Geheime Nachrichten

444 22 1
                                    

Der Weg zu den Toiletten ist gut ausgeschildert. Das hilft mir, ihn besser zu finden. Trotzdem ist er ziemlich weit und ich frage mich, warum sie hier nur so wenig Toiletten haben. Hier kommen doch täglich viele Leute her. Bestimmt haben die Patienten extra Toiletten in ihrem Zimmer. Ich habe eben bei Tante Hermine leider nicht darauf geachtet. Und die Angestellten haben bestimmt auch ihre eigenen. Aber für die Besucher? Da reicht es bestimmt nicht aus.

Ich seufze. Was mache ich mir eigentlich für Sorgen? Ich denke über Toiletten nach? Sollte ich mir nicht eigentlich über andere Dinge den Kopf zerbrechen? Zum Beispiel darüber, wer Tante Hermine vergiftet haben könnte. Oder was es mit dem Grimm auf sich haben könnte. Ein ganz wichtiger Punkt, immerhin soll ich bald sterben. Und wenn, dann möchte ich doch wohl auch gut darauf vorbereitet sein!

Ich beschließe, Scorpius so bald wie möglich zu fragen, ob er nachts wieder mit mir in die Bibliothek "einbrechen" will. Denn ich denke schon, dass Bücher über den Grimm nur in der verbotenen Abteilung stehen. Und da dürfen wir ja nicht hin. Eigentlich.

Mittlerweile bin ich in der Abteilung Fluchschäden und Zauberunfälle angekommen. Die Flure sehen auch nicht anders aus, als die in der Abteilung von Tante Hermine. Alle grau und trist. Aber ich finde das nicht schlimm. Die Leute sind schließlich hier, um behandelt zu werden und nicht, um eine 5-Sterne-Bewertung für die Räumlichkeiten dieses Gebäudes dazulassen.

"Lily?", höre ich plötzlich jemanden meinen Namen rufen. Ich drehe mich um und sehe ein bekanntes Gesicht. "Oliver!", freue ich mich. Oliver Finch-Fletchley ist ein großer, stämmiger Junge mit dunklen Haaren und leuchtenden, blauen Augen, den ich in Kräuterkunde kennengelernt habe. Er ist im selben Jahrgang wie ich, nur in Hufflepuff.

"Was machst du denn hier?", frage ich. Er lacht: "Oh, meine Mom hat sich von einer Klobrille beißen lassen. Deswegen muss sie jetzt hier behandelt werden.". Ich lache auch. "Es gibt auch immer wieder Dinge...". Oliver grinst: "Besuchst du auch jemanden?". Ich nicke und sage dann: "Ja, meiner Tante wurde etwas Giftiges ins Getränk gemischt. Aber es ist alles gut gegangen.". Er sieht mich mitleidig an.

"Na, Oliver, willst du mich deiner Freundin nicht vorstellen?", fragt plötzlich ein erwachsener Mann, der neben Oliver aufgetaucht ist. Ich tippe auf seinen Vater. Oliver wird rot und fängt an, rumzustottern: "Äh...ja...also. Lily, das ist mein Dad, Dad, das ist Lily.". Sein Dad gibt mir die Hand und sagt lächelnd: "Ich bin Justin. Und du bist also Lily Potter? Oliver hat schon viel von dir erzählt.".

Ich lächele auch. "Hoffentlich nur gute Dinge.". Justin nickt und fragt: "Wie geht es deinem Dad?". Ich bin überrascht, dass er ihn kennt. "Gut. Kennen Sie sich?". Justin nickt wieder und erzählt: "Wir hatten, wie sagt man? Ein paar Startschwierigkeiten. Aber später haben wir uns verstanden.". Ich merke, dass ich nicht weiter nachfragen sollte, also tue ich es auch nicht. Und außerdem muss ich jetzt noch dringender auf die Toilette, als vorher schon. "Also dann, auf Wiedersehen!", sage ich zum Abschied und winke.

Das restliche Wochenende verbringen wir zu Hause, um Mum noch einwenig Gesellschaft zu leisten. Rose schläft bei mir im Zimmer und Hugo bei Albus. Doch schon am Sonntagabend müssen wir uns wieder auf den Weg nach Hogwarts machen, denn morgen haben wir wieder Unterricht. Dad erklärt uns, dass wir wieder einen Portschlüssel nehmen werden. Diesmal ist es eine Packung Taschentücher, was sogar ich erkenne.

Auch beim zweiten Mal macht sich das Gefühl in mir breit, dass ich geradezu an den Taschentüchern klebe. Und als ich wieder festen Boden unter den Füßen habe, wird mir klar, dass das nicht meine liebste Art zu reisen ist. Mit dem Besen fliege ich auch nicht gerne. Ich tendiere da eher zu nichtmagischen Transportmitteln, wie beispielsweise Autos oder Züge.

Es ist schon dunkel draußen, als wir die Eingangshalle passieren. "Es ist schon ziemlich spät. Am besten, ihr geht sofort schlafen, damit ihr morgen aus den Betten kommt.", ermahnt uns Dad und wir verabschieden uns alle von ihm. Manchmal bin ich echt froh, dass ich einen Schulleiter als Vater habe!

Ich gehe die Marmortreppe hoch und mein Blick fällt nach rechts. Heute fallen mir zum ersten Mal die vier Gläser auf, die zählen, wieviele Hauspunkte jedes Haus besitzt. Ich schaue sie mir genauer an. Im Moment führt Ravenclaw mit 573 Punkten. Bestimmt sammeln sie fleißig Punkte im Unterricht, weil sie sich viel melden. Im Glas der Gryffindors liegen Rubine. Wir haben im Moment 457 Punkte und liegen somit auf dem dritten Platz, kurz hinter Slytherin. Wenn die nächtliche Aktion morgen schiefläuft und Scorpius und ich beide Punkte für unser Haus verlieren, wird es schwer werden, die nochmal aufzuholen.

In dieser Nacht träume ich wirres Zeug  von hässlichen Empfangsdamen, die sich in giftgrüne Schlangen verwandeln und mir zuflüstern, wir lägen einen Platz hinter Slytherin. Als Ruby mich weckt, bin ich zum ersten Mal froh darüber, endlich aus dem Bett zu kommen.

Beim Frühstück bekomme ich kaum etwas runter. Als Ruby mich fragt, wie es bei meiner Tante war, sage ich nur, es ginge ihr gut. Doch dann sehe ich hinüber zum Slytherintisch und ich sehe Scorpius an, der zu selben Zeit zu mir hinüberschaut. Ich ziehe die linke Augenbraue hoch. Er nickt.

Dann wende ich mich wieder an Ruby: "Hast du zufällig einen Zettel und einen Stift?", frage ich sie. "Einen Stift schon, aber keinen Zettel.", antwortet sie darauf. Der Stift reicht mir auch. Sie gibt ihn mir und ich nehme mir eine Serviette. Dann schreibe ich auf, was mir auf dem Herzen liegt:

Mitternacht, in der Bibliothek, heute

Danach falte ich die Serviette ein wenig zusammen und frage Ruby, ob wir schonmal zum Unterricht wollen. Sie stimmt zu und wir beide stehen auf.

Als wir am Slytherintisch vorbeikommen, halte ich nach Scorpius Ausschau. Er sitzt ganz locker auf seinem Stuhl und lässt eine Hand lässig neben seinem Stuhl herunterhängen. Ich versuche, ihm blitzschnell den Zettel in die Hand zu geben und hoffe, dass niemand etwas bemerkt hat.

Als Ruby und ich draußen vor der großen Halle stehen, fragt sie mich: "Willst du mir vielleicht sagen, was auf dem Zettel stand?". Ich schüttele den Kopf. "Lieber nicht.". Wenn sie es wüsste, dann würde sie versuchen, mich aufzuhalten. Das weiß ich genau. Wenn sie es nicht weiß, ist es besser. Es ist besser für sie. Es ist besser für Scorpius und mich. Es ist besser für jeden von uns.

---------------------------------------------
Hey,
lasst die Lesenacht beginnen ✨
Das hier ist das erste Kapitel. Ich hoffe es gefällt euch und wir sehen uns dann in einer Stunde wieder 🙈
Vielleicht habt ihr bemerkt, dass ich Justin Finch-Fletchley mit eingebaut habe. Das ist der Typ aus dem zweiten Teil, der im Duellierclub von der Schlange "angegriffen" wurde. Er ist das auf dem Bild oben 🙊

Eure Vilureef

Die Tochter Harry Potters Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt