Kapitel 43

4.6K 156 9
                                    

Es gewittert jetzt mit Sicherheit schon seit einer Stunde und ich habe mich zitternd unter der Wolldecke versteckt.

Ich habe extreme Angst vor Gewitter seit Mama tot ist.

Flashback:

Samstag Nachmittag und ich bin mit Mama und Jayce bei einem See.
Wir fahren öfters zum See, Mama schwimmt ihre Runden und ich Sonne mich oder spiele mit Jayce Wasserball.

Gerade spiele ich mit Jayce Karten und Mama ist im See schwimmen.
Sie liebt es zu schwimmen.

"Du hast geschummelt." ruft Jayce, als ich ihm triumphierend meine Karten zeige.
Gewonnen.

"Hab ich nicht." verteidige ich mich und gucke mich um.
Der Himmel hat sich innerhalb der letzten zehn Minuten extrem verdunkelt.
Im Wetterbericht wurde angesagt, dass es stürmen soll.
Mum wollte trotzdem zum See.

Sie hat gesagt, dass der Wetterbericht meistens eh nicht stimmt, hat dann aber auch versprochen sofort aus dem Wasser zu kommen, sobald der Himmel sich zu ziehen sollte.

"Mama muss aus dem Wasser raus." sage ich, als ich ein Donnern höre.
Sofort stehe ich auf und renne zum Ufer des Sees.
Sie ist weit hinten im See, kommt aber bereits auf uns zu geschwommen.

"Räumt schon mal die Sachen ins Auto." ruft sie uns zu und schon höre ich den nächsten Donner.
Sie muss sich beeilen verdammt.
Trotzdem nicke ich und renne mit Jayce zurück zu unseren Handtüchern, die ich dann einsammele.

Jayce übernimmt die Karten und das Essen, was wir mitgenommen haben.
Schnell bringen wir die Sachen ins Auto und ich gucke mich um.

"Wo ist Mama?" rufe ich über den Wind hinweg, der mittlerweile aufgezogen ist und Jayce zuckt mit den Schultern.
Mein Herz fühlt sich an, als würde es vor Angst aus der Brust springen.

Der Regen peitscht in mein Gesicht, während ich panisch zum Ufer des Sees renne.
Ich suche den See ab, aber kann sie nicht sehen.

"Mama?" schreie ich und gucke mich am Ufer um, wo ist sie?

"MAMA?" schreie ich wieder.
Wo zur Hölle ist sie?
Ich sehe einen Blitz am Horizont und zucke erschrocken zusammen.
Ein paar Sekunden später folgt ein Donner.

Mittlerweile laufen mir die Tränen über die Wangen und ich laufe zum Wasser. Ich muss sie finden.
Am Arm werde ich vom Wasser gezogen.

"Willst du dich umbringen?" schreit Jayce mich an, aber es interessiert mich nicht. Ich nehme nichts mehr wahr, außer den Gedanken, dass Mum noch da draußen sein könnte.
Der Wind peitscht mir ins Gesicht und Wellen bilden sich auf dem ebend noch so ruhigem See.

Meine Atmung geht panisch und ich gucke Jayce mit Tränen in den Augen an. Sein Blick wandert über den See, als er plötzlich komplett bleich wird und ihm jegliche Gesichtszüge entweichen.

Ich gucke in die Richtung und taumele geschockt ein paar Schritte nach hinten, bevor ich in mich zusammensacke.

"MAMA!"

---

Jayce hat damals sofort Hilfe geholt.
Sie haben Mama aus dem Wasser geholt, aber es war zu spät.
Ich bin zusammengebrochen und dann weiß ich nichts mehr.
Den selben Abend bin ich im Krankenhaus aufgewacht und Jayce saß neben mir.

Er hat nichts gesagt, hat mich einfach in den Arm genommen.
Er hat mir so geholfen in der Zeit und dafür bin ich ihm so unglaublich dankbar.
Ohne ihn hätte ich das nicht geschafft.

Ich hätte die Beerdigung nicht überstanden, wenn er nicht da gewesen wäre.

Durch das Klacken vom Schloss werde ich aus den Gedanken gerissen.
Ich verstecke mich weiter unter der Decke und hoffe das die Person mich nicht sieht.
Wer zur Hölle ist das?

"Kate?" ruft jemand panisch und ich gucke vorsichtig über die Rückenlehne des Sofas drüber weg.
Jayce? Was macht er hier?

"Jayce." erwiedere ich und er guckt mich besorgt an, ehe er die Tür schließt und auf mich zu kommt.

"Darf ich?" fragt er und zeigt auf den Platz neben mir auf dem Sofa.
Warum fragt er, ob er sich neben mich setzen darf?
Ohne irgendwas zu antworten stehe ich auf und schlinge meine Arme um ihn.

"Ich habe Angst." flüstere ich und er nickt leicht, bevor er seine Arme um mich schließt.

"Ich weiß, ich bin ja da. Dir passiert nichts." flüstert er und setzt sich langsam aufs Sofa, bevor er mich auf seinen Schoß zieht.

Ich vergrabe mein Gesicht in seiner Halsbeuge und bin einfach froh, dass er hier ist.
Mir ist egal, dass ich mich von ihm fernhalten wollte, der Kuss ist vergessen.
Zumindestens in dem Moment.
Beruhigend streicht er mit seiner Hand meinen Rücken auf und ab.

Ein Donnern ist zu hören und automatisch zucke ich zusammen.
Er drückt mich näher an sich.

"Hast du schonmal probiert dich deiner Angst zu stellen?" flüstert er und ich schüttele den Kopf.
Würde ich mich gar nicht alleine trauen.

"Komm." sagt er und nimmt meine Hand in seine, bevor wir aufstehen.
Er geht aufs Fenster zu, aber ich bleibe stehen.
Ich kann das nicht.

"Lass dir Zeit."

Ich atme einmal tief durch und gucke Jayce in die Augen.
Er lächelt mich an.

Das Gewitter war nicht Schuld an Mamas Tod.
Es war eine Strömung im See, in die sie in der Hektik geraten ist.

Ich schließe meine Augen kurz, bevor ich das Fenster neben Jayce angucke.
Langsam gehe ich darauf zu.
Mir kann nichts passieren, Jayce ist bei mir.

Meine Atmung wird panischer, als ich direkt vor dem Fenster stehe.

"Die Blitze sind am Schönsten." flüstert Jayce direkt neben meinem Ohr und eine angenehme Gänsehaut breitet sich auf meinem Körper aus.

Ich gucke weiter nach draußen und dann sehe ich auch schon einen.
Ein Blitz.

Ich zucke zusammen und plötzlich liegen weiche Lippen auf meinen.
Jayce küsst mich. Nochmal.
Warum?

Trotzdem kann ich nicht anders, als meine Augen zu schließen und den Kuss zu erwiedern.
Es donnert, aber ich kriege das nur nebensächlich mit.

Jayce's Hände liegen an meiner Taille und hinterlassen ein brennendes Gefühl.
Ich lasse meine Hände in seinen Nacken wandern und er zieht mich näher an sich.

Mit meiner rechten Hand fahre ich durch seine Haare und muss Grinsen, als er mir über die Lippen leckt.
Ohne zu zögern öffne ich meinen Mund und gewähre ihm Einlass.

Nach ein paar Minuten löst er sich dann langsam von mir und guckt mich geschockt an.

Hello againWhere stories live. Discover now