"Ne, alles gut" - pt.2 | 16

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Klaas wollte auch abhauen, wollte irgendwo hin. Spontan zu Mark nach Hamburg, seine Gedanken gemeinsam mit seinem Freund in Musik verpacken. Oder einfach ein paar Tage weg, allein. Zur Wahl stand das nicht, denn nun trug er die Verantwortung für zwei Kinder. Die gerade schweigend auf dem Rücksitz seines Autos saßen, Bent schlafend. Vorsichtig parkte er, stieg seufzend aus. Erst half er Mila aus dem Auto, nahm dann seinen Sohn auf die Hüfte. Wie hatte sich das Joko eigentlich vorgestellt? Auf Dauer waren die Kinder hier ja wohl alles andere als falsch aufgehoben, hier in der Redaktion. Aber was blieb Klaas anderes übrig? Im Moment war das nicht anders zu lösen. Ein Glück, dass er den Morgen für sich gehabt hatte, als die beiden in Kindergarten und Schule waren.
"Klaas?", fragte Jakob erstaunt, als dieser mit einem Kind auf dem Arm und einem zweiten neben sich herlaufend das Büro betrat, "mir war nicht klar, dass du so deinen Mittag verbringst."
Klaas zuckte nur mit der freien Schulter, an der nicht sein Sohn lehnte. Zielstrebig ging er in sein abgetrenntes Büro, breitete mit der freien Hand eine Decke auf dem kleinen Sofa aus, legte seinen Sohn dann vorsichtig darauf ab. Mila schmiss derweil ihren Schulranzen auf den Boden, kletterte auf Klaas' Schreibtischstuhl. Jakob war ihm etwas langsamer gefolgt, lehnte nun im Türrahmen.
"Klaas, kann ich mal kurz mit dir reden?", fragte er nun leise.
Noch bevor Klaas antworten konnte, meldete sich Mila zu Wort.
"Kann ich Garfield schauen?", fragte sie. Klaas kam innerhalb der letzen Tage nicht umhin, mitzubekommen, wie sehr ihr die Sendung gefiel. In dem Bewusstsein, dass sie sicher schon irgendeine Aufgabe von der Schule zu erledigen hatte, ging er dennoch zum Computer, öffnete YouTube und klickte wahllos eine der Folgen an. Den Ton möglichst leise, damit Bent nicht wach wurde, erklärte er ihr, dass er gleich wieder da wäre und ging zu Jakob. Noch einen Blick auf Mila, wie sie sich auf den Schreibtisch lehnte und freudig auf den Monitor sah, schloss er die Tür hinter sich. Jakob steuerte sein Büro an, Klaas folgte ihm wortlos. Was sollte er auch tun?
Ausgelaugt schmiss er sich in den Stuhl gegenüber Jakobs und wartete, bis dieser das Wort ergriff.
"Was wird das denn, Klaas?", fragte dieser dann recht schnell, nickte in Richtung seines Büros, in dem die Kinder der beiden Moderatoren waren.
"Muss ja irgendwer aufpassen", erwiderte Klaas schulterzuckend. Ihm war klar, worauf Jakob hinauswollte, was er wirklich hören wollte. Aber Klaas würde es ihm nicht zu leicht machen, er wollte nicht über das reden, was passiert war.
"Weißt du was von Joko?", fragte Jakob dann, ging nicht weiter auf die Kinder ein.
"Ist in München", erwiderte Klaas ebenso knapp. Jakob atmete einmal tief ein und wieder aus.
"Klaas, das weiß ich auch", meinte er dann.
"Na dann", sagte dieser nur.
Jakob sah ihn noch einen Moment an, wartete weiterhin auf eine Erklärung.
"Man, was weiß ich denn, was los ist!", rief Klaas dann aus, stand auf und lief zum Fenster, drehte Jakob den Rücken zu, fügte etwas ruhiger hinzu: "ich verstehs doch selbst alles nicht."
Ohne sich umzudrehen, hörte Klaas, wie der Redakteur aufstand und sich neben ihn stellte.
Die Zweifel fraßen den Moderator ohnehin schon auf, er wollte es sich nicht auch noch antun müssen, Jakob alles zu erklären. Er wollte gar nichts erklären, er wollte so weiterleben, wie er das vor zwei Wochen getan hatte. Joko hatte ihm eingeredet, dass sie es versuchen sollten, Klaas hatte zugestimmt, nun war der Versuch fehlgeschlagen. Klaas würde ausziehen, über das alles hinwegkommen, Joko wieder nur in der Arbeit sehen. Nur dort sehen, wo es für den Job notwendig war. So wie sie es seit Jahren gehandhabt hatten, wie es funktioniert hatte, ohne Probleme.
"Gib mir noch ein paar Tage, ja?", meinte Klaas schließlich, drehte sich mit verschränkten Armen in Jakobs Richtung, "dann bin ich wieder der Alte."
"Ich weiß aber nicht, ob das überhaupt gut wär", erwiderte Jakob und Klaas sah ihn mit gerunzelter Stirn an. Der Andere kam aber nicht dazu, sich zu erklären, als Thomas ins Büro platzte, ohne anzuklopfen.
"Stör ich?", fragte er dann, stutzte, als er die beiden so dastehen sah. Die schwere Stimmung im Büro spürte.
"Ne, alles gut", erwiderte Klaas dann, bedachte allerdings auch Jakob mit diesen Worten. Im Vorbeigehen klopfte er Thomas kurz auf die Schulter, verließ dann das Büro. Wie sehr er es in diesem Moment hasste, dass sie sich alle so gut kannten. Wie sehr.

-

Mit offenen Augen lag Klaas in Jokos Bett. Allein. Die beiden Kinder schlummerten nebenan friedlich auf dem Sofa. Natürlich, schließlich war es mitten in der Nacht. Der Tag hatte Klaas innerlich fertig gemacht, dennoch konnte er keine Ruhe finden. Er schreckte hoch, als plötzlich sein Handy klingelte. Etwas verwirrt, wer es um diese Zeit wagte ihn anzurufen, griff er nach seinem iPhone. Joko. Natürlich. Einen Moment zögerte Klaas, wusste nicht, ob er dessen Stimme hören wollte oder nicht, hob aber dennoch ab.
"Klaas", begrüßte ihn Joko. Er klang müde.
"Was gibts?", fragte Klaas direkt. Er wollte das so schnell wie möglich hinter sich bringen, wollte wieder in Selbstmitleid versinken.
"Du, Klaas", begann Joko zögernd, "ich wollte dir nur sagen, dass ich morgen Vormittag wieder da bin." Er klang vorsichtig, als wüsste er, was er getan hatte. Dennoch war Klaas das egal. Sein Entschluss stand fest, er würde sein Leben allein weiterführen. Dass es zwischen ihnen klappen könnte, aus welcher Laune heraus war diese Ansicht überhaupt entstanden?
"Okay", gab Klaas zurück.
"Ist bei Mila alles in Ordnung?", wollte Joko dann noch wissen. Klaas schmerzte es schon wieder. Nach Mila fragte er, klar, sie war seine Tochter. Ob bei ihm alles in Ordnung war, wieso sollte es Joko kümmern?
"Klar. Aber es wär besser, wenn ihr Vater hier wär, nehm ich an", gab Klaas zurück, hoffte, dass der Stich Joko zumindest in der Nähe seines Herzens traf.
"Weiß ich. Gute Nacht, Klaas", meinte Joko dann nur noch, wartete einen Moment und legte auf, als Klaas nichts erwiderte. Einen Augenblick starrte Klaas sein Handy an, ließ dann den Arm sinken. 'Wieso nur, Joko?', war die Frage, die ihm nicht mehr aus dem Kopf ging.

Ist das dieses Patchwork? (Joko/Klaas Fanfiction)Where stories live. Discover now