Menschen sind wie Kerzen. Sie halten länger, wenn man sie nicht anzündet

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Mason traute sich am nächsten Tag erst gegen Mittag nach Hause. In der Zeit hatte ich aus Langeweile aufgeräumt, den Müll entsorgt, Essen vorbereitet und Paul davon überzeugt, dass J.K. Rowling eine Göttin war -oder er hat einfach aufgegeben, nachdem ich eine halbe Stunde auf ihn eingeredet hatte. So sicher war ich mir da nicht, denn ich hatte ihm ein Ultimatum gestellt. Entweder er findet Harry Potter toll oder er darf nie wieder einen Fuß ins Haus setzen.

Ich wollte gerade das Messer vom Salat schneiden in die Spülmaschine räumen, als er in die Küche kam und ich mich zu ihm drehte.

Als er das Messer sah, schreckte er zurück. "Ich dachte, es herrscht Waffenstillstand", rief er und hielt sich ein Brett vor die Brust.

"Du hast mich bei Mom verpetzt" Bedrohlich wedelte ich mit dem Messer herum. Bedrohlich für mich, versteht sich. Bei meinem Talent hatte ich das Teil gleich im Oberschenkel stecken.

"Hey, ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte! Ich dachte, es gäbe keine Aussicht auf Versöhnung in den nächsten 10 Jahren und wollte das ganze nur beschleunigen"

Schnaubend packte ich das Todesgerät weg und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Komm schon, Tori. Es tut mir wirklich leid. Du kannst die anderen fragen, ich hatte wirklich vor, pünktlich zu sein. Ich konnte ja nicht ahnen, dass es einen Stau geben wird und ich wollte dich sicherlich nicht warten lassen. Verzeihst du mir bitte? Ich hasse es, wenn du sauer auf mich bist. Da muss ich immer damit rechnen, dass du mich im Schlaf an meine Decke tackerst"

"Das habe ich nur einmal gemacht und ich hab nicht dich dran getackert sondern deinen Schlafanzug. Du wärst vor Schmerz doch wach geworden und dann wäre der ganze Spaß vorbei gewesen"

Mason öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Dann breitete er seine Arme aus und sah mich halb auffordernd, halb flehend an. Eine leise Stimme in mir sagte, ich solle ihn noch ein paar Tage länger schmoren. Eine zweite, viel lautere Stimme brüllte mir aber entgegen, dass ich ihm vergeben sollte, oder meine Mutter bringt mich um. Letztere war mir ziemlich unsympathisch.

Da diese mich aber am Leben erhielt, beschloss ich widerstrebend, ihr nachzugeben. Zögerlich setzte ich einen Fuß vor den anderen und ließ mich von Mason zerquetschen. "Du stinkst", nuschelte ich, kurz vorm Ersticken und versuchte, mich von ihm zu lösen.

"Tja, ich wurde von einem hysterischen, kleinen Monster aus dem Haus geworfen"

"Boah, kannst du mal aufhören, dich bei Beleidigungen immer auf meine Größe zu beschränken?"

"Natürlich, soll ich dir zur Beruhigung erstmal ein schönes, warmes Waschbecken einlassen?"

Okay, jetzt reichte es mir. Lachend ließ er mich los, woraufhin ich ihm eine scheuerte. Zu meinem Bedauern war ich diejenige, die vor Schmerz zu Boden ging. "Was ist denn hier schon wieder los?", fragte Quil, der zur Tür herein kam, mit Embry im Schlepptau.

"Er hat mir die Hand gebrochen", jaulte ich und zeigte anklagend auf meinem Bruder.

"Alter, wenn ein gewisser Jemand das erfährt, bist du dran", meinte Embry und schüttelte mit gespielter Sorge den Kopf. "Ich habe keine Angst vor Paul", knurrte Mason. "Und sie war diejenige, die mich schlagen wollte"

"Ich rede von Sam, du Idiot. An Paul habe ich gar nicht gedacht, aber das wird mindestens genauso schlimm. Er wird diese Ausrede nämlich nicht gelten lassen" Er reichte mir eine Hand und half mir hoch. An ihre Körperhitze werde ich mich wohl nie gewöhnen. Woher sollte man eigentlich wissen, ob die bei einer Krankheit Fieber hatten oder nicht? Die sind ja immer heiß. Körperlich. Nein, nicht dieses körperlich. Das andere körperlich. Und überhaupt, warum musste ich mich in meinem eigenen Kopf vor mir rechtfertigen? Hach, war ich kompliziert...

Der alltägliche Wahnsinn- jetzt neu: Auch mit WerwölfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt