Kapitel 61

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Heute werde ich entlassen und oh mein Gott ich freue mich so. Abfahrbereit liege ich auf dem unbequemen Krankenhausbett und warte auf Jayce, der mich abholen kommt.

Er und Lexie wohnen jetzt in meinem alten Haus, ich habe ihnen den Schlüssel anvertraut, weil Monica und Stephen ihr Haus ja nunmal verkauft haben. Die Beiden wollten erst ablehnen und sich ein Hotelzimmer suchen, aber mal ganz ehrlich, wie schwachsinnig wäre das bitte gewesen?

Unnötige Geldverschwendung.

"Morgen." reißt Jayce mich aus den Gedanken, der lächelnd in der Tür steht und mich mustert.
Meine blauen Flecken sind so gut wie verschwunden, meine Rippen tun immernoch weh, aber nicht mehr so heftig und mein Arm steckt immernoch im Verband.

"Morgen." sage ich lächelnd und gehe auf ihn zu, bevor ich ihm einen kurzen Kuss auf den Mund drücke. Es ist so befreiend ihn zu küssen und zu wissen, dass er bei mir bleibt.

Jayce bleibt bei mir.

Dieser Gedanke lässt meinen Bauch kribbeln.
Er lässt meinen Bauch kribbeln.

"Ich liebe dich." flüstere ich leise und gucke in seine wunderschönen grüne Augen. Ich liebe sie.
Ich verliere mich darin, aber wie könnte man sich auch nicht darin verlieren?
Ich habe das Gefühl, dass ich meinen Blick gar nicht mehr von ihnen abwenden kann. Wie sie mich so liebevoll mustern.

"Ich dich auch verdammt. Und wie ich dich liebe." erwiedert er und schließt mich in seine Arme. Ich schließe meine Augen, um den Moment zu genießen und ziehe seinen Duft ein.
Wie kann er nur so gut riechen?

Er hält mich fest in seinen Armen, aber nicht so, dass es weh tut. Es ist angenehm wie seine Arme an meinem Rücken liegen. Es lässt mich so fühlen, als wäre ich beschützt, sicher.
Seufzend löse ich mich von ihm, ich möchte nach Hause.

"Können wir jetzt? Ich möchte los." frage ich ihn und sofort nickt er verständnisvoll.

"Wird auch mal Zeit, dass du endlich wieder nach Hause kommst." grinst er und guckt mich verschmitzt lächelnd an. Ich erwiedere nur das Lächeln und gehe neben Jayce aus dem Zimmer, in dem ich beinahe die komplette Woche verbracht habe.

Er hat meine Tasche mit den Klamotten lässig über die Schulter gehangen und ich mustere ihn von der Seite. Schwarze Hose, dunkelblauer Kapuzenpullover, wunderschön.

Unwillkürlich schleicht sich ein Lächeln auf mein Gesicht. Ich kann es nicht glauben, dass ich ihn meinen Freund nennen darf.
Womit habe ich das bloß verdient?

"Haben sich deine Eltern nochmal gemeldet?" frage ich ihn und er guckt mich kurz von der Seite an, ehe er langsam nickt.

"Nicht nur einmal." seufzt er und scheint mit den Gedanken nicht ganz hier bei mir im Krankenhaus zu sein. Es tut mir so leid, dass er wegen mir hiergeblieben ist. Am Freitag wurde er nur so von Anrufen bombardiert, genau wie Lexie.
Als er dann endlich rangegangen ist, hat er wirklich Stress mit seinen Eltern bekommen, ich habe gehört wie sein Vater ihn angeschrien hat, was er sich denn dabei dachte, aber er biss nur die Zähne zusammen und antwortete ruhig.

Diese Antwort hatte mich berührt.

Stephen hatte gefragt, was er sich dabei gedacht hatte einfach mit Lexie zu verschwinden und Monica und Stephen dort stehen zu lassen. Jayce's Antwort kann ich jetzt noch wortwörtlich wiedergeben.

"Ich habe nicht gedacht Papa, ich habe auf mein Herz gehört. Das ist es doch, was Mum mir beigebracht hat. Ich kann nicht ohne Kate und das solltet ihr, als meine Eltern doch wissen. Habt ihr nicht gesehen, dass ich verdammt nochmal fast zusammengebrochen bin am Flughafen?"

Er hatte zugegeben, dass er fast zusammengebrochen wäre.

"Vielleicht hättest du doch mitgehen sollen." sage ich trotzdem. Wäre das nicht für uns alle besser gewesen? Zumindestens wäre es für ihn besser, schon alleine weil er dann keinen Stress mit seinen Eltern hätte. Plötzlich guckt er mich an, als wäre ich von allen guten Geistern verlassen und bleibt ruckartig stehen.

"Hast du das gerade wirklich gesagt?" fragt er geschockt und ich zucke mit den Schultern. Ja, habe ich.

"Ich will nicht, dass du wegen mir Streit mit deinen Eltern hast." murmele ich und gucke ihn nicht an, ich hoffe er hat es nicht falsch verstanden. Ich will ihn bei mir haben, aber ich will auch, dass es ihm gut geht. Ich will, dass er sich mit seiner Familie verträgt und das Leben führt, dass er führen möchte.
Ich möchte ihn nicht mit meinem Egoismus zwingen zu bleiben.

"Ich bin hier, weil ich dich liebe. Meine Eltern werden das schon verstehen und wenn nicht, dann kann ich da auch nichts für. Ich möchte hier bleiben Kate, es ist mir egal was Mama und Papa denken." erwiedert er und guckt mir tief in die Augen, was mich nur seufzen lässt. Ich freue mich, dass er hierbleiben will, aber es ist einfach komisch, dass er deswegen Stress mit seinen Eltern hat.

"Okay." erwiedere ich also nur und schon verlassen wir zusammen das Krankenhaus ohne ein weiteres Wort. Ich muss erstmal meine Gedanken ordnen, es ist so viel passiert in letzter Zeit.

Vorsichtig steige ich in Jayce's Auto ein und achte dabei darauf meinen Oberkörper nicht zu sehr zu belasten. Nachdem Jayce meine Tasche im Kofferraum verstaut hat setzt er sich auf den Fahrersitz. Wir schnallen uns an und schon fährt er los.

Die gesamte Fahrt verläuft schweigend, aber es ist mir nicht unangenehm. Ich glaube, dass habe ich gerade gebraucht.

Es ist alles so überwältigend. Meine Gefühle für Jayce, der Unfall, einfach generell die ganze Situation. Größtenteils bin ich aber positiv überwältigt. Es ist neu und fesselnd, wie schnell sich alles ändern kann.
Menschen ändern sich und das weiß ich jetzt, ich bin schlauer geworden.

Ich weiß, dass ich dazu fähig bin Menschen zu verletzen, was ich früher nicht gedacht hätte. Ich weiß, dass ich mit Jayce jemanden gefunden habe, der mich aufrichtig liebt, dem ich wirklich vertrauen kann und ich bin so gottverdammt froh darüber. Vor ein paar Wochen noch hätte ich niemals gedacht, dass ich jemals sowelche Gefühle für Jayce entwickeln könnte.
Dabei hatte ich die Gefühle zu diesem Zeitpunkt schon längst.

Vielleicht nicht so ausgeprägt, aber sie waren da.

Hello againWhere stories live. Discover now