Rebellisch

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Sanft tupfte Mayisa mit einem kleinem Lappen Alkohol zum Desinfizieren auf die Wunde des Mannes vor ihr.
Das Lager der Verletzten war seit Stunden ihr Arbeitsort.
Sie hatte bereits viele Männer versorgt und deren Wunden genäht und verbunden.

Sie war Schmerzensschreie und Gezappel gewohnt, weshalb es sie nicht sonderlich stresste.
Die Arbeit erfüllte sie und gab ihr schon seit Jahren das Gefühl etwas Gutes zu tun.
Wenn auch nur für einzelne Menschen.
Sie wusste, dass trotz des Schmerzes, die jammernden Männer irgendwann erkennen würden, dass sie ihnen nur Gutes getan hatte.
Auch bewunderte sie die meisten, weil sie diese Schmerzen und diese Plagen so aushielt ohne völlig durchdrehen.
Es gehörte viel Anstand dazu sich für einen anderen in den Krieg zu stürzen und dabei das Leben zu riskieren.
Doch die meisten hier schienen froh über ihr Überleben und den Machtwechsel von Winterfell, sodass sie sich nicht besonders beklagten.

Das Mädchen war froh, dass Jon sich mit seinen Männern in den Kampf gestellt hatte.
Er stellte sich vollkommen gleich und sah sich nicht als etwas besseres an.
Mayisa wusste wie sehr es ihn davor graute Menschen zu töten und Angst musste er auch gehabt haben.
Doch Jon Schnee war kein Feigling.
Er war ein Mann von Ehre und Herzlichkeit.
Und nun war er ein König.

Ein Schlucken entwich ihr und sofort entstand ein mulmiges in ihrem Bauch.
Sie hatte es schon im Saal gespürt, als Jon zum König ausgerufen wurde.

Natürlich verdiente er diesen Titel und diese Anerkennung.
Mehr als jeder andere.

Doch musste sie auch automatisch an Robb denken.
Es schien für sie wie eine Zeitreise.

Ein Stark wurde zum König ausgerufen und dann versorgte Mayisa Verletzte.

Noch genau konnte sie sich an die Rufe erinnern, die in jener Nacht ertönten und Robb zum König des Nordens gebracht hatte.

Talisa und sie hatten gerade ihre Sachen ausgepackt und waren im Zelt angekommen.

Sie hatte ganz genau das aufgeregte Gesicht ihrer Freundin in ihrem Kopf und ihre Freude, als sie das Zelt hinausrannnte um dem Geschehen zuzuschauen.
Sie beide hatten auf einem Hügel gestanden und genau erblickt, wie sich alle Männer vor dem jungen Wolf knieten.

Robb das erste Mal zu sehen war für beide schicksalsbesiegelnd.
Talisa hatte noch Tage danach von seinen dunkelbraunen Locken und dem wohlgeformtem Gesicht geredet und auch Mayisa fand ihn beeindruckend.
Lange Zeit hatten sie natürlich kein Wort mit dem König des Nordens gewechselt und dadurch wurde er noch umso mehr eindrucksvoller auf Mayisa.
Er verlor keine einzige Schlacht und hatte für sein so junges Alter unheimliches Wissen über den Krieg.

Sie fühlte sich nicht wohl dabei, neben Jon nun zu stehen, da er nun ein König war.
Befand sie sich nun in derselben Situation wie Talisa?

Sie wusste genau, dass sie zurücktreten würde, wenn er auf eine Heirat mit einer Adligen eingehen müsste um für das Wohl des Landes zu sorgen.

Mayisa würde nicht so blind sein und die Gefahr übersehen, wie Talisa.
Sie hatte daraus gelernt und wollte ihn niemals mit Egoismus in Gefahr bringen.

Diese Gedanken und Überlegungen waren schmerzhaft.
Es versetzte sie in eine noch traurigere Stimmung, als sonst.







"Mylady."

Erschrocken wirbelte ihr Kopf herum und sie schaute in zwei braune Augen.
Es waren ihr die liebsten warmen braunen Augen auf der Welt.

Rasch erhob sich Mayisa und verbeugte sich ergiebig.
"Euer Gnaden."

Als sie in sein Gesicht blickte konnte sie erkennen wie sehr er ein Schmunzeln zurückhielt.

"Ich habe euch doch geraten euch auszuruhen, und nicht zur Arbeit zurückzukehren.
Eurem Kopf geht es bestimmt nicht gut."

Drachenfeuer | jon snowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt