neun

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Levi's POV

* * *

"Nochmal. Du musst schneller spielen an dieser Stelle. Und vom 110 bis 115 crescendo bis zu einem mezzoforte. Dann aber wieder subito piano.", korrigierte mich Erwin, doch ich war wo ganz anders. Zu meinem Unglück bemerkte er das. "Levi?"

Ich riss meinen Blick von den Noten und sah ihn verständnislos an.
"Sorry, was? Ich war kurz weg.", murmelte ich und strich mir über's Gesicht.

"Du stehst ganz schön neben dir.", sagte Erwin ernst und sah mich dementsprechend an. "Wir können wirklich darüber reden, wenn es dich so bedrückt. Ich bin immerhin dein Klavierlehrer."

Das sanfte Lächeln auf seinen Lippen liess mich seufzen und meine Augen fielen unabsichtlich auf den schlafenden Eren auf dem Sofa.
"Mir geht's gut.", nuschelte ich.

Erwin verfolgte meinen Augen und erkannte das Baby. Mit einer hochgezogenen Augenbraue sah er wieder zurück zu mir.
"Das Baby scheint dir nicht gut zu tun.", meinte er so plötzlich, dass ich zusammenzuckte.

"Bitte?", stiess es aus mir, bevor ich es hätte aufhalten können. "Nein, wie kommst du drauf? Eren tut mir gut."

Er sah mich mit diesem verhassten 'Versuch mich nicht zu verarschen'-Blick an.
"Du siehst ihn verletzt an. Und du verhaltest dich anders, seitdem du auf ihn aufpasst."

Ich rollte meine Augen und schüttelte den Kopf.
"Übertreibe nicht, Erwin. Mir geht's gut, wirklich."

Mit einem leisem Zischen setzte ich mich wieder hin und wollte die Stelle nochmal spielen, doch da hörte ich plötzlich ein leises Wimmern, welches nur von Eren kommen konnte. Bevor ich es merkte, stand ich neben ihm und hob ihn auf.

"Hey hey, ssh. Was ist denn los? Hattest du einen Alptraum?", flüsterte ich und strich ihm vorsichtig über seine Wangen, während dem ich ihn auf meinen Armen wiegte.

Ich spürte einen schweren Druck auf mir und ich hätte nicht mal aufsehen müssen um zu wissen, dass mich Erwin anstarrte.
"Tut mir leid. Ich glaube er hat Hunger. Gibst du mir 15 Minuten?", fragte ich höflich und er nickte stumm.

Die Flasche befand sich in der Tasche neben dem Klavier, also lief ich darauf zu und holte es raus, auf dem Klavierstuhl sitzend.
"Ssh ssh. Der Unterricht ist bald fertig und dann hast du wieder deine Ruhe, ja?"

Erwin's empörter Blick lag immer noch auf mir und es dauerte auch nicht lange, bis er dann sprach.
"Du siehst ihn komisch an.", stellte er fest. "Als würdest du ihn schon lange kennen."

Ich räusperte mich ungemütlich und gab Eren die Flasche. Erwin wollte ich nicht ansehen.
"Es fühlt sich auch so an.", murmelte ich leise und hoffte, er würde nicht weitergehen.

"Ich glaube wirklich, dass Eren dir nicht gut tut." Erwin seufzte. "Denkst du nicht auch, dass du ihn ein wenig zu sehr.. magst?"

"Was soll das denn bitte heissen?", zischte ich und sah ihn schlussendlich doch an. "Natürlich mag ich ihn."

"Aber er ist nicht dein Kind. Er ist nicht mal verwandt mir dir und du behandelst ihn so, als wäre er kein Baby sondern ein Fünfjähriger. Er kann dich nicht verstehen, dies sollte dir klar sein."

Es war, als hätte Erwin unabsichtlich etwas erfahren, was er definitiv nicht wissen sollte. Ich fühlte mich ertappt, was mich nervös machte.
"S-Sei nicht albern. Man muss nunmal mit einem Baby reden, damit es das Sprechen lernen kann.", rechtfertigte ich mich.

"Ja schon. Aber ich meine es ernst, Levi. Du bist ganz anders, wenn er da ist!", sagte Erwin und ohne zu fragen nahm er Eren von mir weg, die Flasche noch dazu. "Du bekommst ihn zurück, wenn du mir sagst, was los ist."

Another Life || ereriWhere stories live. Discover now