24. Dezember 2008

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"Heilig Abend, meine Liebe!" Jean Granger schwebte durch die Wohnung und verbreitete ihre gute Laune überall. Hermine konnte sich nicht erinnern, dass ihre Mutter während der drei Weihnachtsfeiertage jemals schlechte Laune gehabt hatte und sie liebte es. In letzter Zeit war alles so furchtbar kompliziert gewesen.

Jetzt hingegen herrschte zwar immer noch totales Chaos, aber es war ein positives Chaos. Rain hüpfte im Nachthemd durch die Wohnung, ihr Mund war schokoladenverschmiert, weil sie ungeachtet der Uhrzeit den Inhalt ihres letzten Adventskalendertürchens natürlich sofort vernichten musste. Jean bereitete schon den Truthahn für morgen Mittag vor, weil sie gelesen hatte, dass der am besten sei, wenn er lange bei kleiner Hitze im Ofen wäre und deshalb wollte sie ihn morgen früh schon um sechs in den Ofen schieben. Hermine musste auf Toilette und ihre Haare sahen so furchtbar aus, dass sie sämtlichen Beleidigungen, die sie dafür in der Schule bekommen hatte, recht gaben. Das Bad war allerdings von ihrem Vater besetzt und drinnen lief erst die Dusche und dann der Rasierapparat.

In diesem Moment klingelte es an der Tür und Hermine seufzte. Eigentlich hatte sie Draco geduscht, angezogen und geschminkt gegenüber treten wollen und nicht in ausgeleierter Jogginghose, einem verwaschenen AC/DC-Shirt, das sie Jay mal geklaut hatte und den Haaren nachlässig zu einem undefinierbaren Irgendwas am Hinterkopf zusammengebunden. Aber ihr blieb ja wohl nichts anderes übrig, also drückte sie den Türöffner und öffnete die Wohnungstür.

Überraschenderweise stand er direkt davor auf dem Flur.

"Mrs. Gedress war gerade dabei, den Müll runter zu bringen und hat mich reingelassen.", erklärte er.

"Ach so." Hermine nickte. Sie sahen sich an, dann grinste Draco.

"Hallo.", meinte er.

"Hi." Hermine kam sich vor, wie ein verliebtes sechzehnjähriges Teenagermädchen, welches zum ersten Mal ihrem Schwarm gegenüberstand. Es war tatsächlich das erste mal, dass sie sich nach ihrem Kuss wieder trafen. Die Nächte danach hatte Draco bei ihr geschlafen, jetzt war er über Nacht nach Hause gegangen.

"Du siehst umwerfend aus." Draco grinste und musterte Hermine von Kopf bis Fuß.

"Blödmann." Sie musste lachen. "Komm rein, es zieht."

Er betrat die Wohnung und sie drückte die Wohnungstür zu, während er sich von seinem dicken Wintermantel befreite. Sie sah ihn an.

Natürlich sah er perfekt aus. Er trug legere, aber nicht inadäquate Kleidung, eine dunkle Hose und ein hell gemustertes Hemd, keine Krawatte. Seine Haare waren die ideale Mischung aus ordentlich und unordentlich, vermutlich hatte er dafür Ewigkeiten vor dem Spiegel gestanden damit sie so aussahen, als wäre er gerade erst aufgestanden. Seine Augen blitzten fröhlich und sein Lächeln jagte Hermine einen Schauder durch den Körper.

"Nettes Outfit.", kommentierte Draco Hermines Aufzug.

"Halt die Klappe." Sie grinste und ging voran ins Wohnzimmer.

"AC/DC also, ja?", konnte er sich nicht mehr verkneifen zu sagen und sie verdrehte die Augen.

"Ich sagte Halt die Klappe." Allerdings konnte sie sich ein Lachen nicht ganz verkneifen. "Sobald das Bad frei ist, mache ich mich fertig, dass es eines Malfoys Augen würdig ist."

"Aber warum das denn?", scherzte Draco weiter. "Was du heute mit deinen Haaren gemacht hast ist unglaublich. Etwas gewagt, natürlich, aber modern, etwas verspielt, aber auch gleichzeitig mit einem Hauch von...jaja, schon gut, ich höre auf!"

Sie mussten beide lachen.

"Ach ja, noch einmal jung und verliebt sein!", seufzte Jean, die jetzt aus der Küche kam, wo Rain auf einem Hocker stand, sodass sie an der Arbeitsfläche helfen konnte. "Hast du irgendwo Nadel und Faden?"

"Also für mich wirst du immer jung bleiben!", kommentierte Peter das Ganze, der jetzt mit noch feuchten Haaren ins Wohnzimmer kam.

"Spinner." Jean schlug ihn leicht mit dem Geschirrtuch auf den Arm.

"Ja, hab ich." Hermine griff hinter das Sofa und holte einen Nähkorb hervor. Da sie nicht nähen konnte, war er mit einer kleinen Schere, drei oder vier Nadeln und einigen noch nie benutzten Garnrollen sehr sparsam bemessen, aber wenn sie einen Knopf irgendwo abgerissen hatte, dann hatte sie die nötigen Materialien um ihn mit Magie wieder anzunähen. "Aber wozu zur Hölle brauchst du das?"

"Um den Truthahn wieder zuzunähen." Jean schüttelte den Kopf, als wäre das das Offensichtlichste der Welt.

"Du sollst ihn nicht operieren und retten.", meinte Hermine. "Nur essbar machen, ein bisschen würzen und in den Ofen schieben."

"Tja, damit die Füllung drin bleibt, muss ich ihn halt zunähen.", seufzte Jean, die vor vielen Jahren aufgegeben hatte, Hermine das Kochen beibringen zu wollen.

"Füllung?" Hermine sah sie überrascht an.

"Ja, Pflaumen, Apfel, Zwieback, du weißt schon."

"Das war in dem Truthahn drin?" Hermine kniff verwirrt die Augen zusammen.

"Ja, das gibt dem Truthahn einen leichten Beigeschmack von Pflaume und der Füllung den leichten Beigeschmack vom Truthahn und macht damit beides noch leckerer.", mischte sich jetzt zu aller Überraschung Draco ein.

"Du kannst kochen?", fragte Hermine überrascht. Draco lächelte.

"Schwer zu glauben, was?", meinte er.

"Yeah, wir werden nicht verhungern!", freute sie sich und umarmte ihn. Er verdrehte die Augen und konnte sich ein Lächeln jedoch nicht verkneifen.

"So, und jetzt gehe ich ins Bad." Hermine drückte Draco einen kurzen Kuss auf die Lippen und verschwand dann aus dem Zimmer.

"Ihr zwei seid wirklich süß zusammen." Jean lächelte Draco an. "Und du bist eigentlich ganz in Ordnung."

"Oh, bin ich nicht. Ich tu nur so." Draco lachte und war froh, dass Jean ihre Vorurteile ihm gegenüber zur Seite geschoben hatte.

"Und er hat Humor.", erklärte Peter. "Und er kann kochen."

"Ja, das kann er gleich mal unter Beweis stellen." Jean schob ihren Fast-Schwiegersohn vor sich her in die Küche. "Ich kann dieses kleine Gefissel nicht mehr, du kannst mir helfen, den Truthahn zusammen zu nähen."

Draco durchschoss kurze Panik, dann krempelte er sich seine Hemdärmel hoch und beschloss, auf einen günstigen Moment zu warten, ihr zu gestehen, dass sich alle seine Kochkünste in seiner Manteltasche befanden. In einem zehn Zoll langen, schmalen, eleganten Stab aus Weißdornholz.



Ja, ich gebs zu, ich hatte gestern keine Lust. Keine Ausreden von zu viel Schulaufgaben, einfach kein Bock. Kommt damit klar oder nicht, ich hoffe, ihr verzeiht mir und euch gefällt das etwas unspektakuläre Kapitel. Im nächsten Kapitel gibt es dann vielleicht schon die Bescherung, je nachdem, ob mir zum Heiligen Abend noch was einfällt oder nicht.

Rain (Dramione)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt