sind, klopft Professor Mason an der Kerkertür, die zum Büro von Scorpius' Hauslehrer führt: Professor Hensley. Ich wundere mich, warum Professor Mason uns nicht zum Hauslehrer von Gryffindor gebracht hat, aber vielleicht hat er gerade keinen Dienst. Und Professor Hensley eben schon.

"Herein!", hört man die Stimme von meinem Zaubertränkelehrer aus dem Inneren des Raums. Professor Mason sieht uns streng an und drückt dann die Türklinke hinunter. Professor Hensley sitzt an seinem Lehrerpult, wie immer, wenn ich ihn im Unterricht sehe. Er beugt sich über einen Stapel Papiere. Vielleicht korrigiert er eine Arbeit. Die Vierertische sind allesamt leer.

Als wir eintreten, hebt Professor Hensley den Kopf und sagt erfreut: "Lily, Scorpius, Mrs. Mason. Was verschafft mir diese Ehre?". Vielleicht ein bisschen zu erfreut. Professor Mason sieht ihn mit einem strafenden Blick an. "Die Beiden haben sich nachts in die Verbotene Abteilung der Bibliothek geschlichen!", sagt sie vorwurfsvoll. Professor Hensley lächelt: "Wer sonst, wenn nicht ihr zwei?". Aber durch einen Blick von Professor Mason verstummt er.

"Äh...natürlich muss ich euch dafür bestrafen, richtig?", fragt er mit einem Seitenblick auf Professor Mason. Sie nickt bekräftigend. "Also...wie wäre es mit...Scorpius, du wirst den Schulleiter dabei behilflich sein, Briefe zu sortieren und du Lily, wirst mir dabei helfen, Zutaten in die Regale zu stellen. Morgen gegen 20 Uhr? Das sollte euch eine Lehre sein.". Professor Mason sieht von Professor Hensleys Erziehungsmaßnahmen nicht sonderlich begeistert aus, aber er selbst scheint sehr zufrieden zu sein. Ich grinse in mich hinein.

"Also gut. Mr. Malfoy? Sie wissen, wo Sie hinmüssen? Das Passwort zum Büro des Schulleiters ist Schokofrösche. Und Sie, Miss Potter, kommen einfach hierher in das Büro.", fasst Professor Mason zusammen und betont unsere Nachnamen, mit denen Professor Hensley uns nicht benannt hat. Es ist offensichtlich, dass Professor Mason das gegen den Strich geht.

Scorpius und ich nicken brav und werden dann entlassen. An der nächsten Ecke trennen wir uns, weil der Gemeinschaftsraum der Slytherins auch in den Kerkern liegt. Scorpius dreht sich zu mir um. "Also dann..", meint er und kratzt sich verlegen am Hinterkopf. Ich nicke. "Ich werde mich wohl nie daran gewöhnen, dass ich mit dir befreundet bin.", sage ich abfällig, aber Scorpius weiß, dass ich das nicht ernst meine.

Er grinst. "Was glaubst du, was ich durchmachen muss? Ich werde schon gehänselt deswegen.". Ich schüttele lächelnd den Kopf. "Eine Tonne Mitleid.", sage ich theatralisch und verdrücke mir gespielt eine Träne. Scorpius wird wieder ernst. "Dann viel Spaß morgen. Wir treffen uns dann, um uns auszutauschen, was wir bei der Strafarbeit gemacht haben.". Ich stimme ihm zu. "Übermorgen, während die anderen beim Frühstück sind, hinter den Gewächshäusern?", frage ich. Scorpius nickt und geht dann.

Zwischendurch dreht er sich um und deutet einen Luftkuss an. Ich fange ihn spielerisch auf und grinse. Was für ein Schleimer. Ich seufze. Manchmal kann ich es immer noch nicht glauben, mit wem ich meine Freizeit verbringe. Wer hätte gedacht, dass ich mal mit einem Malfoy befreundet sein würde? Ich nicht. Aber was soll ich sagen? Es gefällt mir. Sehr sogar.

Punkt zehn vor 20 Uhr klettere ich durch das Portraitloch und mache mich auf den Weg zu Professor Hensley. Ich weiß ja schon, was mich erwartet, aber trotzdem bin ich aufgeregt. Ich bin nicht wütend, denn als wirkliche Strafe empfinde ich es nicht. Dennoch weiß ich, dass die Lehrer wollen, dass wir lernen, soetwas nicht wieder zu tun. Aber ich finde nicht, dass Scorpius und ich einen Fehler begangen haben. Wenn man uns sogar mit Unterschrift nicht in die Abteilung lässt, müssen wir eben zu anderen Mitteln greifen. Und dafür bestraft zu werden, finde ich absolut ungerecht.

Ich klopfe an die Tür vom Kerker und höre - so, wie in der letzten Nacht - ein "Herein.". Diesmal sitzt Professor Hensley nicht hinter seinem Schreibtisch, sondern steht vor einem Regal. Neben ihm stehen verschiedene Zutaten, die man sicherlich für die Tränke braucht. Allesamt sind sie mir unbekannt. Vielleicht sind sie für eine der höheren Klassenstufen.

"Lily!", begrüßt mich Professor Hensley und ich frage mich zum wiederholten Male, warum er mich mit meinem Vornamen und nicht mit meinem Nachnamen anspricht. "Guten Abend, Sir.", sage ich höflich und warte auf eine Anweisung von Professor Hensleys Seite. Aber die kommt nicht.

Also hake ich nach: "Ähm...was soll ich jetzt machen, Sir?". Er sieht mich erschrocken an, so, als habe er eben erst bemerkt, dass ich noch immer in seinem Büro bin. Er schüttelt mit dem Kopf. "Äh...ja, klar. Du kannst mir gerne helfen, diese Zutaten einzuräumen. Die Namen stehen am Regal und wenn du mal nicht weißt, wo etwas hingehört, dann frag mich doch einfach, in Ordnung?". Ich nicke verwirrt. Was ist mit ihm los?

Ich halte es für keine gute Idee, Professor Hensley darauf anzusprechen, also mache ich einfach, was er mir gesagt hat. Nach einer Stunde entlässt er mich wieder und ich wundere mich, warum meine Strafe nur so klein und kurz ausgefallen ist. Nicht, dass ich etwas dagegen habe. Aber müsste man nicht eigentlich meinen, die Lehrer haben es geradezu auf Hilfe abgesehen?

"Bis dann", sage ich zum Abschied und schließe beim Herausgehen die Tür hinter mir. Der ganze Abend erscheint mir fragwürdig. Was war das? Was soll ich Scorpius denn morgen erzählen, wenn er mich fragt, was alles passiert ist? "Nicht viel"? Nein, das ist keine tolle Antwort. Ich kann nur hoffen, dass es bei ihm ein bisschen spektakulärer zugegangen ist. Und wie sehr sich meine Hoffnung erfüllen wird, kann ich in diesem Moment ja noch nicht ahnen...

---------------------------------------------
Hallo,
hier habe ich das dritte Kapitel für euch 🙈
Ich hoffe, es gefällt euch und ihr lasst vielleicht ein paar Kommentare da 💞
Zum Schluss habe ich es noch ein bisschen spannend gemacht und ich weiß auch, dass der Rest dieses Kapitels nicht so spektakulär war. Aber dafür erfahrt ihr in einer Stunde, was bei Scorpius so alles los war ✨
Bis nachher!

Eure Vilureef

Die Tochter Harry Potters Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt