zweiundzwanzig

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"Das Einzige, was uns davon zurückhält, ist meine Angst. Und es tut mir leid, dass ich dich noch so lange quäle, selbst wenn ich die Fähigkeit hätte, dein Leid zu beenden. Aber ich habe einfach so schreckliche Angst."

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Eren's POV

* * *

Eren's achter Geburtstag

Tief in der Nacht, lange nach Mitternacht, konnte ich ihn spielen hören. Sein Spiel war kaum merkbar, ich musste mein Ohr gegen die Wand pressen und den Atem anhalten, damit ich einen Hauch einer Ahnung über die Existenz eines Klavieren erhaschen konnte.

Aber dieser Moment, wenn ich seine Finger spielen hörte, war genug um mich einschlafen zu lassen. Einzuschlafen mit dem Gedanken, dass Levi nicht so weit weg war, wie es mir manchmal vorkam.

An den Nächten, wenn ich nicht nur ein Klavier, sondern auch eine Geige hören konnte, waren die Nächte, an denen ich mit Tränen in den Augen einschlief.

Heute würde ich aber nicht einschlafen.
Im Gegenteil, ich würde wach sein und wach bleiben.

Es war mein achter Geburtstag und Levi hat ein weiteres Mal nach Ausreden gesucht, um nicht bei mir zu sein. Dann muss ich wohl oder übel zu ihm gehen.

Ich horchte dem Klavier so gut wie es ging, wartete auf den Moment, wo er seine letzten Töne spielen würde, um dann aufzustehen. Ich musste nicht auf die Uhr schauen um zu wissen, dass es mindestens 3 Uhr morgens war.

Mit der grössten Vorsicht öffnete ich meine Zimmertüre. Meine Hand umfasste das einzige Werkzeug, dass ich mit mir nahm. Ich brauchte nichts mehr, ausser dieses kleine Stück Metall.

Als ich horchte und nur das regelmässige Atmen meiner Eltern hörte, lief ich weiter zur Haustür, öffnete sie, ging raus und schloss sie wieder.

Das Treppenhaus war noch nie so dunkel wie in dieser Nacht. Noch nie hatte ich das Treppenhaus um diese Uhrzeit gesehen und dies liess eine Schauer über meinen Körper fahren.

Meine nackten Füssen froren um so mehr, als sie über den eiskalten Boden liefen, rauf zum oberen Stock.

Erst als ich vor seiner Haustür stand, spürte ich mein rasendes Herz.
Ich werde es wirklich tun.
Schon so lange habe ich darüber nachgedacht, wie ich es tun sollte und jetzt, da ich vor der Tür stand und es endlich so weit war, konnte ich es nicht fassen.

Ich schaute nach links und nach rechts. Natürlich war da keine Menschenseele.

Ich presste mein Ohr gegen die Türe und hörte nichts. Kein Klavier, keine Schritte, keine Stimmen.
Schlief er schon?

Ich konnte nicht riskieren, dass ich seine Wohnung betrat und er noch wach war. Es musste schlafen, sonst wären alle meine Bemühungen umsonst gewesen.

Und so lehnte ich mich gegen die Türe, liess meinen Rücken daran runter schleifen und schlug auf den Boden auf. Mein Kopf legte sich in dem Nacken und ich atmete tief aus.

Heute werde ich ihn sehen.
Bald werde ich ihn sehen.

Ich sass dort für eine gefühlte Ewigkeit bis ich mir sicher war, dass er schlief. Mein Blick landete auf das Werkzeug in meiner Hand. Vorsichtig schob ich das Metall in das Schlüsselloch und liess mir Zeit mit dem Öffnen der Türe.

Another Life || ereriWo Geschichten leben. Entdecke jetzt