Kapitel 17

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Alejandro

Mit einer eleganten Bewegung parierte ich den Angriff des Mannes vor mir und tauchte instinktiv unter der Waffe des Kerls hinter mir hindurch. Gegen zwei Gegner gleichzeitig zu kämpfen war keineswegs einfach, doch ich als Prinz hatte hervorragendes Talent diesbezüglich. Der jahrelange Unterricht hatte sich ausgezahlt - keiner aus dieser Stadt vermochte es, mir das Wasser zu reichen.

Nur törichte Knaben wie die beiden hier wagten es noch, mich herauszufordern. Der Preis dafür begrenzte sich nicht nur auf ein blaues Auge. Die Trottel bluteten beide aus einigen Schnitten an Armen und Beinen und hatte sich bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht als Verlierer zu erkennen gegeben. Und ich dachte nicht einmal im Traume daran, derjenige zu sein, der diesen Kampf auf friedliche Weise beendete; die Tölpel hatten damit begonnen und mich herausgefordert.

Ich wirbelte herum und duckte mich unter der Klinge des Dunkelhaarigen hindurch, um an seinen ungeschützten Rücken zu gelangen. Die Strähnen fielen ihm wild ins Gesicht und verdeckten fast seine steingrauen Augen, in welchen der Trotz leuchtete. Sein geschwungener Kiefer war verkrampft und die schmalen Lippen zusammengepresst. Ihm war durchaus klar, dass er keinerlei Chance gegen mich hatte - es war der stolz, der dem Dummkopf jezt noch im Weg stand. Mit einem rasche Tritt in seine Kniekehle klappte er wie eine hilflose Marionette zusammen, der man die Fäden durchtrennt hatte. Seine Klinge fiel scheppernd zu Boden und rutschte von ihm weg. Sein blonder Freund machte Anstalten, dem Kerl zu helfen, doch ich dachte mich nicht einmal daran, ihm diese Genugtuung zu gönnen. Ruhig sprang ich über den Liegenden hinweg und trat dem Blondschopf mit voller Kraft gegen die Brust. Selbst wenn keine sternenlose Nacht war, war ich dennoch stärker als die beiden dummen Menschen; der Kerl stolperte einige Meter nach hinten und knallte dann unsanft auf seinen Allerwertesten, die braunen Augen vor Entsetzen und Schmerz geweitet.

Mit einigen Tritten in die Rippen und in dem Bauch stellte ich das Steinauge ruhig; seinem Freund erteilte ich das gleiche Schicksal, bis beide stöhnend am Boden lagen und sich wimmernd wanden.

Die anderen, jungen Männer, die sich in einem Kreis um uns versammelt hatten, wagten es nicht, mich direkt anzusehen. Anfangs hatten sie noch die beiden Dummköpfe abgefeuert, doch jetzt war auch ihren klar, dass ich mächtiger als sie war und die Trottel hielten ihr Maul.

Ich gewann immer.

Und eigentlich waren das die Voraussetzungen eines wahren Erbens. Nicht solch dummes Empatiegeschwätz und sinnloses Herumgekrakel wie mein nutzloser Bruder fabriziere.

Ich ließ meine Waffe sinken. Hier und da versuchte einer der Männer einen Blick auf das tötliche Metall zu erhaschen. Selbstverständlich konnte ich verstehen, was der Grund dafür war: das Schwert war einfach nur atemberaubend schön. Die Klinge glänzte fast schwarz - die flachen Seiten mit verschiedensten weißen Runen verziert - und spiegelte das Licht besser als jede Wasseroberfläche bei Windstille. Das Metall schnitt jedes Element, als würde es Butter. Anders als viele Schwerter war das Heft meiner Waffe nicht mit Lederbändern umwickelt. Der Schmied hatte sich hierfür etwas ganz Besonderes überlegt: drei hauchdünne Kordeln aus einem weißsilbrig, einm glänzend grauen und einem schwarz funkeltem Metall wurden zu einem filigranen Band geflochten und anschließend eng in das Heft der Waffe gewunden. Winzig kleine Edelsteine von einer tiefblauen Farben waren zwischen in den feinen Vertiefungen eingelassen und schimmerten wie schwarze Sterne im Licht.

Ich liebte diese Waffe, und noch nie hatte sie mich im Stich gelassen.

Es war eines der Dinge, die ich am meisten vermisste.

»Elio?«, schnurrte Claire und zog die letzte Silbe endlos in die Länge.

Ich verdrehte die Augen. »Was möchtest du?«

Seelenschreiberin (Doppelband)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt