Kapitel 16

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Logan

Frustriert stocherte ich in meinen Nudeln herum. An und für sich waren Spaghetti mit Tomatensauce das Beste an dem ganzen Kantinenessen, aber irgendwie hatte ich keinen Appetit und starrte dementsprechend finster vor mich hin.

Verdammt, was stimmte nur heute mit mir nicht?

Vermutlich war ich mit dem falschen Fuß aufgestanden. Zumindest konnte ich mir so halbwegs meine Gefühlslage erklären. Allerdings kam noch die Tatsache dazu, dass ich dieses Wochenende wirklich krank vor Sorge gewesen war. Zwar hatte Lucinda mir Samstag geschrieben und mich beruhigen wollen, dennoch hatte ich die letzten Nächte kaum geschlafen.

Ich wurde einfach das Gefühl nicht los, dass sie etwas auf dem Herzen hatte. Dass irgendetwas mit ihr nicht stimmte.

Und dass es irgendetwas mit Álvaro zu tun hatte.

Mürrisch stopfte ich mir eine Gabel mit Nudeln in den Mund. Dabei fiel natürlich eine Nudel wieder auf den Teller und klatschte in die Tomatensoße, welche unsere Köchin immer großzügig verteilte. Das rote Zeug spritze, ein Klecks landete fett neben meinem Teller, einer traf mein Shirt.

Super, Logan. Echt toll.

Wütend knallte ich die Gabel auf den Teller und fummelte ein Taschentuch aus meiner Hosentasche. Zwar hatte ich heute glücklicherweise ein schwarzes T-Shirt angezogen, trotzdem prangte auch nach intensivem Rubbeln immer noch ein schwacher Fleck unter meiner linken Brustwarze. Ging es eigentlich noch talentierter? Naja anscheinend schon, zwei Zentimeter hoch und rechts auch nochmal. Dann konnte ich das Oberteil gleich ausziehen.

Ich atmete tief durch. Mit der rechten Hand fuhr ich mir durch meine dunklen Haare. Verdammt, ich musste jetzt mal ein bisschen runterkommen. So konnte das nicht weitergehen. Eisern zwang ich mich zur Ruhe und schaufelte eine weitere Gabel Nudeln in meinen Mund. Diesmal, ohne zu kleckern.

Auf der einen Seite war ich schon etwas pissig auf Lucinda. Wir erzählten uns sonst immer alles. Und es verletzte mich schon etwas, dass die Kleine mir etwas verschwieg.
Aber auf der anderen Seite konnte ich ihr auch nicht böse sein. Dafür hatte ich sie einfach zu lieb. Außerdem hatte Álvaro irgendwie Recht. Es war ihr Leben, und damit konnte Lucinda auch entscheiden, was sie wem sagte.

»Hey.«

Wenn man vom Teufel sprach. Ich sah auf und beobachtete das Mädchen dabei, wie sich sich gegenüber von mir an den Tisch setzte und den Teller vor sich abstellte. Ihre weichen silbernen Haare fielen ihr sanft in zarten Wellen über die Schultern. Ich wusste, dass sie zart nach Mango dufteten.

Zaghaft musterte meine beste Freundin mich. »Bist du noch sauer?«

Ich seufzte. Wenn sie mich so mit ihren grünen Augen anschaute, definitiv nicht, nicht bei diesem Blick. »Nein«, seufzte ich und steckte mir eine weitere Gabel Nudeln in den Mund. »Ich ... Es tut mir leid, wie ich mich vorhin verhalten habe. Es ist nur, ich hab mir echt Sorgen gemacht.«

»Entschuldigung, das wollte ich nicht.« Betreten stocherte Lucinda in ihren Nudeln herum.

Ich musste lächeln und inzwischen hatte ich ihr auch wieder verziehen, like I said, ich konnte ihr nicht lange böse sein. »Schon okay, Luz«, beruhigte ich meine beste Freundin. »Wenn du aber doch reden magst, bin ich immer für dich da, einverstanden?«

Sie nickte erleichtert. »Ja, Danke.«

»Sag mal, Lucinda.« Ash knallte seine Teller neben mich und ließ sich nieder. »Was war eigentlich am Freitag mit dir los? Jean hat mir gestern erzählt, du hättest ihn angerufen und nach Álvaros Nummer gefragt.«

Seelenschreiberin (Doppelband)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt