Realization

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Nach einer langen Fahrt, bei der wir über einige Landstraßen gefahren sind, kamen wir an einem kleinen Hügel, abseits der Stadt an. Wir stiegen aus und liefen den steilen Weg hoch. Zugegeben, frisch operiert war das schon etwas anstrengend, aber ich wollte vor Noah nicht schwach wirken. Endlich waren wir oben angekommen, und was ich sah, verschlug mir die Sprache.

„Wow...“ Flüsterte ich. Von hier oben hatte man einen fantastischen Ausblick!

„Nicht war? Hier gehe ich immer gerne hin, wenn ich mal ein bisschen Abspannung brauche, und ich glaube, dass du die gerade ganz nötig hast.“ Sagte er und setzte sich hin.

„Was? Wieso denkst du das?“ Fragte ich und ließ mich neben ihm fallen.

„Naja, die Trennung mit Ryan? Ich kann mir vorstellen, wie dich das verletzt hat.“ Jetzt lachte ich einmal falsch auf und sah dann in die Ferne.

„Wenn es mal nur das wäre...“ Wünschte ich mir leise.

„Gibt es da etwa noch etwas?“ Fragte Noah und sah mich neugierig an.

„Oh Noah, sehr viel sogar! Aber ich will dich nicht mit meinen Problemen belasten.“ Wehrte ich ab. Irgendwie ist es ein tolles Gefühl, dass sich auch mal jemand wieder um mich kümmert. Ryan hatte zwar immer gesagt, er täte das alles ja nur für mich, und er wollte das alles nicht so, dabei hat er aber nicht ein einziges mal wirklich danach gefragt, was mich belastet. Wieso sollte er auch? Schließlich ist er ja die Ursache für meine Probleme. Ich würde so gerne sagen können, er wäre der beste Fehler meines Lebens gewesen, doch das kann ich nicht. Er ist nämlich genau das Gegenteil.

„Was? Du belastest mich doch nicht!“ Beschwichtigte er und riss mich so wieder aus meinen Gedanken. Sollte ich ihm alles erzählen? Dann würde ich mich vielleicht mal etwas besser fühlen. Aber es ist Noah... Ja, Noah mein alter Kindergartenfreund. Wieso also nicht...?

„Okay, aber du darfst es unter keinen Umständen weiter erzählen. Und schon gar nicht Ryan!“ Forderte ich.

„Versprochen!“ Lachte er.

„Gut. Also...“ Und dann erzählte ich ihm einfach alles. Von dem Internat, von der Sache mit Tony. Ja, auch von der Entführung. Und zu guter letzt erklärte ich ihm noch, weshalb ich heute zum Krankenhaus musste. Am Ende meiner Erzählung saß ein völlig fassungsloser Noah neben mir, der mich entgeistert anstarrte.

„D-du warst w-wegen... wegen deinem totem Kind im Krankenhaus?“ Stotterte er ungläubig. Traurig nickte ich. Ich hatte Recht gehabt, es fühlt sich jetzt wirklcih besser an. Die Probleme mit einem anderen Menschen zu teilen, ist um einiges leichter, als alles alleine tragen zu müssen.

„Ich wusste ja schon immer, das Ryan ein kleiner selbstsüchtiger Arsch ist, aber das er dich da hängen lässt, hätte ich nie gedacht! Und wegen der Sache mit Tony... willst du ihn denn gar nicht anzeigen?“ Fragte Noah. Anzeigen? Daran hatte ich noch gar nicht gedacht...

„Meinst du nicth, es würde alles noch schlimmer machen?“

„Für ihn ja. Für dich nicht. Wieso sollte es das denn auch? Wenn du Angst hast, das er dir dann etwas antut, kann ich dich beruhigen. Der wird sofort eingesperrt. Samt seiner ganzen Bande!“ Erklärte er mir. Die gesamte Gang? Aber Colin war doch eigentlich nett. Er hatte mich und Ryan sogar ohne ein Widerwort raus gelassen. Und er hatte sich immer um mich gekümmert, und mir nicht ein einziges mal gedroht.

„Das kann ich nicht machen, Noah. Es gibt da nämlich eine Person, die ganz und gar nicht in den Knast gehört.“

„Wen?!“ Fragte Noah verwirrt.

„Colin...“

„Colin?! Ich dachte er wäre damals auch ausgestiegen...“ Murmelte er.

„Du... kennst ihn?“ Fragte ich erstaunt. Klar, Ryan war in der Gang gewesen, aber Noah? Noah ist nicht ansatzweise so wie Ryan. Er ist eher eine brave Version von ihm. Natürlich ist Noah genauso ein Arsch wie alle anderen in seiner Clique, doch etwas illegales hatte er glaube ich noch nie gemacht. Da war er eben auch nur ein Player.

„Beca, Ryan ist mein bester Freund, schon seit ich denken kann! Natürlich haben wir das damals zusammen angefangen. Nur bin ich schon nach einem Jahr wieder ausgetreten, weil ich gemerkt habe, dass es mich kaputt macht.“

„Du?“ Kicherte ich. Jetzt runzelte er die Stirn.

„Ja...?“ Sagte er verwirrt. Jetzt musste ich wirklich lachen. Noah als Gangster. Diese Vorstellung ist wirklich total surreal!

„Hey, du kannst ja wieder lachen!“ Freute sich Noah. Na toll, jetzt hat er mich an meine derzeitige Lage erinnert.

„Jetzt hast du es zerstört!“ Mauelte ich.

„Tut mir leid... Aber wir haben das sowieso nicht geklärt. Du willst wirklich Tony wirklich ungestraft davon kommen lassen, nur weil Colin dann auch Probleme bekommt? Beca, das ist verrückt!“

„Aber Unschuldige sollen nicht hinter Gitter kommen!“ Sagte ich.

„Na und? Er ist doch selber Schuld, das er da mit drinnen ist. Er hätte ja schon längst austreten können! Mit gegangen, mit gehangen!“ Erklärte er.

„Das ist aber moralisch unkorrekt, Noah!“ Beschwerte ich mich. Ich kann nicht einfach Unschuldige mit ins Gefängnis bringen!

„Bist du der Papst, oder was? Beca, denk doch mal daran, was dir wegen Tony passiert ist. Willst du dich denn gar nicht für dein Kind rächen?“ Fragte er. Und sofort schaltete mein Gehirn um. Er hat Recht! Wegen Tony ist mein Kind jetzt tot.

„Du hast Recht, ich muss ihn anzeigen!“ Rief ich und sprang auf.

„Wo willst du denn jetzt hin?“ Fragte Noah und stand auch langsam auf.

„Zur Polizei?!“

„Was, jetzt noch? Du weißt, es ist schon halb neun, und die nächste Wache ist ne Stunde entfernt?“ Klärte Noah mich auf. Schon so spät? Ich muss noch alles meine Eltern erklären...

„Oh mein Gott, Noah! Ich muss schnell nach Hause. Meine Eltern sterben bestimmt schonv vor Sorge. Ich war für fast vier Tage verschwunden, da sollte ich mich langsam mal sehen lassen!“ Sagte ich panisch und lief schnell zum Auto. Noah kam eben so schenll hinter mit her und startete den Wagen.

„Und was wirst du deinen Eltern jetzt erzählen? Das mit Tony kannst du jedenfalls unter keinen Umständen erzählen!“

„Ich... werde einfach sagen, das ich bei Claire übernachtet habe. Und wenn sie sagen, dass sie davon nichts wussten, sage ich ihnen das ich ihnen das schon vor ein paar Wochen erzählt habe, und sie es wahrscheinlich vergessen haben.“ Ratterte ich herunter. Ein... wundervoller Plan!

„Wenn du meinst, das dass funktioniert...“

Das werde ich einfach hoffen... Ich schrieb Claire noch schnell eine Sms, damit sie auch Bescheid weiß, falls meine Eltern auf die Idee kommen, sie anzurufen. Nach einer Weile, als es schon dunkel war, kamen wir endlcih bei mir zu Hause an. Jetzt kann es also losgehen...

Drunk by Love *Where stories live. Discover now