Twenty-One

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~ 'Ho Hey' - The Lumineers ~

LOUISE

„Granny? Schaust du mal bitte nach dem Kuchen?" Ich stand oben am Treppenabsatz und brüllte das Haus zusammen. Eigentlich hatte ich schon vor fünf Minuten - gut, vielleicht auch zehn - mal in den Ofen gucken sollen, doch ich war zu beschäftigt damit gewesen, den Tisch zu decken und Mo von der Sahne fernzuhalten, die fürs Kaffeetrinken gleich gedacht war. Außerdem hatte Sunny mich gerade angerufen, um mir etwas bezüglich ihrer Entscheidung, was John anging, mitzuteilen. Die Ärmste war schon seit fast zwei Wochen hin und hergerissen zwischen verzeihen und Fick dich doch. Leider zog das Ganze ganz schön viele schlaflose Nächte und Tränen mit sich. Ich versuchte ihr so gut es ging, beizustehen.

„Sag mir jetzt nicht, dass du den vergessen hast!", schrie Grandma von unten.

„Nein, ich sage es dir nicht, versprochen, auch wenn es der Fall sein sollte", flötete ich.

Ich hörte Granny darauf nur stöhnen. Ich hatte sie in den letzten Tagen schon öfters mit meinen frechen Antworten zur Weißglut getrieben.

Kurz darauf tauchte sie jedoch unten im Flur auf: „Louise Pauline Edwards! Das sollte ein schöner Nachmittag ohne Zwischenfälle werden! Und du lässt schon etwas schiefgehen, wenn er noch nicht einmal angefangen hat. Mit was sollen wir deine Mom denn jetzt begrüßen? Einem Neger-Pflaumenkuchen?"

Es passte so gar nicht in die Situation, doch ich musste einfach kichern. Es war zu schön, wie Granny da unten an der Treppe stand, klein und rundlich, vor Zorn schnaufte und die Hände in die Hüften gestemmt hatte. Den Rest gab mir ihre Wortschöpfung ,,Neger-Pflaumenkuchen".

„Was gibt es da zu lachen? Du solltest dich in Acht nehmen vor Abuela Josephine!"

„Man kann vor dir keine Angst haben, Granny! Außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass du das mit dem Kuchen schon hinbekommst." Ich wollte mich schon umdrehen, um mir endlich etwas anderes anzuziehen, da...

„Hey, hier geblieben, Fräulein! Du hast das verbockt, du löffelst das auch wieder aus!"

„Okay okay, Granny, aber vorher ziehe ich mich noch schnell um", besänftigte ich sie.

Ihr „Na, das wollen wir doch auch hoffen!" hörte ich kaum noch. Ich musste mich jetzt wirklich beeilen, wenn ich mich auch noch um den Kuchen kümmern musste. Mom, Dad und John könnten jede Minute hier auftauchen. Die Männer holten heute Mom aus dem Krankenhaus ab und eigentlich wollten wir dann alle zusammen Kuchen essen und Kaffee trinken. Na, mal sehen.

Schnell tauschte ich die Jogginghose und das ausgeleierte Nirwana-Shirt gegen eine verwaschene, schwarze Jeans und ein schönes, hellblau-weiß gestreiftes T-Shirt mit U-Boot-Ausschnitt. Dann löste ich noch schnell den Knoten aus meinen langen, roten Haaren und bürstete die Fitze raus. Zu guter Letzt hängte ich mir noch eine lange, silberne Kette mit einem Fisch als Anhänger um.

Unten in der Küche musste ich dann feststellen, dass der Kuchen wirklich ungenießbar dunkel aussah. Jetzt musste eine Notlösung her. Schnell schob ich mir mein Portemonnaie in die Hosentasche. Granny saß derweil auf dem Sofa und las seelenruhig eine Zeitschrift. Die meinte es wirklich ernst.

„Ich bin fix mal beim Bäcker!" Keine Reaktion. Okay...

Draußen pustete mir direkt ein frischer Wind um die Nase. Obwohl die Sonne noch recht warm war, schickte der Herbst schon seine ersten Vorboten. Auch die Nächte waren schon kühl und die Morgende ein wenig neblig. Das freute mich wirklich, denn ich liebte den Herbst über alles. Die sich braun, orange, rot und gelb färbenden Blätter, der Regen, der die ausgelaugte Natur erfrischte, der Geruch nach Nüssen, feuchter Erde und totem Laub, die Vogelscharen, die sich auf den Stoppelfeldern sammelten, die goldene Sonne, die den Wald in Flammen setzte...

Changes | AbgebrochenWhere stories live. Discover now