47. Kapitel

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Als der Alarm losging war es kurz nach dem Mittagessen, als sich alle auf ihre Zimmer zurückgezogen hatten, um sich ihren Hausaufgaben zu widmen oder was wusste ich was mit ihren Freunden zu machen.
Das laute, schrille Geräusch ließ mich zusammenzucken, als ich aus der Dusche gekommen war und mich gerade angezogen hatte.
Schnell zog ich meine schwarzen Sneakers an und rannte die Treppe hinunter um herauszufinden was los war.
“Was ist los?“, schrie ich Liz zu, die in der Eingangshalle auf mich zugerannt kam.
Ihre langen, strohblonden Haare waren zu einem unordentlichen Zopf gebunden und sie trug ein weißes Shirt mit einer normalen blauen Jeans.
“Ich weiß es nicht, ich habe Lady Devone in Richtung Keller eilen sehen, vielleicht stimmt dort etwas nicht.“
Im Keller befanden sich die Gefangenen...das bedeutete auch meiner Mutter.
Ohne ein weiteres Wort rannte ich in den Keller und bremste ab als ich meine Oma über einem Wächter vor Mums Zelle gebeugt sah. Der Mann saß an der Wand, hatte die Augen vor Schreck weit aufgerissen und um ihn herum war überall Blut.
Die Tür zu Mums Zelle stand weit offen.
“Oma?“, fragte ich einfach nur.
Sie richtete sich auf und beäugte Liz und mich fassungslos.
Ich war mir durchaus bewusst, dass dieser Ausdruck der Erschütterung nicht uns galt.
“Leah ist weg. Garrow hat den Alarm ausgelöst, kurz bevor ihn jemand ermordet hat.“
“Hat Mum das getan?“
Bitte nicht!
“Sie hatte Hilfe.“
Was war hier los? Oh nein...
“Lady Devone! Draußen ist die Hölle los, es sind einige Dryadogen da und Ms Chase ist frei und...“, schrie hinter uns eine Schülerin atemlos und brach ab um Luft zu holen.
“Wo?“, fragte Lady Devone nachdrücklich und ließ der Schülerin somit keine Zeit sich wieder zu fangen.
“In der Nähe des Tors. Die Wächter haben es geschlossen, damit niemand durchkommt!“
Meine Oma wandte sich an mich: “Hast du deine Klingen dabei?“
“Ja?“
“Gut, denn die wirst du brauchen!“
Sie griff an den Gürtel ihrer Hose und zog einen schwarzen längeren Griff hervor. Sobald sie ihn in fest in der Hand hatte, klappte daraus ein langes, breites Messer auf, das mich an ein etwas kürzeres Schwert erinnerte.
Alles klar.
Seit wann trug meine Oma Waffen bei sich?
Ohne weitere Zeit zu verschwenden rannte sie an uns vorbei und wir eilten ihr hinterher, wobei ich meine Klingen vorsichtshalber aus dem Gürtel zog.
Man wollte ja vermeiden gleich abgestochen zu werden!
Je näher wir dem Tor kamen, desto deutlicher hörten wir Kampf- und Schmerzensschreie.
Ohne abzubremsen rannte Oma in einem Affentempo auf das geschlossene Tor zu. Ich warf Liz einen fragenden Blick zu. Wollte sie etwa ins Tor hineinrennen?
Doch wider meiner Befürchtungen sprang sie kurz vorher ab und flog schwerelos über das Tor.
Erstaunt starrte ich sie an, als sie auf beiden Beinen auf der anderen Seite landete.
Es überraschte mich jedes Mal aufs Neue wie fit sie für ihr Alter war, obwohl man ihr dieses nicht einmal ansatzweise ansah.
Da sie keine Anstalten machte das Ding für uns zu öffnen, blieb uns wohl im Moment nichts anderes übrig als es ihr gleichzutun.
Sobald ich abgesprungen war kniff ich ängstlich die Augen zu und hoffte nicht von den Drähten und Zinnen des Tors aufgespießt zu werden.
Überraschenderweise spürte ich jedoch schnell wieder festen Boden unter meinen Füßen, anstatt einen Eisenpflock in meinem Körper und öffnete meine Augen. Hier herrschte das reinste Chaos. Wächter kämpften gegen Dryadogen, obwohl sich deren Anzahl sogar in Grenzen hielt. Das konnte nicht der finale Kampf sein, dafür waren es viel zu wenige.
Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, griff mich auch schon einer der Dryadogen an, sodass ich herumwirbelte und mich mit meinen Klingen verteidigte.
Es dauerte nicht lange bis ich seine Schwachstelle herausgefunden hatte und sein Körper zu Boden fiel.
Ein anderer Dryadoge brüllte wütend als er seinen Kollegen am Boden liegen sah und machte einen Schritt auf mich zu. Doch weit kam er nicht, denn Oma tauchte hinter ihm auf und schlug ihm mit einer Hand, in der sie einen einfachen, spitzen Stock hielt, den Kopf ab und mit der anderen, in der sie dieses Schwert hielt beendete sie einen weiteren Dryadogen der sie seitlich angriff.
Meine erste Frage würde wohl lauten woher und warum sie diesen Stock in der Hand hatte und meine zweite wäre gewesen mit welcher Kraft sie es bitte geschafft hatte mit einem einfachen Stock dieser Kreatur den Kopf abzuschlagen?!
Aber gut, ich wusste selbst nicht wieso mich an ihr noch irgendetwas wunderte.
“Das...war brutal!“, kommentierte ich ihre Aktion mit weit geöffneten Augen.
“Harte Zeiten erfordern harte Maßnahmen!“
Das entsprach wohl der Wahrheit.
Wir kämpften uns durch einen Dryadogen nach dem anderen, ohne großen Schaden davonzutragen. Ich hatte zwar nicht viel darüber nachgedacht, aber Lady Devone war höllisch gut. Sie bewegte sich schnell wie der Blitz und ihre Schläge waren so präzise, dass es dem Gegner nicht möglich war auszuweichen geschweige denn lange durchzuhalten. Aber vermutlich lag das daran, dass sie auch über 300 Jahre Zeit gehabt hatte zu üben.
Damit würde ich niemals mithalten können, aber das war mir im Moment ziemlich egal solange wir Fortschritte machten.
Meine Klamotten waren inzwischen über und über mit Blut bedeckt, sodass man denken konnte ich trug ein rotes Oberteil.
Oma und ich blieben abrupt stehen, als plötzlich meine Mum einige Meter entfernt vor uns auftauchte.
Ihre blonden Haare standen ihr zerzaust vom Kopf ab und auf ihrer Stirn prangte eine Platzwunde aus der ihr immer noch Blut über das Gesicht bis zum Kinn lief und schließlich auf den Boden tropfte. Sie schien das jedoch keineswegs zu stören.
Ihre Haut war ziemlich blass, was wahrscheinlich davon kam, dass sie längere Zeit nicht mehr draußen gewesen war.
Sie hatte keine Waffe bei sich, dennoch sah sie aus als wolle sie kämpfen. Allerdings nicht auf unserer Seite.
“Leah...“, versuchte Lady Devone ihre Tochter zu beruhigen, welche uns mit wildem Blick ins Visier nahm.
Ich schüttelte langsam den Kopf, da ich nicht wusste wie ich sie daran hindern sollte uns anzugreifen.
Erst jetzt bemerkte ich die schlanke, bekannte Gestalt in ihrer Nähe, die uns mit blauen Augen beobachtete.
Was stand Jake denn da so herum? Er hätte doch von seiner Position aus locker die Möglichkeit meine Mutter zu überraschen und zu fesseln.
Mein Blick wanderte zwischen Jake und meiner Mum hin und her.
Ich versuchte ihm stumm zu signalisieren was er tun sollte, doch er bewegte sich keinen Zentimeter.
Als Mum jedoch einen Schritt auf uns zu machte, ging ein Ruck durch Jakes Körper und er stürzte sich auf sie.
Meine anfängliche Hoffnung verwandelte sich schlagartig in puren Schock als ich mit ansehen musste, wie Jake einen Dolch zückte und diesen in Mums Herz rammte.
Hämisch grinsend richtete er sich auf und ließ sie achtlos zur Seite fallen.

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