Seven

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~ 'Team' - Lorde ~

LOUISE

Es war schon Donnerstag. In den letzten Tagen war nicht wirklich etwas passiert. Stinklangweilige Schulstunden und stinklangweilige Nachmittage. Meine Mom und ich hatten uns größtenteils angeschwiegen und nur das Nötigste miteinander gesprochen. Das lag wohl hauptsächlich an mir, denn meine Ansicht war noch immer, dass, wenn sie mir nichts erzählen wollte, ich auch nicht mit ihr reden würde. Ja, ich weiß, dass ich dickköpfig bin. Vielleicht hatte ich auch ein bisschen übertrieben, überlegte ich, vielleicht sollte ich mich heute doch bei ihr entschuldigen? Schließlich war sie ja meine Mom, das Einzige an Familie, was ich wirklich hatte. Da war zwar noch ihre Schwester und Familie, doch die sah ich, seit sie vor fünf Jahren nach San Francisco gezogen waren nur noch ein oder zwei mal im Jahr. Obwohl das echt schade war, da ich mich sowohl mit Tante Ruby und Onkel Charlie, als auch mit ihren drei Söhnen Liam, Mateo und Henry (wenn ich recht überlege müssten die jetzt 19, 20 und 23 sein) echt gut verstanden hatte. Und dann war da natürlich noch meine Grandma, die aber auch fast am anderen Ende dieses Landes lebte. Mom und ich hatten bis ich vier war mit in ihrer schönen Villa in einem Dörfchen außerhalb von Atlanta gewohnt. Und danach die ganzen Jahre nur ein paar Kilometer von ihr entfernt. Ich vermisste sie ziemlich doll und hoffte, dass wir uns bald besuchen konnten.

Nun - meine Mom war nun mal die Einzige hier und nicht mit ihr zu reden war scheiße. Für uns beide. Ich nahm mir fest vor, mich heute wirklich zu entschuldigen und versuchte mich wieder auf Sunnys Worte zu konzentrieren, die mir gerade irgendwas über Blaubeerkuchen erzählte. Oder? Bei welchem Thema war sie gerade? Okay, ich hatte nicht zugehört.

Es war gerade Schulschluss und wir schlenderten langsam über den Schulhof zum Tor.

Plötzlich blieb sie stehen und stieß mir den Ellenbogen in die Seite.
"Wer ist das denn?", fragte sie.
"Der starrt uns schon die ganze Zeit an." Sie senkte die Stimme und deutete mit dem Kinn zum Tor. Und dort stand tatsächlich ein Mann, der unverbannt zu uns herüber schaute. Warte mal, ein Mann? Den kannte ich doch! Muskulöser Körper, leicht ergrautes, dunkles Haar, stählerner Blick, das war doch eindeutig...

"Sunny! Das ist der Mann, der letztens vor meiner Tür stand, von dem ich dir erzählt habe!"

"Uh..." Sie sog die Luft zwischen den Zähnen ein. Als sie nichts weiter sagte, meinte ich: "Ich muss ihn unbedingt fragen, was er will!"

"Bist du verrückt?! Der könnte sonstwas von dir wollen! Dich stalken...oder dich entführen und vergewaltigen wollen!"

Mir schoss wieder Moms angstvoller Gesichtsausdruck durch den Kopf. Und auch ihre von Tränen verschmierten Wangen und die roten Augen kamen mir in den Sinn. Sie hatte alles, was sie gesagt hatte, garantiert nur gut gemeint. Vielleicht hatte sie ja Recht, und mit diesem Mann, Ryan, war wirklich nicht zu spaßen? Wollte sie mich tatsächlich nur vor ihm beschützen? Sollte ich mich wirklich von ihm fernhalten?

Aber andererseits musste sie ja ebenso verstehen, dass ich, wenn sie mir kein Wort erzählte, mir selbst Informationen beschaffen wollte. Und wann würde ich wieder eine Gelegenheit wie diese haben?

"Quatsch!", rief ich, "Du hast zu viel gelesen, Sunny. Glaub mir, wenn ich kein Licht ins Dunkel bringe, werde ich nicht mehr ruhig schlafen können. Und vielleicht hat er ja auch ganz andere Absichten, als du denkst. Bestimmt stalkt er mich gar nicht, sondern ist überhaupt nicht wegen mir hier! Und ganz nebenbei: Glaubst du wirklich, er würde versuchen mich zu entführen, vor all den Leuten-"

"Okay, okay", wurde ich unterbrochen, "Na gut. Aber ich komme mit! Du gehst da hin und fragst ihn, was er von dir will. Wenn er stinkig oder komisch oder blöd wird, dann sind wir da aber sofort wieder weg!"

Changes | AbgebrochenWhere stories live. Discover now