37.) Es weihnachtet sehr

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Beth warf einen letzten prüfenden Blick in den Kessel vor ihr. Dann löschte sie das Feuer darunter, legte den Silberlöffel zur Seite, den sie noch in der Hand hielt und begann, unter dem Arbeitstisch die Phiolen herauszusuchen und nach oben zu stellen.

Danach sprach sie einen Abkühlzauber auf den Zaubertrank und begann, diesen langsam und routiniert abzufüllen.

Nach einigen Minuten war sie fertig, stellte die Phiolen auf ein Tablett und rief leise: „Blinky!", woraufhin die kleine Hauselfe erschien und sie ansah.

„Bring diese Phiolen bitte zu Mrs. Andrews", wies Beth die kleine Elfe an, woraufhin diese nickte und mit den Tränken verschwand.

Mit einigen Schwenkern ihres Zauberstabes reinigte Beth ihren Arbeitsplatz.

Dann sagte sie mit ruhiger Stimme: „Einen schönen Tag noch, Severus. Ich wünsche dir viel Erfolg bei deinen Forschungen", bevor sie aus dem Labor ging.

Severus stand an seinem Platz, die Faust um seinen Zauberstab verkrampft ...

Langsam stapfte Beth über die Ländereien von Hogwarts. Die Wintersonne schien auf sie herunter und ließ den Schnee, der die Landschaft bedeckte, wie abertausende Kristalle aufleuchten.

Hunderte Eiszapfen hingen an den Bäumen und an allen Ecken des Schlosses. Ab und zu konnte man sehen, wie sich ein Wassertropfen löste und glitzernd zu Boden fiel. Wo die Bäume, Sträucher und Gebäude nicht vom Schnee bedeckt waren, hatte eine Reifschicht alles überzogen.

Beth genoss die Stille hier draußen, die Strahlen der Sonne auf ihrem Gesicht und die frische Luft, die ihre Wangen langsam rosig färbte.

Als Kind hatte sie den Winter immer geliebt, den Schnee, die Spiele im Freien, die Abende Zuhause am Kamin, zusammen mit ihrer Familie. Die Adventszeit war immer etwas Besonderes für sie gewesen, magisch und voller Verheißungen.

Auch als sie mit Mark verheiratet war, hatten sie jedes Weihnachtsfest bei ihrer Familie gefeiert. Niemand konnte den Zauber der Weihnachtszeit so heraufbeschwören wie ihre Mutter.

Ihre Familie fehlte ihr, gerade jetzt. Sie schrieb regelmäßig Briefe nach Hause und bekam von ihrem Vater lange Antworten, wie es allen so ging, aber das war nicht dasselbe.

Sie war unruhig geworden in letzter Zeit und sie hatte Heimweh. Sie wusste nur nicht, ob sie schon soweit war, ein Weihnachtsfest ohne Mark zu feiern. Im letzten Jahr war sie an Weihnachten das erste Mal, seit sie denken konnte, alleine gewesen, sie hatte nicht ohne ihn feiern wollen, der Schmerz war noch zu frisch gewesen. Sie hatte sich in ihrem Haus eingeschlossen und niemanden an sich herangelassen, egal, wie sehr ihre Mutter auch versucht hatte, sie zu überzeugen, dass das falsch war.

Aber Beth war sich bewusst, dass sie sich auch dieser Situation irgendwann würde stellen müssen. Ihre Mutter hatte sie im letzten Brief bereits gefragt, ob sie kommen würde, damit sie genug Zeit hätte, alles einzukaufen.

Beth musste bei dem Gedanken an ihre Mutter lächeln. Sie war ein Nachkriegskind und einer Sache konnte man sich immer sicher sein. Mit dem Inhalt der Tiefkühltruhe in Beths Elternhaus und den anderen lagernden Vorräten würde man leicht einige Monate überleben können, sofern der Strom noch ging, aber die übrige Versorgung ausfallen würde.

Ihre Mutter kaufte gerne alles lange im Voraus, war immer auf jede Eventualität eingestellt, plante jedes Detail mit ein.

Und sie liebte ihre Tochter und wollte wissen, ob sie sie an Weihnachten wieder bei sich haben würde.

Beth hatte ihr bisher keine Antwort darauf geben können.

Ein Weihnachten nur mit ihren Eltern, ohne Mark, erschien ihr so unvollständig, so leer.

Um den Liebsten zu schützenWhere stories live. Discover now