Ich würde in einem Horrofilm wahrscheinlich überleben,

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                          weil ich zu faul wäre, um nachzugucken, was das für Geräusche sind



Der nächste Morgen kam für meinen Geschmack an die zehn Stunden zu früh. Und als wäre das nicht genug, bin ich auf der falschen Bettseite aufgewacht- war echt verflucht staubig da unten! Wie ich da nur wieder drunter geraten konnte, war mir schleierhaft. Wurde ich jetzt auch noch zum Schlafwandler? Na hoffentlich nicht. Oder hat mich Mason dahin deponiert? Wäre jedenfalls nicht das erste Mal.

Als ich mir den Staub von meinen Klamotten geklopft hatte, streckte ich mich. Mir tat alles weh. Notiz an mich: Pass gefälligst auf, in welcher Position du einschläfst. Und vor allem wo du am Ende aufwachst!

Ich holte mir ein paar frische Klamotten aus meinem Koffer, den ich jetzt wohl oder übel doch noch auspacken musste und stellte mich unter die Dusche. Es tat gut, das warme Wasser über meinen Kopf fließen zu lassen. An den gestrigen Tag versuchte ich gar nicht erst zu denken. Er bereitete mir nur Kopfschmerzen.

Mit geföhnten Haaren ging ich runter, um zu frühstücken. Mom hatte mich schließlich zum Hochzeitsvorbereitungsteam quittiert und ich wusste nicht, wann sie los wollte. So wie ich sie kannte so früh wie möglich. Also am liebsten schon gestern.

Besagte Mutter telefonierte gerade und gab mir im Vorbeigehen einen Kuss auf die Wange. Ihre Wangen waren rot gefleckt, ein Zeichen dafür, dass sie im Stress war.

"Ja ich weiß, dass das eine ungewöhnliche Bitte ist. Nein, es geht wirklich nicht an- ... kann man nicht einmal eine Ausnahme machen?" Sie verschwand ins Wohnzimmer und somit aus meiner Hörweite.

"Mit wem spricht sie da?", fragte ich verdutzt und sah zu Dad herüber, der Zeitung las.

"Mit Rektor Thompson. Sie versucht ihn dazu zu bekommen, dass du hier im Reservat zur Schule gehen, aber in New York deinen Abschluss machen kannst"

"Geht so was?" Wenn ja, dann hatte ich wenigstens meinen Wunschabschluss. Die Schule hier war sicher nicht sonderlich angesehen an den Unis, bei denen ich mich bewerben wollte. Aber ... spielte das überhaupt noch eine Rolle?

"Eigentlich nicht. Sie telefoniert schon seit einer geschlagenen Stunde!" Dad rieb sich über die Stirn und klopfte auf den Stuhl neben sich. Oh oh. Er hatte seine ernste "Tochter, ich muss dringend mit dir reden"- Miene aufgesetzt. Das konnte nichts gutes bedeuten. Beim letzten Mal bekam ich eine Standpauke, weil ich meine Lehrerin eine "blöde Gans" genannt habe. Das Argument "Ich wollte sie eigentlich ganz anders nennen" ließ er nicht gelten.

Zögerlich ließ ich mich also neben ihm nieder und musterte ihn misstrauisch und ging gedanklich alles durch, was ich getan haben könnte. Gut, nach gestern war die Liste ganz schön lang, aber ich musste dazu sagen, dass ich es hätte schlimmer enden lassen können.

Dad räusperte sich leise und öffnete immer wieder den Mund, um ihn daraufhin wieder zu schließen. Spätestens jetzt wusste ich, dass es um nichts ging, was ich getan haben könnte. Sonst hätte er schon längst losgelegt. "Also... die gestrigen Ereignisse haben mir zu Denken gegeben. Uns allen natürlich. Aber es ist ... die Pflicht eines Vaters, seiner Tochter-"

"Oh Gott, bitte lass es, Dad", unterbrach ich ihn schnell und sprang etwas zu schwungvoll auf und strauchelte leicht. "Das Aufklärungsgespräch kannst du schön für dich behalten"

"Das denke ich nicht. Ich kenne Jungs in seinem Alter. Sie führen nichts gutes im Schilde!"

"Oh Gott, nicht schon wieder das Aufklärungsgespräch", stöhnte Mason, der gerade die Treppen runter kam und im Begriff war, diese wieder hoch zu rennen. Er musste gerade aufgestanden sein, er trug noch seinen Pyjama- den er sich übrigens nur angezogen hatte, weil wir da waren, ansonsten lief er immer halb nackt durchs Haus- und auf seinem Gesicht waren noch deutliche Knitterfalten von seinem Kissen zu sehen.

Der alltägliche Wahnsinn- jetzt neu: Auch mit WerwölfenWhere stories live. Discover now