27.Kapitel

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Sobald ich den Raum betrat sah ich gar nichts mehr, bis sich meine Augen langsam an die Dunkelheit gewöhnten und meine Sicht wieder schärfer wurde.
Wäre ich kein Vampir, würde ich vermutlich rein gar nichts sehen.
Allerdings konnte ich nur Umrisse erkennen, was mir trotzdem schon sehr weiterhalf, denn sonst wäre ich wahrscheinlich über der Stuhl gestolpert, der einfach so mitten in meinem Weg stand.
Ich schlich solange auf Zehenspitzen weiter, bis ich in einer Ecke ein kleines Regal stehen sah und versteckte mich dahinter.
Das entpuppte sich bald darauf als gute Entscheidung, denn ich sah einen der älteren Schüler umherirren und jeden jüngeren Vampir zusammenschlagen, der ihm über den Weg lief.
Gequält biss ich mir auf die Lippe und versuchte die Schreie der Mitschüler zu ignorieren. Ich musste ganze Arbeit leisten um dem Drang, aufzustehen und den Anderen zu helfen, zu widerstehen. Es würde mir nichts bringen, am Ende wäre ich auch noch gezwungen meine Kampftechnik gegen sie zu verwenden und das wollte ich so lange wie möglich hinauszögern.
“Ich habe lange auf diesen Moment gewartet!“, erklang plötzlich eine hinterhältige Stimme und ich lugte gespannt aus meinem Versteck.
“Dann komm doch!“, höhnte der ältere Schüler und trat auf Ace zu, der ihm nun gegenüberstand.
Bevor sich Ace wehren konnte, war der Andere schon bei ihm und die zwei lieferten mir einen einzigartigen Kampf. Sollten sie sich doch gegenseitig bekämpfen, dann musste ich sie schon mal nicht ausschalten!
Mit dieser Einstellung kauerte ich mich in die Ecke und ließ den anderen Schülern ihren Spaß.
Doch plötzlich hörte ich Ace laut aufschreien, sodass ich hinter dem Regal hervorsah und mir der Atem stockte. Der ältere Schüler hatte Cole an die Wand gedrückt und ihn gebissen. Ace zappelte wie verrückt, doch der andere ließ sich in seinem Rausch nicht beirren und trank sein Blut, bis er ihn schließlich fallen ließ und sich das Blut aus den Mundwinkeln wischte. Wie konnte er es wagen einen anderen Vampir zu beißen, während er noch bei Sinnen war? Natürlich war ich damals nicht viel besser gewesen, jedoch beruhigte ich mich damit, dass es unabsichtlich war. Schockiert beobachtete ich wie er verschwand und sich wahrscheinlich nach seinem nächsten Opfer umsah.
Nachdem sich in meinem Blickfeld die Lage beruhigt hatte, erlaubte ich es mir wieder regelmäßig zu atmen.
Gründlich ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen und blieb an einem Rotschopf hängen, welcher unter einer Bank, nicht weit von mir entfernt, kauerte. Serilda! Ich zischte leise und lenkte so ihre Aufmerksamkeit auf mich, doch sie brauchte ein paar Augenblicke um mich zu erkennen. Ich hob einen Daumen um ihr klarzumachen, dass sie eine gute Entscheidung getroffen hatte, indem sie sich versteckte.
Sie lächelte und stieß mit dem Fuß unglücklich gegen das Bein der Bank, wodurch diese bedrohlich ächzte.
Im nächsten Moment handelte ich sehr unüberlegt und schlich auf Serildas Versteck zu.
“Wen haben wir denn da?“, fragte plötzlich jemand so dicht hinter mir, dass ich nach vorne stolperte.
Ertappt sah ich in zwei dunkelbraune Augen, die mich besonders kampflustig anstarrten.
Inmerlich verfluchte ich mich darfür, dass ich nicht einfach hinter dem Regal geblieben war. Wie hatte ich nur so dumm sein können?
Bevor ich auch nur mit der Wimper zucken konnte, bekam ich einen kräftigen Schlag gegen die Brust ab und krachte nach hinten gegen das Regal. Dieses hielt meinem Aufprall nicht stand, sondern fiel in sich zusammen, sodass sich einige Holzssplitter schmerzhaft in meine Hand bohrten. Durch den heftigen Schlag wurde allerdings mein Kampfgeist geweckt, sodass ich mich gekonnt abrollte und nicht wie ein erbärmlicher Sack auf den Boden klatschte. Ich landete in der Hocke, mein linkes Bein von mir gestreckt und war insgeheim froh, dass ich mich heute für eine Leggings statt einer Jeans entschieden hatte.
Er wollte einen Kampf? Den konnte er haben!
Zähnefletschend griff ich nach einem Holzbrett, das neben mir auf dem Rest des Regals lag und sah meinem Gegner mordlustig in die Augen. Ich war mir sicher, dass er das vorfreudige Funkeln in meinem Blick gesehen hatte, denn seine selbstsichere Fassade bröckelte einen Moment und ich konnte etwas Unsicherheit in seinem Gesicht ablesen.
Ich merkte wie ich immer mehr in meinem Element war, denn seine kurze Unsicherheit spornte mich noch mehr an.
“So nicht mein Freund!“, knurrte ich wütend und wie eine Katze schlich ich lautlos auf ihn zu. Der Typ sah das als Kampfstart und griff mich direkt von vorne an. Wäre ich ungeübt gewesen hätte er mich mit seinem nächsten Schlag sicher von den Socken gehauen, aber mit meinem Training sah das anders aus. Er machte einen Schritt auf mich zu und zielte mit seiner Faust auf meinen Bauch. Ich grinste ehe ich nach rechts auswich. Zu offensichtlich. Verdattert durch seinen Misserfolg und durch die Kraft seines Schlages, welcher ins Leere ging, wirbelte er einmal um seine eigene Achse herum und ich sah seinen anderen Arm auf mein Gesicht zukommen. Schnell beugte ich meinen Rücken durch und ließ meinen Kopf nach hinten fallen, sodass mich auch sein zweiter Schlag verfehlte. Das Ganze sah für mich nicht länger aus wie eine Prügelei, eher wie ein Tanz - eine besondere Abfolge von Schritten und Bewegungen, der man einfach nur ganz genau folgen musste. Etwas, das mich Sir Mathis gelehrt hatte. Oh mann, ich verdankte dem alten Kerl echt was!
Der Typ taumelte in meine Richtung, sodass ich zur Seite tänzelte und das Brett in meiner Hand gegen seinen Schädel rammte. Ohne den geringsten Laut ging er zu Boden und blieb bewegungslos liegen. Das Brett ließ ich achtlos neben ihn fallen, denn ich benötigte es nicht mehr, auch wenn es mir gute Dienste geleistet hatte.
Noch bevor ich zu Serilda gehen konnte, stieß diese einen schmerzvollen Schrei aus und ich wirbelte erschrocken herum.
Alec, ein enger Freund von Ace stand über der Bank unter der Serilda lag und zerrte sie an den Haaren aus ihrem Versteck hervor. Und ich hatte Alec immer für eine nette Person gehalten, aber anscheinend machte uns dieser Wettkampf alle zu Killern, obwohl wir eigentlich niemanden umbrachten. Jedoch war ich mir mit einem kurz Blick auf Aces leblosen Körper nicht sicher, ob er noch lebte, denn ihm wurde ziemlich lange das Blut ausgesaugt. Bedauerlich sah ich zwischen ihm und Serilda hin und her. Wieso konnte ich denn keine Hilfe holen, es sah aus als würde sein Leben davon abhängen, dass jemand möglichst schnell die restlichen Vampire besiegt.
“Dachtest wohl du kannst dich verstecken hm?“ Sie sah ihn mit angsterfülltem Blick an und schrie wie am Spieß, denn er hatte seine Hand immer noch in ihrem Haar. Das musste verdammt wehtun! Ehe er sich versah, hatte sie sich ihm entrissen und biss ihm in die Hand, sodass er schmerzerfüllt aufkeuchte. “Was fällt dir ein!“, schrie er sie an und schlug ihr mit der Faust ins Gesicht. Ich sah geschockt zu, wie Serilda Blut spuckte und in sich zusammensackte. Ich kannte sie zwar erst seit heute, doch sie hatte das ganz bestimmt nicht verdient. Niemand hatte es überhaupt verdient von seinen Mitschülern zusammengeschlagen zu werden!
Offensichtlich waren Vampire verwundbarer, je jünger sie waren.
Brüllend rannte ich auf ihn zu und schleuderte ihn gegen die nächliegende Wand, welche erstaunlicherweise aus verdunkelten Glas bestand. Das war mir jedenfalls nicht aufgefallen.
Durch die Wucht mit der er aufschlug, zerbrach zu meiner Überraschung das Glas in tausend kleine Scherben und Ace krachte in den sich dahinter befindenden Raum. Grelles Licht blendete mich, sodass ich kurz die Augen zusammenkneifen musste. Da hatte ich aber ordentlich zugeschlagen, wenn das Sir Mathis erfuhr!
Erst da bemerkte ich, dass sich in dem Raum drei Personen befanden. Akila Maleski, Lady Devone und ein Wächter betrachteten den bewusstlosen Ace zu ihren Füßen und richteten dass gleichzeitig ihre Blicke auf mich, als wäre ich von allen guten Geistern verlassen.
“Was?“, fragte ich verwundert. Wahrscheinlich hatte noch nie ein Schüler einen solchen Auftritt hingelegt, aber eine Person durch eine Glaswand zu katapultieren, war für einen Vampir eine weniger große Sache.
“Das Glas hätte nicht zerbrechen dürfen!“ Maleski war die Erste, die  ihre Sprache wiederfand.
Was war denn so besonders an diesem Glas? Fragend wanderte mein Blick zu meiner Oma, doch diese sagte nur: “Ich schätze wohl wir haben einen eindeutigen Sieger in Gruppe drei.“

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