14. Dezember 2008

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Es roch nach Kakao und Tannennadeln und Zimtsternen. Es roch nach Kaffee und Apfelstrudel und ein kleines bisschen verbrannt, weil Hermine die letzte Runde Kekse im Ofen vergessen hatte. Es roch nach Zuckerguss und Schokoladenkuvertüre, mit der Rain die bereits fertigen Plätzchen und teilweise auch ihre Schürze bestrich. Kurzum, es roch nach Weihnachten und so gehörte es sich ja schließlich auch, denn es war der dritte Advent. Auf Hermines Laptop (den sie hauptsächlich besaß, um damit Serien auf Netflix zu sehen und mit ihren Eltern zu skypen) lief eine YouTube-Playlist mit Weihnachtsliedern, weil der CD-Spieler kaputt gegangen war. Rain hatte sich ein Hörspiel anhören wollen und irgendwie hatte sich ihre unkontrollierte Kindermagie mit der Technik nicht verstanden.

Es klingelte an der Tür und Hermine öffnete die Wohnung für das letzte noch fehlende Familienmitglied.

Draco entledigte sich schnell seines dicken Wintermantels und seines Schals und Hermine musterte den schicken Anzug, den er trug.

"Hast du noch was vor?", fragte sie. Er sah leicht erschöpft aus.

"Nein, ich komme gerade von einem Meeting.", erklärte er.

"Es ist Sonntag und zehn Uhr morgens.", meinte Hermine und sah ihn ein wenig mitleidig an, während sie ihm seinen Mantel abnahm und einen Haken an der Garderobe dafür suchte.

"Ja, in dieser Zeitzone." Draco schlüpfte aus seinen Schuhen.

"Wo um Himmels Willen war denn das Meeting?", wollte sie wissen.

"Alaska."

"In Alaska ist es gerade Mitternacht.", stellte Hermine nach einer kurzen Rechnung fest und machte eine einladende Geste Richtung Küche.

"Es war ein langes Meeting." Draco grinste, aber Hermine sah ihm die Müdigkeit ins Gesicht geschrieben. "Ich bin schon seit sechs Stunden auf."

"Und dann kommst du trotzdem her?" Sie sah ihn leicht vorwurfsvoll an. "Du solltest nach Hause gehen und schlafen."

"Ich weiß.", seufzte er. "Aber irgendwie ist es viel schöner nach einem nervenaufreibenden Treffen mit haufenweise amerikanischen Idioten hierher zu kommen...zur Familie."

Hermine musste lächeln.

"Wir könnten zusammenziehen, dann hättest du das hier jeden Tag.", schlug sie, halb im Scherz vor. Aber irgendwie wäre es für sie auch gar nicht so schlimm, wenn es ein ernst gemeinter Vorschlag wäre.

"Normalerweise hat man erst eine Beziehung, bevor man zusammenzieht.", gab Draco zu bedenken und ein schelmischer Ausdruck vertrieb für einen Augenblick die Müdigkeit aus seinem Blick. Hermine sah ihm in die Augen. Früher hatte sie gedacht, sie wären blau oder grau oder so ähnlich, aber das waren sie nicht. Sie waren grau, aber nicht einfach nur grau, es war eine Mischung aus unterschiedlichen Grautönen, schwarz und weiß, gelegentlich mal ein Blau- oder Braunstich. Ein Sturm.

"Das stimmt nicht.", sagte sie. "Was ist zum Beispiel mit WGs? Die meisten WG-Bewohner sind nur Freunde."

"Oh, Granger." Er lächelte. "Wir beide wissen, dass das hier mehr ist als eine bloße Freundschaft."

Sie sahen sich an und auf einmal, Hermine wusste nicht, wo es herkam, hatte sie das unbändige Verlangen, ihn zu küssen. Ihre Nasenspitzen berührten sich fast, es war kein weiter weg. Nur ein paar wenige Zentimeter und ihre Lippen würden sich berühren. Gerade hatte sich Hermine dazu entschlossen den winzig kleinen, unendlich großen Abstand zu überwinden, da schepperte es aus der Küche.

"Wir sollten nach Rain schauen.", meinte Hermine.

"Ja, sollten wir.", stimmte Draco zu, doch keiner von ihnen bewegte sich.

Rain (Dramione)Where stories live. Discover now