"Papa!" - pt.1 | 5

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"Hast du echt nicht schlecht hinbekommen mit dem Essen", meinte Klaas zu Joko und griff nach seinem Bier. Klar gab es Getränke, die da besser passten. Beispielsweise Wein. Aber wie zu erwarten hatte Joko nichts anderes als Bier im Haus gehabt.
"Danke", antwortete Joko schlicht. Einen Moment saßen sie schweigend da, die Flaschen in der Hand, als Klaas' Handy neben sich aufleuchtete und vibrierte. Er schielte herüber und stutze einen Moment, als er den Namen seiner Freundin auf dem Display las. Oder sollte er besser sagen den Namen seiner Ex-Freundin?
Sie hatte sich nicht gemeldet seit sie mit dem gemeinsamen Sohn überstürzt das Haus verlassen hatte. Klaas ebenso wenig.
"Ich glaub, ich geh mal besser ran. Das ist Doris", meinte Klaas zu Joko und hob ab.
"Hallo", beantwortete er den Anruf in nüchternem Ton. Er stand auf und lief in Richtung des Fensters. Er hatte nicht direkt Geheimnisse vor Joko, solange es nicht um irgendeinen ausgeklügelten Plan ihrer Shows ging. Aber es war ihm unangenehm, von seinem Gegenüber beobachtet zu werden, wie er mit den Bruchstücken seiner Beziehung kämpfte.
"Hallo, Klaas. Wie gehts dir?", fragte Doris. Klaas schnaubte auf.
"Das hältst du für eine gute Frage?", meinte er bissig. Sie machte einen Moment Pause.
"Gut, dann komm ich eben direkt zur Sache. Falls das vorletzte Nacht nicht eindeutig war, wollte ich das nur noch mit dir klären, bevor ich ein paar Tage in den USA -"
"Du bist was bitte? Du hast einen Sohn, um den du dich kümmern musst!", unterbrach Klaas sie wutentbrannt. Das war ja wohl die Höhe, die er sich hier bieten lassen musste.
"Der bleibt bei meiner Freundin", antwortete Doris erstaunlich ruhig. Als könnte sie mit dieser Ruhe irgendwas erreichen.
"Einen Dreck bleibt er! Du meinst doch nicht wirklich, es geht ihm da gut? Er ist drei Jahre alt, Doris, drei! Seinem Vater wird er weggenommen, seine Mutter haut ab? Und dann soll er bei deiner Freundin mit der Situation fertig werden?", schrie Klaas schon fast in sein Handy. Abwesend drehte er sich zu Joko um und lehnte sich an die Fensterbank. Der beobachtete ihn mit neutralem Gesichtsausdruck, nach wie vor mit Bierflasche in der Hand.
Es herrschte ein Moment Pause. Es war nicht wirklich einfach, seinen Job und den Kleinen unter einen Hut zu bringen. Da sprach er aus Erfahrung, wenn Doris ab und zu der Arbeit wegen unterwegs war. Aber das würde er hinbekommen. Selbst wenn dafür sein eigener Job für ein paar Tage zu kurz kam, da hatte er schließlich ein starkes Team, das ihm den Rücken freihielt. Seinem Sohn aber wollte er nun alles so einfach wie möglich machen. Vorausgesetzt seine Ex-Freundin würde das zulassen.
Klaas überlegte einen Moment. Er kannte sie, es kam nur eine Freundin in Frage, von der Doris sprechen konnte. Aber zur Sicherheit fragte er in herrischem Ton nach dem Namen.
Kleinlaut kam die Antwort seiner Ex-Freundin, er hatte recht behalten. Sie war Managerin. Von morgens bis abends unterwegs. Hatte noch weniger Freizeit als Klaas. Dabei hatte er vorher geglaubt, dass das menschlich unmöglich war.
"Du weißt selbst, wie schwachsinnig das ist", meinte er in gefährlichemTon und nun dachte Doris einen Moment nach.
"Meinetwegen", meinte sie dann zu Klaas' Erstaunen, "wenn du der Meinung bist, dass sich das irgendwie mit deiner Arbeit vereinbaren lässt, nimm du ihn."
"Morgen früh, acht Uhr. Jokos Wohnung", gab er noch zurück, dann legte er ohne ein weiteres Wort auf. Er ließ das Handy sinken und atmete betont langsam aus. Das konnte doch nicht wahr sein. Wie hatte er sich in eine solche Frau verlieben können?
Klaas ließ sich wieder auf den Stuhl gegenüber Joko fallen, das Handy schmiss er auf den Tisch.
"Sie haut ab?", fragte Joko. Natürlich, er hatte mitbekommen was passiert war, auch wenn er nur Klaas' Teil des Gesprächs gehört hatte. Klaas nickte nur.
"Morgen früh um acht kommt sie vorbei und bringt Bent", informierte er Joko. Der seufzte.
"Ist kein Problem wenn dein Sohn herkommt, danke, dass du gefragt hast", meinte er sarkastisch. Dann stand er auf, begann den Tisch abzuräumen. Klaas dachte einen Moment nach. Es war unüberlegt gewesen. Er hätte fragen müssen.
"Ich kann dann ja wieder zu mir ziehen", meinte er kleinlaut. Er brauchte sich nicht zu rechtfertigen, es war klar, dass der Fehler bei ihm lag. Nun galt es nur, eine Lösung zu finden, die Joko milde stimmen konnte. Denn der Ton, mit dem er Klaas gerade geantwortet hatte, der konnte gefährlich werden, das wusste er. Von Joko kam keine Antwort, er blieb mit dem Rücken zu Klaas an der Anrichte stehen, an der er seinen Teller abgestellt hatte. Klaas stand nun ebenfalls auf, begann auch, sein Geschirr abzuräumen. Er stellte es neben Joko, sah ihn an. Dieser drehte sich zum Kleineren, lächelte allerdings vorsichtig.
"Wenn du das möchtest, geh mit Bent zurück zu euch", meinte er dann leise und zog Klaas überraschend in eine Umarmung, "aber ich hätte dich gerne noch hier."
"Ich bleibe", war alles, das Klaas dann zurückgab.

-

Klaas war erleichtert gewesen über Jokos Reaktion. Er wollte hier bei ihm bleiben, es gefiel ihm, auch wenn es ihn beunruhigte, wie sehr es ihm gefiel. Es war ein vertrautes Gefühl gewesen, mit Joko zu kochen, selbst wenn sein Kollege den Großteil der Arbeit übernommen hatte. Vertraut und angenehm. Klaas hatte es genossen und eine Zeit lang vergessen, dass seine Beziehung sich immer mehr dem Abgrund neigte. Auch wenn sie die Klippe eigentlich schon hinuntergestürzt war, er hatte sich das nur nicht eingestehen wollen. Mit dem Anruf aber hatte sich seine Einstellung geändert. Vielleicht war es auch gut so, überlegte er sich und lehnte sich an die Lehne des Sofas. Dass sich ihr wahrer Charakter gezeigt hatte bevor es zu spät war, wie man so schön sagte. Ob es nicht ohnehin zu spät war, wenn man ein gemeinsames Kind hatte, war die andere Sache. Jedenfalls wusste er so, woran er war und konnte sich ganz auf seine Zukunft und die seines Sohnes konzentrieren. Den würde er sich nicht wegnehmen lassen, auf keinen Fall.
"Lass das mal", meinte Klaas zu Joko, der durch die Programme des Fernsehers schaltete und auf Klaas' Anweisung stoppte. Es war ein Krimi, Klaas hatte ihn schon vor einigen Jahren aus Ermangelung an Alternativen gesehen, nun erinnerte er sich wieder daran. Die Ausgangssituation der Handlung war eine ähnliche wie er sie nun selbst erlebte. Die Beziehung scheiterte, die Mutter nahm den Sohn mit. Sie kam nicht mit ihrem Leben klar, begann, ihr Kind zu schlagen, kurz bevor jemand eingriff kam der Kleine fast ums Leben. Es war ein grauenhaft schlecht gemachter Film, aber die Story hatte ihn damals schon bewegt.
"Kennste den?", fragte Joko. Klaas nickte und erzählte Joko kurz, was darin passierte.
"Ach komm", meinte der Größere dann, schüttelte ungläubig den Kopf und griff wieder nach der Fernbedienung, "sie ist dir fremdgegangen, aber hat sie ihren Job als Mutter nicht ganz gut gemacht?"
Klaas zuckte die Schultern. "Ihre Aufsichtspflicht hat sie nicht unbedingt so perfekt ausgeführt."
Joko sah ihn erstaunt an. Klar, schließlich hatte Klaas davon nie viel erzählt. Er hatte gehofft, dass das alles irgendwann besser wurde, einfacher wurde.
"Bent hat sich schon immer ordentlich gefreut, wenn ich heimgekommen bin. Bei Doris war seine Reaktion eher verhalten. Wir haben da nie drüber geredet, ich hab dem auch nicht so viel Bedeutung beigemessen", erzählte Klaas, was ihm über die Jahre so aufgefallen war.
"Aber was hat sie denn dann gemacht, wenn sie mit ihm allein war?", fragte Joko. Wieder zuckte Klaas die Schultern, starrte auf die Szene, die der Fernseher vor ihm zeigte.
"Frag ich mich auch. Groß mit ihm gespielt wohl nicht."

Ist das dieses Patchwork? (Joko/Klaas Fanfiction)Where stories live. Discover now