6.) Ein neuer Anfang

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Hermione sah ihre Freundin eine kurze Weile still an und sagte dann: „Was hast du eigentlich genau in der Winkelgasse gemacht, bevor du zu Mr. Ollivander gegangen bist? Du hast gesagt, es war eher Zufall."

„Ich habe für den Trank noch neue Elfenflügel gebraucht, meine waren leer gewesen. Das war übrigens auch eine merkwürdige Geschichte, bis gerade eben hatte ich sie schon fast vergessen", sinnierte Beth.

„Erzähl", forderte Hermione sie auf.

Beth erzählte von dem Zwischenfall in der Apotheke mit dem fremden Mann.

Hermione sah sie dabei grübelnd an. „Wie sah der Mann noch mal aus?"

„Groß, schlank, kurze, schwarze Haare, schwarze Augen, schwarze Kleidung, große Nase", fasste Beth es kurz zusammen. „Warum?"

Ihre Freundin grübelte noch einige Sekunden, dann sagte sie: "Beth ... ich weiß, es ist etwas unverschämt und du darfst ablehnen, wenn du willst, aber darf ich mir das Ganze einmal ansehen? Ich habe da einen starken Verdacht, wer der Mann gewesen sein könnte und wäre gerne sicher."

Beth sah ihr Gegenüber grübelnd an. Jemandem per Legilimens seine Gedanken zu zeigen war keine Sache, die man auf die leichte Schulter nehmen sollte. Auch wenn man selbst darin geübt war und daher dem Suchenden gezielt zeigen konnte, was er sehen sollte, bestand immer die Gefahr, dass die eigenen Gedanken abdrifteten und etwas enthüllten, was man eigentlich nicht preisgeben wollte. Sollte Beth Hermione diesen Einblick gewähren, wo sie ihr doch verschwiegen hatte, wie es tief in ihr drin aussah? Wo sie Hermione mit Sicherheit vergraulen würde, wenn sie es sehen könnte? Wenn sie die Schwärze und Leere in ihr erblickte? Beth dachte noch einige Sekunden darüber nach, nickte dann aber zögerlich. Sie hoffte nur, dass sie sich wirklich so gut unter Kontrolle hatte, wie es nötig wäre. Sie musste es einfach hinbekommen. Sie konnte nicht auch noch Hermione als Halt verlieren.

Sie atmete tief ein und aus und verdrängte alle Gedanken aus ihrem Kopf, die nichts mit der Begegnung in der Apotheke zu tun hatten.

Hermione zog ihren Zauberstab, zielte auf Beth und sagte leise: "Legilimens."

Beth konzentrierte sich mit aller Kraft und ließ die Szene vom Vortag vor ihren Augen noch einmal ablaufen. Kurz bevor die Erinnerung endete, brach die Verbindung zu Hermione plötzlich ab und Beth sah erstaunt, wie die Freundin sich vor Lachen den Bauch hielt. Warum lachte Hermione? Hatte sie noch etwas anderes gesehen als die Apotheke? Beth war nicht aufgefallen, das sie abgeschweift wäre. Sie war plötzlich unsicher, ob das wirklich eine so gute Idee gewesen war.

„Beth", unterbrach Hermione lachend ihre Grübeleien, „weißt du, wer der Mann war?"

Beth war erleichtert, dass Hermiones Lachanfall wohl wirklich von der gestrigen Begegnung herrührte und nicht auf einer anderen Erinnerung basierte. Sie hatte nichts gesehen, dass Beth nicht zeigen wollte. Die junge Frau atmete innerlich erleichtert auf. Aber worauf wollte ihre Freundin denn dann hinaus?

„Ich habe keine Ahnung ... Kennst du ihn etwa? Oh Gott, ich habe etwas richtig Blödes gemacht, richtig?"

„Nein", sagte Hermione noch immer lachend. „Ich hätte alles dafür getan, dabei zu sein. Denn zu sehen, wie jemand PROFESSOR SNAPE mal so richtig kontra gibt, war einfach himmlisch."

Das sollte Severus Snape gewesen sein? Beth konnte es nicht ganz glauben. Natürlich hatte sie von ihm gehört. Der Helfer im Hintergrund, der sein Leben riskiert hatte, um Harry Potter bei seinem Kampf gegen Voldemort zu unterstützen. Der Mann, der seine Schüler tyrannisierte und bei dem nie sicher feststand, auf welcher Seite er genau stand. Die Zeitungen waren voll von ihm, doch da er Fotos strikt verweigerte, wusste niemand genau, wie er aussah, wenn er nicht Schüler bei ihm gewesen war.

Um den Liebsten zu schützenWhere stories live. Discover now