Teil 24 - Verbündete

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Nebel war am Abend vom Pontar her aufgezogen und dämpfte die Geräusche der Schritte der beiden Frauen, die in ihre Mäntel gehüllt und die Gesichter hinter weiten Kapuzen verborgen durch die Gassen von Oxenfurt eilten. Nach Einbruch der Dunkelheit wurde es auch jetzt im Frühling immer noch unangenehm kalt und die klamme Feuchtigkeit des Nebels verstärkte diesen Eindruck noch mehr.

Thalia und Shani waren froh, der Kälte zu entkommen, als sie den warmen, einladenden Gastraum der 'Alchemie' betraten. Die beiden blickten sich zunächst um - zu dieser Stunde war das Gasthaus gut besucht, an den zahlreichen Tischen saßen Reisende, Studenten und andere Universitätsangehörige. Thalia erkannte viele der Anwesenden wieder. Sie bedeutete Shani, einen der freien Tische an der Seite des Raums zu wählen. Die vom Nebel feuchten Mäntel hängten sie über die Lehnen der Stühle und orderten ihre Getränke.

"Ganz schön viele bekannte Gesichter heute hier", raunte Shani Thalia zu.

"Damit war zu rechnen. Eskel hat sich ja leider ein Zimmer in einer der beliebtesten Gaststätten der Stadt ausgesucht. Aber es wird schon niemand Verdacht schöpfen. Du weißt doch: Frauen gehen doch immer zu zweit auf den Abort ..." Sie zwinkerte Shani schelmisch zu.

Als die beiden wenig später den Weg zum hinteren Bereich der Gaststätte einschlugen und in den Korridor traten, bogen sie jedoch nicht zu den separierten Abtritten ab, sondern stiegen die Treppe zu den Nachtquartieren hoch.

Thalia klopfte sacht an die Tür zu Zimmer 7.

Fast augenblicklich öffnete Eskel - anscheinend hatte er sie bereits wieder einmal anhand ihrer Schritte erkannt. Thalia umarmte ihn sofort, als sie das Zimmer betrat. Eskel drückte sie an sich und seufzte zufrieden. Dann fiel sein Blick auf Shani, die die Tür hinter sich schloss und Eskel freundlich zulächelte.

"Äh ... du hast eine Freundin mitgebracht?"

Thalia löste sich halb aus seiner Umarmung, den linken Arm jedoch weiterhin um ihn geschlungen.

"Das ist Shani, ich hatte dir schon einmal von ihr erzählt. Sie ist Medizinerin an der Universität. Falls mich wirklich jemand beobachten sollte, war es unauffälliger, nicht allein in eine Gaststätte zu gehen. Außerdem könnte sie uns vielleicht helfen. Eskel ..." Sie blickte ihn nach Worten suchend an. "Lambert ist im Gefängnis. Zusammen mit dieser Zauberin Keira Metz."

Das Lächeln verschwand sofort von Eskels Gesicht. "Lambert? Er ist hier? Wieso wurde er festgenommen?"

"Er hat versucht, Keira vor den Hexenjägern zu beschützen, als er zusammen mit ihr in Novigrad war."

"Hexenjäger? Ich dachte, deren Zeit wäre vorbei ..."

"Die Regierung hat sie wohl wieder eingesetzt. Zusammen mit dem Orden des Ewigen Feuers. Als wenn sie nur darauf gewartet hätten ... Sie haben bereits einen Teil des Gefängnisses übernommen. Als ich heute Nachmittag dort war, habe ich gesehen, dass überall Dimeritium platziert wurde, um Magie zu unterbinden. Sie planen offenbar, weitere Zauberer zu inhaftieren. Aber Keira wurde nicht zufällig aufgegriffen. Ihr wurde gezielt eine Falle gestellt. Weil sie große Fortschritte bei der Erforschung der Catriona-Krankheit gemacht hat, soll sie unsere Forschungsgruppe unterstützen. Die Erreger sind miteinander verwandt und ihre Erkenntnisse könnten dazu beitragen, die Seuche unter den Anderlingen zu verbreiten."

"Warum sollte sie euch bei der Entwicklung dieser Waffe helfen?" Eskel runzelte verwirrt die Stirn. "Auf Keira mögen zwar alle negativen Eigenschaften einer Zauberin zutreffen, aber selbst sie hat Prinzipien. Ich bin sicher, sie würde niemals einen Massenmord unterstützen - egal, was sie ihr androhen."

Thalia ergriff seine Hand, drückte sie leicht. "Sie benutzen Lambert, um sie unter Druck zu setzen. Sie haben ihn misshandelt, vor ihren Augen. Eskel, wir müssen schnell etwas unternehmen! Lambert war klug genug, den Wärtern nicht zu zeigen, dass er mich kennt und ich habe so getan, als ob ich das Spiel mitspiele und habe Keira zu ihren Forschungen befragt. Als die Wächter sich laut miteinander unterhalten haben, habe ich sie wissen lassen, dass ich nicht die Absicht habe, diesen Erreger zu verbreiten. Und dass ich ihnen helfen werde. Dass sie noch etwas durchhalten müssen."

Das Herz der Alchemie (The Witcher FF)Where stories live. Discover now