vier

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Levi's POV

* * *

"Levi, das muss schneller gehen. Das ist ein schnelles und fröhliches Lied. Spiel nicht so depressiv!", motze mich mein Klavierlehrer schon den ganzen Tag an und hatte kein gutes Wort für mich übrig. 

"Ich mach ja schon.", knurrte ich und spielte die gleiche Stelle noch einmal, wurde aber von seiner grossen Hand unterbrochen, welche sich meine packte und mich so dazu brachte, in sein markantes, ernstes aber durchaus attraktiven Gesicht zu starren.

"Was ist los mit dir?", fragte er ein wenig sanfter und ich senkte meinen Kopf, versuchend meine Hand aus seiner zu ziehen.

"Gar nichts.", sagte ich verbissen und zischte leise.

"Du wirkst abgelenkt. Was bedrückt dich?", hackte er nach, setzte sich neben mich auf den Klavierstuhl und sah mich vielversprechend an.

Ich liess mit meiner Antwort auf sich warten. Wir alle wissen, was mich bedrückte. Aber ich konnte doch nicht sagen, dass ich mich an mein früheres Leben erinnerte und gerade meinen damaligen Freund im jetzigen Leben gefunden habe.
Darüber hinaus war er ein Baby.
Ein Baby!

"Es ist nichts, Erwin.", murmelte ich und liess meine Finger langsam über die Tasten fahren, sie nachdenklich anschauend. "Ich glaube, ich bin einfach nervös."

"Du warst noch nie vor einem Konzert nervös, Levi.", stellte er wahrheitsgemäss fest und leider konnte ich dies nicht verleugnen. "Ich sehe dir an, dass es was anders ist. Ich bin dein Lehrer. Du darfst mir alles erzählen. Ist es wegen deinem Vat-"

"Sprich nicht von diesem Arschloch, wenn ich schon mit ihm abgeschlossen habe.", unterbrach ich ihn zischend und starrte ihm wütend in die Augen. "Es ist nicht wegen ihm. Nicht im Geringsten. Von zu Hause auszuziehen war das Beste, was ich tun konnte."

"Aber was ist es dann, Levi?", fragte er wieder härter und schloss ruckartig die Klappe des Klaviers, als ich gedankenverloren herumtastete. "Sieh mir in die Augen, wenn ich mit dir rede, Levi!"

Ich kannte ihn nur selten so hartnäckig. Erwin war ein leidenschaftlicher Mensch. Er war wie ein Klavierstück. Meist sind die Stücke heiter, anmutig, majestätisch und schön. Jedoch konnten sie genauso gut hart, düster und einschüchternd sein. Aber nie grundlos.

Seine Finger umfassten mein Kinn, richteten mein Gesicht zu seinem und er musterte mich mit solch einer Intensität, dass es schon fast knisterte.

"Wir können so nicht arbeiten. Entweder du sprichst oder wir kündigen das Konzert.", flüsterte er mit vollem Ernst, der mir einen Schauern verpasste.

"Wir können das nicht.", sagte ich verbissen, machte aber keine Anstalten, mich aus seinem eisernen Griff zu befreien.

Ein humorloses Grinsen erschien auf seinen Lippen und er strich mir kurz über die Schläfe bevor er mich los liess.
"Ich kann das.", sagte er selbstsicher und verschränkte die Arme. "Also sag schon."

Ich seufzte tief und strich mir einmal kurz durch die Haare, den Blick abschweifend.
"Es ist.. idiotisch.", fing ich an und biss mir auf die Unterlippe bevor ich fortfuhrt. "Es geht um einen Jungen."

"Aha?", sagte er und fing an zu lachen. "Einmal geht Levi Ackerman aus dem Haus und verliebt sich in den erst besten Typen. Das ist aber romantisch."

Ich verdrehte die Augen und vermied seinen amüsierten Ausdruck.
"Sei nicht lächerlich.", murmelte ich und wollte eigentlich sagen, dass er falsch lag.

Naja, aber komplett falsch lag er aber nicht.
Und seine Annahme war immer noch viel besser als die Tatsacge, dass ich in ein Baby-
Nein, stop!

"Levi, ich kenne dich seit du ein kleiner Junge bist. In anderen Worten: Ich kenne dich sehr gut.", sagte er und strich mir durch die Haare. "Es ist okay, wenn man Gefühle für jemanden entwickelt. Das ist sogar menschlich. Also lass dich nicht davon beirren und verwandle diese Angst in Glück!"

Another Life || ereriWhere stories live. Discover now