48. Kapitel

941 44 0
                                    

Starr vor Schreck beobachtete ich wie Jake das Blut vom Dolch leckte und Mum stöhnend zu seinen Füßen am Boden lag.
“Was um Himmels Willen?“
Ich konnte die Stimme nicht zuordnen, sondern sah wie aus einer  unbeweglichen Hülle heraus zu wie ein Wächter Jake ergriff und die beiden sich duellierten.
Wie durch Zauberhand spürte ich die Muskeln in meinen Beinen plötzlich wieder, sodass ich zu Mum rannte und mich neben sie in den Dreck fallen ließ.
Ich ignorierte den kalten Tau, der meine Hose durchnässte und die Erde, welche durch den Kampf aufgelockert worden war und meiner Jeans einen dunkelbraunen Teint verpasste. Leah Chase blinzelte und lächelte schwach, als ich ihren Kopf mit der linken Hand stützte, damit dieser nicht im kalten Schlamm des feuchten Wiesenuntergrunds liegen musste.
Der kalte und gleichgültige Ausdruck in ihren Augen war verschwunden.
“Mum“, weinte ich flehend, als könnte dies irgendetwas an der Situationen ändern.
Panisch drückte ich auf die Wunde über ihrem Herzen, aus der immer mehr Blut quoll.
Mehr und mehr dunkelrote Flüssigkeit floss aus dem Stich und färbte das dreckige Gras braunrot.
“Violet...ich bin so stolz auf dich, bitte vergiss das nie“, krächzte sie und lächelte friedvoll, obwohl sie höllische Schmerzen haben musste. Ich blendete aus, dass dies ein Abschied sein sollte und hatte nur im Kopf, dass sie viel zu viel Blut verlor.
“Nein! Mum, du kannst nicht gehen, wie soll ich das nur ohne dich hinbekommen?“
Mit größter Anstrengung legte sie ihre Hand auf meine, die über der Wunde verweilte und versuchte diese langsam wegzuschieben, doch ich ließ nicht los.
“Du bist stark, du schaffst das! Verschwende deine Zeit nicht damit um mich zu trauern...“
Sie hustete kurz und richtete ihren Blick auf etwas hinter mir.
“Pass gut auf meine Tochter auf!“
Bevor sie noch etwas sagen konnte, schluckte sie heftig und kniff die Augen zusammen. Eine salzige Träne kullerte die aufgeschrammte Haut ihrer Wange hinab und tropfte schließlich ins Gras.
Reglos kniete ich neben ihr und sah zu wie ihr Atem versiegte und das Leben ihren Körper verließ.
Leah Chase verstarb an Ort und Stelle.
Ich stieß einen schmerzerfüllten Schrei aus und ließ meinen Tränen freien Lauf. Als ich hochsah, erkannte ich wie meine Oma wie versteinert dastand und ihre Tochter ungläubig anstarrte.
Mein Blick sank wie erstarrt auf den toten Körper meiner Mutter vor mir.
Eine Bewegung ließ meinen Kopf hochschnellen.
“WAS IST FALSCH MIT DIR?“, schrie ich Jake an, der uns in einiger Entfernung stehend angrinste.
“Wenn du dir das jetzt immer noch nicht denken kannst, bist du wirklich um einiges dümmer als ich angenommen habe“, erwiderte er.
Als ich nicht antworte, sprach er weiter: “Als mein Opa starb, hat er mir zahlreiche Schriften und Tagebücher hinterlassen, indem er jede kleinste schmutzige Tat von euch Vampiren aufgeschrieben hat! Nachdem ich herausfand, dass er ein Dryadoge war, versuchte ich Eldon davon zu überzeugen, mich ihm anschließen zu dürfen, doch er vertraute mir nicht. Was ja auch kein Wunder ist, nach allem was ihm die Vampire angetan haben! Als ich von dir hörte, Violet, da wusste ich, dass meine Chance gekommen war! Leider verlief nicht alles nach Plan, aber diese blöden kleinen Gören meinten frech zu mir sein zu müssen, weshalb sie nichts anderes als den Tod verdient haben! Du weißt gar nicht wie befriedigend es ist, wenn derjenige weiß, dass du ihn umbringen wirst und er sich nicht wehren kann!“ Er lachte böse und verzog sein Gesicht wie vom Wahnsinn ergriffen.
Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte!
“Der Wolf...“, flüsterte ich, als es mir schließlich dämmerte. Es war alles so offensichtlich gewesen, so knapp vor meinen Augen und ich blöde Kuh hatte es nicht begriffen!
“Oh ja. Kurz bevor wir spazieren gegangen sind, habe ich ihn aufs Gelände gelassen, damit er dir etwas Angst einjagt und dir nachher niemand glaubt, als er wieder verschwunden ist. Hat doch prima geklappt, nicht?“
Er strich sich die Haare aus dem Gesicht.
Das war der Junge von dem ich kurze Zeit dachte, ich sei in ihn verliebt!
Ich unterdrückte ein Würgen.
“Erinnerst du dich noch an den Blugu? Ihr habt nie herausgefunden, dass ich es war, der ihn hereingelassen hat. Er sollte dich eigentlich so schwer verletzen, dass ich ihn in letzter Sekunde bezwingen konnte, doch du hast mit deiner dummen Verteidigungsaktion alles ruiniert! Zum Glück ergab sich dann die Möglichkeit den Verdacht auf deine hübsche Partnerin zu lenken, die mir sowieso schon die ganze Zeit im Weg war.“
Es ergab plötzlich alles so viel mehr Sinn, wenn ich auf die letzten Monate zurückblickte. Doch eine Sache eröffnete sich mir nicht.
“Warum?“, fragte ich leise, woraufhin ein höhnisches Lachen ertönte.
“Warum?! Weil ihr Vampire alle nur Menschen mit einem Virus seid, die Eldon und seinen Anhängern nur Schaden zufügen. Ich bin nicht der Erste der für eure Ausrottung kämpft!“
“Hast du vergessen, dass du auch ein Vampir bist?!“ Fast hätte ich gelacht.
Ich konnte einfach nicht glauben, dass ich diesen Wahnsinn auf zwei Beinen jemals attraktiv gefunden hatte!
“Ich bin besser als ihr, immerhin helfe ich dem wahren König, der wieder Frieden auf Erden einkehren lässt!“
“Bist du dir da sicher?“, fragte Lady Devone höhnisch und spitzte spöttisch die Lippen.
Jake knetete seine Finger, während er sagte: “Versuchen Sie jetzt den Helden zu spielen, damit ich mich ergebe? Wo Sie es doch nicht einmal geschafft haben Ihre Töchter zu retten? Wissen Sie eigentlich wie viel Spaß es mir gemacht hat Lynne aufzulauern und ihre Schreie zu genießen, als ich sie gefoltert habe? Als sie dachte sie jage einen Dryadogen und erkannte, dass sie in eine Falle getappt war. Wie sie mich angefleht hat aufzuhören, obwohl sie wusste, dass sie keine Chance hatte? Wie musste sie sich wohl gefühlt haben, in den unzähligen Stunden des Wartens und Hoffens, dass sie doch noch jemand retten kommt? Als ich ihr dann endlich den lang ersehnten Todesstoß gab...“
Weiter kam er nicht, denn Lady Devone rastete komplett aus und warf sich auf ihn. Sie zerrte ihn zu Boden und riss ihm wutverzerrt die Kehle auf. Blutüberströmt schleuderte er sie von sich, sodass sie gegen einen Baum krachte und es knackte. Ich hoffte sehr, dass dies der Baum gewesen war!
Blitzschnell hatte sie sich wieder gefangen und attackierte ihn erneut. Diesmal stürzte sie sich mit deutlich mehr Kraft auf ihn, sodass er wieder zu Boden ging bevor er sich aufrappeln konnte.
Die Kanzlerin nagelte seine Arme mit ihren Fingern in die Erde, damit er nicht fähig war sich zu verteidigen, während sie sich wieder unhaltbar seinem Hals widmete. Ich stand wie angewurzelt daneben und sah zu, wie seine verzweifelten Zuckungen mehr und mehr nachließen. Erst als er keinen Mucks mehr machte und aufgehört hatte zu zappeln, ließ sie von ihm ab und unterbrach das Trinken seines Blutes.
Sie machte sich nicht die Mühe das Blut, das ihr aus dem Mund lief wegzuwischen, sondern sank einige Meter entfernt von Jakes Leiche ins Gras.
Wie hatte Jake es nur geschafft Lynne zu fangen und zu töten, wenn selbst ich ihn nach einiger Anstrengung im Wettkampf besiegen konnte?
Dies würden wir wohl niemals erfahren und ich hasste mich dafür, dass ich nicht erkannt hatte was hinter all dem steckte.
Zitternd zwang ich mich aufzustehen und lief auf wackligen Beinen zu ihr hinüber.
Meine Augen brannten inzwischen von den ganzen Tränen, die ich vergossen hatte und ich hatte das Gefühl keine einzige Träne mehr übrig zu haben, weshalb ich nur noch Schluchzte.
Ich fiel neben ihr auf die Knie und sah sie an.
Vereinzelte, salzige Tränen liefen ihre Wange hinunter und vermischten sich mit Jakes Blut an ihrem Mund. Traurig und verletzt umarmte ich sie und fragte mich zum ersten Mal in meinem Leben warum ich überhaupt geboren worden war, wenn ich dies alles ertragen musste!

The Vampire World Tahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon