Kapitel 7

234 36 42
                                    

Álvaro

»Ich liebe es, wenn deine Augen wieder blau werden«, flüsterte er rau. »Auch, wenn sie violett noch etwas gefährlicher wirken.«

Ich leckte mir über die Lippen und ließ die letzten Blutstropfen verschwinden. Nur der süße Geschmack lag mir noch auf der Zunge, allerdings reichte das nicht aus, um meine Augen weiterhin violett zu färben.

Der Vollmond stand hoch am Himmel und tauchte den dunkeln Wald in silbernes Licht. Mit einem Mal wirkten die Bäume edel und es schien Tau auf den Gräsern zu flackertern. Grillen zirpten gleichmäßig und ab und an flatterte ein Vogel oder eine Eule auf.

Fasziniert starrte ich auf ihn hinab. Glänzend schimmerte seine Brust im Mondlicht, vereinzelt tanzten die Schatten der Blätter über uns über seine helle Haut, erregt durch den zarten Wind, der auch mir über meinen bloßen Oberkörper strich. Seine schulterlangen, goldenen Haare hatten sich silbig glänzend wie ein Fächer um seinen Kopf im Gras ausgebreitet, ein einzelner Halm kitzelte ihn am Wangenknochen. Ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen, während er mich mit schwerem Blick musterte, die tiefgrünen Augen strahlten.

Ich saß auf seiner Hüfte und zeichnete die Runen auf seiner Brust nach. Bei ihm waren es nicht halb so viele, wie bei mir; er war nicht besonders mächtig. Sie reichten weder bis auf seinen Rücken, noch bedeckten sie seinen linken Oberarm. Die Rune für Licht prangte über seinem Herzen.

Plötzlich setzte er sich ruckartig auf, sodass ich von seiner Hüfte zwischen seine Beine ins Gras rutschte. »Jetzt darf ich.« Damit strich er mir meine dunklen Locken nach hinten in den Nacken und küsste mich sanft links auf den Hals.

Zitternd schloss ich die Augen und sank gegen ihn. Meine Stirn legte sich wie von selbst auf seine Schulter, knurrend krallte meine Finger sich in seinen schlanken Rücken. Ich spürte, wie er mich fest an sich zog. Er roch so verdammt gut. Nach Honig. Sonne. Und irgendwie Wiesen. Weiten Wiesen, funkelnd bei Sonnenaufgang, hier und da einige Tautropfen auf den Blättern. Immer, wenn ich ihm so nahe war, fühlte ich mich gleich viel ruhiger, sein Duft trug da Einiges zu bei.

Dann spürte ich, wie seine Zähne sich in meine helle Haut bohrten. Zuerst war da ein stechender Schmerz, er wurde dumpfer und dumpfer, bis er sich in so einer kribbelnde Erregung steigerte, dass ich nicht mehr wusste, wohin mit mir. Ich wollte ihn näher an mich ziehen. Sein warmes Blut meine Lippen über mein Kinn herunterlaufen spüren. Schmecken, wie es sich in unserem Kuss mit meinem Blut vermischte.

Ein Stöhnen entglitt mir.

Normalerweise tranken Vampire nicht von anderen. Vampirblut nützte uns herzlich wenig. Nicht annähernd befriedigte es unseren Hunger so, wie es Menschenblut vermochte. Daher war es eigentlich sinnlos, von Unseresgleichen zu trinken.

Aber wir beide hatten herausgefunden, dass es unglaublich erregte. Es war etwas sehr Intimes, ein Symbol für Liebe und blindes Vertrauen. Und Vampirblut schmeckte etwas anders als das von Menschen. Irgendwie betörender, berauschender. Dazu kam, dass Vampire immer Gefühle für ihre Opfer entwickelten. Einer der Gründe, warum wir nie sehen durften, von wem wir diesmal den Blutzoll einforderten. Jedes Mal waren unsere Augen verbunden. Umso mehr verstärkte es unsere Bindung, wenn wie voneinander tranken und einander dabei sahen. Die Gefühle waren kaum auszuhalten. Noch nie im Leben zuvor hatte ich so intensiv empfunden.

Das Gute war, wenn wir beide gegenseitig voneinander tranken, verlor keiner Blut, da wir es uns eigentlich von dem anderen einverleibten. Es war ein Geben und Nehmen.

Er wurde sanfter und löste seine Fänge aus meinem Fleisch. Zärtlich leckte er mir das Blut vom Hals und küsste mich auf die empfindliche Stelle unter dem Ohr. Eine Gänsehaut lief mir heiß den Rücken runter. »Du schmeckst so verdammt gut«, murmelte er.

Seelenschreiberin (Doppelband)Where stories live. Discover now