"Viel Spaß in der Hölle" - pt.2 | 24

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"Das ist so anstrengend", quengelte Joko, nachdem sie sich bereits durch einige Bereiche des Hauses ihren Weg gebahnt hatten. Mittlerweile waren sie im Kinderbereich angekommen und aufgeregt sprangen die beiden Kleinen um ihre Füße herum.
"Was hast du denn erwartet?", lachte Klaas daraufhin und sah zu seinem Freund.
"Weiß nicht - dass es weniger anstrengend ist", erwiderte Joko trotzig, grinste aber dennoch zurück.
"Ich mags trotzdem", meinte Klaas nur ganz schlicht, "so vom feeling her."
Joko machte einen Augenblick halt und sah dem Kleineren ganz ernst in die Augen. "Wie so ne richtige Familie, oder?", fragte er dann und lächelte ihn glücklich an.
"Wie so ne richtige Familie", bestätigte der Andere, "und das fühlt sich alles so richtig an. Das find ich zumindest, dass das das passendste Wort ist. 'Richtig.'"
Joko nickte und griff überraschend nach Klaas' Hand. "Geht doch klar, wenn wir das richtig finden, oder?"
Klaas' Herz schlug noch einmal etwas schneller. Ja, sie standen mitten in einem Möbelkaufhaus. Einige Meter entfernt spielten ihre Kinder miteinander und hatten den Spaß ihres Lebens, so machte es den Eindruck. Aber dennoch war es ein Moment, der irgendwie eine Bedeutung hatte.
Klaas drückte einmal kurz zur Bestätigung Jokos Hand. Dann zögerte einen Moment, gab dann aber doch einen Fick darauf und streckte sich, drückte dem Anderen ganz kurz seine Lippen auf. Joko sah ihn einen Moment an, starrte nur erstaunt zu ihm runter.
"Ich finds richtig", meinte Klaas nur schulterzuckend und nahm noch einmal diese Worte auf. Dann lächelte Joko breit und sah ihn verliebt an. Nicht, dass Klaas da so selbstsicher davon ausging, aber er kannte den Anderen nun schon einige Jahre und ja, für ihn sah das auf jeden Fall verliebt aus.

-

Etwa zwei Stunden später saßen die Vier gemeinsam im Restaurant des Möbelhauses, schaufelten sich ein mehr oder weniger gut gekochtes Mittagessen rein. Nach einigen Diskussionen hatten sie endlich alles ausgewählt, das ins - nun gemeinsame - Haus kommen sollte. Jokos Handy beinhaltete nun eine lange Liste von schwedischen Produktnamen, die keiner aussprechen konnte, aber immerhin waren die Namen da und sie wussten, was sie wollten. Milas neues Zimmer war fertig ausgestattet, ebenso ein neues Sofa ausgewählt und auch das Bett von vorhin hatte es auf die Notizen geschafft.
"Weißt du, was noch toll wär?", fragte Joko und wischte Mila nebenbei über den Mund. Die Tomatensoße war es jedenfalls nicht gewesen, dachte sich Klaas.
"Hm?", machte er nur, war selbst ein wenig erschöpft.
"Deko", erwiderte Joko nur, nichts weiter.
"Das meinst du jetzt nicht ernst, oder?", fragte Klaas, wusste aber bereits, dass sein Freund das durchaus ernst meinte. Und er wusste, dass das nichts für ihn war.
"Wieso denn nicht?", fragte Joko, "alles ein bisschen weihnachtlich herrichten wär doch nett."
"Wir haben Mitte September", erwiderte Klaas mit vollem Mund und Joko zuckte grinsend mit den Schultern. Klaas verdrehte nur die Augen.
"Tschuldigung?", meldete sich eine männliche Stimme und zum zweiten Mal nach der verärgerten Mitarbeiterin wurden sie radikal unterbrochen. Alle sahen auf und beäugten den Mann, der neben ihrem Tisch stand. Es war derjenige gewesen, der sie schon ganz zu Beginn so angesehen hatte.
"Ist das so ein Ding für HalliGalli?", fragte er geradeheraus.
"Bitte?", erwiderte Klaas mit noch immer vollem Mund.
"Ob das so ein Ding für HalliGalli ist", wiederholte der Kerl nun, kniff die Augen ein wenig zusammen, "ich seh gar keine Kameras."
"Ich hab das schon ganz gut verstanden", meinte Klaas bissig, schluckte endlich die Pampe in seinem Mund herunter.
"Was fragst du dann?", meinte der Andere dann und sah auf Klaas herab.
"Ich wüsste nicht, was dich das überhaupt angeht", unterbrach Joko das Ganze dann, warf dem Fremden ebenfalls einen herablassenden Blick zu.
"Ich mein ja nur", erwiderte er und rümpfte ein wenig seine Nase, "weil ihr hier plötzlich das Paar spielt."
"Ich wiederhole mich, aber das geht dich rein gar nichts an", gab Joko zurück, sein Ton wurde schärfer. Bent und Mila saßen nur mucksmäuschenstill daneben, trauten sich nicht, sich irgendwie zu rühren.
"Nun, dann seid ihr das offensichtlich auch. Kinder gibts hier auch schon oder wie?", fuhr der Mann dann allerdings fort und Klaas musterte ihn ein wenig. Er war nicht allzu groß, allerdings recht durchtrainiert. Nicht, dass Klaas das überhaupt in Betracht zog, aber mit ihm wollte er sich lieber nicht anlegen.
"Wie oft muss ichs noch sagen?", fragte Joko, hatte bereits einen gefährlichen Blick, "oder soll ichs dir lieber aufschreiben?"
"Joko, lass gut sein", mischte sich nun Klaas wieder ein, hatte Bedenken, dass das irgendwie aus dem Ruder laufen könnte. "Das ist es nicht wert."
"Mir scheint doch so, als wären zwei Männer wie ihr nicht in der Lage, gemeinsame Kinder zu zeugen", fuhr der Mann allerdings ganz unbeirrt vor, "und mir scheint außerdem, als hätte Gott ein wenig andere Ansichten?"
Nun konnte Klaas nicht anders als auflachen. Das war doch ein schlechter Witz.
"Lustig scheint ihr das auch noch zu finden?", kommentierte der Mann das und redete sich ebenso wie Joko immer mehr in Rage, "Ihr macht euch über den Allmächtigen lustig?"
"Schatz?", meldete sich der Größere, diesmal aber in einem anderen Tonfall an Klaas gewandt, "wir sind doch alle fertig mit Essen, oder?"
"Oh ja", meinte Klaas nur, obwohl sie das offensichtlich nicht waren. Der unbekannte Mann sah ihnen nur dabei zu, wie sie ihr Geschirr stapelten und sich in Richtung des Ausgangs wandten, Kinder an der Hand.
"Viel Spaß in der Hölle", zischte er noch, blieb aber glücklicherweise dort stehen, wo sie ihn zurückließen.
Klaas nahm seinen Sohn auf den Arm, um nicht langsamer als nötig zu laufen. Dann machten sich die vier schweigend auf den Weg in den Verkaufsbereich zurück und brachten Abstand zwischen sie und den offensichtlich recht überzeugten Christen. Klaas hatte sich schon mehr oder weniger gefreut, dass sie zuvor Glück gehabt hatten. Sie waren auf ihrem Weg durchs Möbelhaus scheinbar einige Male erkannt worden, sie angesprochen hatte jedoch keiner, nur deren Blicke hatten sie gespürt. Doch das Erlebnis gerade eben sprach für sich. Immerhin, die Menschen um sie herum waren wohl nicht aufmerksam geworden, das wäre das ultimative Chaos gewesen.
"Auch ne Art mit Menschen umzugehen, oder?", kommentierte Joko das Ganze, als sie ein wenig Abstand zum Restaurant hatten. Klaas ließ seinen Sohn wieder herunter und sie passten wieder ihr Tempo an.
"Ist ne Art, ja", erwiderte dieser nur, mehr hatte er dazu nicht zu sagen. So offen hatte er Homophobie noch nie erleben müssen, vor allem auch nicht, da er selbst bisher keine persönlichen Erfahrungen hatte. Aber er war geschockt, ganz einfach geschockt.
"Papa, wer war der Mann?", fragte Mila dann, Bent blieb weiterhin stumm.
Joko zögerte einen Moment, schien zu überlegen, wie er Mila das Ganze nun beibrachte.
"Der Mann hatte was gegen Klaas und mich", fing er vorsichtig an.
"Dass ihr euch so gern mögt?", wollte Mila wissen und wieder einmal war Klaas erstaunt, wie schnell Jokos Tochter gewisse Situationen überreißen konnte. Ganz anders als ihr Vater, dachte er bei sich und musste ein kleines Grinsen unterdrückten.
Der Größere nickte. "Dass wir uns so gern mögen, ja."
"Aber wieso denn?", wollte Mila dann wissen und fragte weiter.
Joko seufzte kurz, warf dann aber scheinbar doch alle Vorsicht über Bord. "Der Mann hatte was dagegen, dass sich zwei Männer mögen. Nicht nur gegen Klaas und mich, sondern allgemein gegen Paare wie uns."
"Ich mag den nicht", mischte sich Bent dann ein. Da hatten die beiden wohl keine schlechte Arbeit in der Erziehung geleistet, sich Klaas.
"Ich auch nicht", murmelte Joko nur, "ich auch nicht."

Ist das dieses Patchwork? (Joko/Klaas Fanfiction)Where stories live. Discover now