45 | Wann sind Trigger-Warnungen empfehlenswert?

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Hallo, ihr Menschen da draußen.

In der heutigen Ausgabe werde ich mich nackig machen, eine Art Soul-Striptease hinlegen. Denn es geht um Trigger und wie man mit ihnen in der Literaturwelt umgehen sollte. Ich bin mir bewusst, dass dieses Thema unheimlich persönlich und individuell ist, und möchte es deshalb auch so angehen. Doch bevor die eigentliche Grundsatzdiskussion um die Notwendigkeit sogenannter Trigger-Warnungen losgehen kann, möchte ich euch ein wenig darüber erzählen, was dieses komische Wort überhaupt bedeutet und wie Trigger(-Warnungen) in konventionellen Medien und der allgemeinen Öffentlichkeit behandelt werden. Doch letztendlich kommt es zur großen Frage: Soll ich meine Leser Watte packen oder sie einfach mal ins kalte Wasser werfen und schauen, was passiert? Beide Optionen wirken auf den ersten Blick nicht wie die perfekte Pauschallösung, weshalb ich sie gleichermaßen erläutern möchte. Zu guter Letzt folgt meine persönliche Einstellung zur Thematik. Ich wünsche euch ein angenehmes Leseerlebnis.

Ach, und im Voraus: Vielleicht wäre an dieser Stelle eine Trigger-Warnung angemessen, immerhin werden in dieser Ausgabe auch recht sensible Themen angesprochen. Aber ist die denn jetzt wirklich nötig? Bin ich zu übervorsichtig? Wir werden sehen.


45.1 | Was sind Trigger?

Einige von euch wissen vielleicht gar nicht mal so genau, was Trigger denn eigentlich sind, und haben das Vorwort zu diesem Kapitel mit einem großen Fragezeichen im Gesicht überflogen. Keine Sorge, denn hier erhaltet ihr endlich eure langersehnte Antwort. "Trigger" ist das englische Wort für "Auslöse-/ bzw. Schlüsselreiz" und besagt in etwa, das eine bestimmte Handlung, ein Satz oder auch nur ein einzelnes Wort etwas in einem Menschen auslösen. Die müssen nicht gleich negativ behaftet sein. Wenn ich das Wort "Schokolade" höre, flammen in mir Bilder von einem kuscheligen und verregneten Herbstnachmittag auf der Couch auf, den ich mit einer heißen Tasse Kakao und einem Serienmarathon verbracht habe.

Meine 1. Frage: Welche positiven Trigger fallen euch spontan ein?

Gefährlicher wird das mit den Triggern allerdings, wenn statt "Schokolade" der Satz "Komm schon, du willst es doch auch" in beispielsweise einer Werbekampagne auftaucht, in dem ein Produkt als unersetzlich angepriesen wird. Diesen Satz verbinden viele Opfer sexueller Gewalt mit Äußerungen des Täters kurz vor oder während des Tathergangs, weshalb in dem Moment, wenn der Werbesprecher diesen Satz äußert, ein negativer Trigger in ihnen losgetreten wird. Möglicherweise werden sie in den Moment des Übergriffs zurückgeworfen oder sehen den Täter erneut vor sich, was ein Trauma erwecken kann, dessen sie sich vorher vielleicht nicht einmal aktiv bewusst gewesen waren. Deshalb gilt es an den Medien, eine gewisse Sensibilisierung für die große und oft viel zu undurchsichtige Thematik der Trigger und Traumata zu entwickeln.


45.2 | Trigger-Warnungen in Medien und Öffentlichkeit

"Der folgende Film enthält explizite Darstellung von Gewalt/ Sex, die auf einige Zuschauer verstörend wirken könnten" oder "Der folgende Film enthält Inhalte, die für Zuschauer unter 16 Jahren nicht geeignet sind" sind Sätze, die beinahe ein jeder von uns schon einmal im Fernsehen gesehen hat. Doch Trigger-Warnungen beschränken sich nicht nur auf das Medium Fernsehen, auch wenn es hier am offensichtlichsten scheint. Doch denken wir nur einmal an Bücher und die dazugehörigen Altersempfehlungen. Auch wenn hier nicht explizit gesagt wird, dass diese und jene Themen vorkommen, enthält ein Buch ab 16 durchschnittlich gesehen mit Sicherheit mehr gewalttätige oder sexuelle Anspielungen, bzw. Handlungsstränge als ein Kinderbuch.

Auch im realen Leben verwenden wir Trigger-Warnungen öfter, als uns vielleicht bewusst ist. Stellt euch vor, der Hund und treue Wegbegleiter eures besten Freundes ist vor wenigen Tagen gestorben und ihr seid mit eurer Clique unterwegs. Auf einmal beginnt einer der Bekannten davon zu sprechen, wie sehr ihn sein Australian Shepherd nervt und dass er ihn manchmal am liebsten aus dem Haus schmeißen würde. Natürlich würdet ihr unter den Umständen nicht zustimmend in die Diskussion einfallen und etwas ähnlich Gedankenloses äußern, selbst wenn ihr es natürlich nie tatsächlich tun würdet, sondern den Bekannten stattdessen verbal oder nonverbal darauf hinweisen, wer sich in eurer Anwesenheit befindet, um das Thema schnellstmöglich auf ein Thema zu lenken, das euren Freund nicht emotional belasten würde.

P.C.'s SchreibratgeberWhere stories live. Discover now