23.) Alltag

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Als Beth Montagmorgen aufstand, sich schnell anzog und zum Frühstück in die Große Halle eilte, hatte sie kurz das Gefühl, schon ewig auf Hogwarts zu sein, so vertraut schien ihr das Ganze bereits nach den wenigen Tagen hier. Sie wunderte sich kurz darüber, wie schnell sie scheinbar ihr altes Leben hinter sich gelassen hatte. Nur der fortwährende Schmerz über den Verlust ihres Mannes, ihre weiterhin bestehenden Alpträume und das leise Heimweh nach ihrer Familie zeigten ihr, dass sie vor ihrer Vergangenheit nicht hatte weglaufen können. Sie war mit ihr hierhergekommen.

Sie ging den Flur entlang, der in die Eingangshalle mündete und dachte kurz daran, wie sie ihren freien Tag gestern verbracht hatte. Am späten Vormittag war Blaise gekommen, um Hermione zu besuchen und die Drei hatten sich in Hogsmeade getroffen, wo sie sich bei einem Butterbier erzählt hatten, wie die erste Zeit so gelaufen war und wie es sich anfühlte, plötzlich auf der anderen Seite des Klassenzimmers zu sitzen. Nach ungefähr einer Stunde verabschiedete sich Beth von den beiden unter dem Vorwand, noch etwas spazieren gehen zu wollen, um ihnen Zeit alleine zu verschaffen. Sie wollte nicht das dritte Rad am Wagen sein und ihrer Freundin Zeit mit ihrem Partner geben. Außerdem ertrug sie das Glück der beiden und die Freude über ihr Wiedersehen nicht länger.

Obwohl sie sich immer noch für ihre Freundin freute, so ein edler Mensch, ohne Gefühle dabeistehen zu können, war sie einfach nicht.

Daher war sie nach ihrem Abschied erleichtert über die Ländereien spaziert. Es war ein schöner Tag und sie wollte das Wetter ausnutzen, solange es noch mitspielte. Sie wusste, bald würden die Herbststürme kommen und dann würde es draußen ziemlich ungemütlich sein.

Sie hatte aufgepasst, dass die Schüler draußen keinen Unsinn machten und sich die nähere Umgebung des Schlosses genauer angesehen, als es bisher möglich war. Am Nachmittag war sie in die Bibliothek gegangen und hatte mit Mrs. Pince über einige Bücher in der Verbotenen Abteilung gesprochen. Sie war überrascht, wie gut die Bibliothekarin den Inhalt etlicher Bücher verinnerlicht hatte, und bald waren sie in eine rege Diskussion vertieft.

Nachdem Beths Experiment bisher erfolgreich war und sie bis zum nächsten Vollmond nicht mehr viel zu tun hatte, wollte sie sich eine neue Aufgabe für ihre freien Abende suchen. Sie wusste nur noch nicht, was sie reizen würde. Daher machte sie es wie früher, sie forschte und stöberte in Büchern herum. Sie wusste, früher oder später würde etwas ihr Interesse wecken und sie wüsste dann, was sie machen wollte. Allerdings hatte sie gestern noch keinen Erfolg gehabt.

Als sie die Halle betrat, verflogen ihre Gedanken, als sie sich dem Anblick widmete, der sich vor ihr auftat. Mit Befriedigung sah sie, dass die Fahrt im Hogwarts Express nicht ohne Wirkung geblieben war. Vereinzelt sah sie Schüler an den Haustischen sitzen, die zu einem anderen Haus gehörten, und sie freute sich darüber, dass einige anscheinend die unsichtbare Grenze überwunden hatten, die die Aufteilung mit sich brachte.

Zufrieden damit, hierzu einen Beitrag geleistet zu haben, ging sie an den Lehrertisch. Da mal wieder alle Lehrer vor ihr da waren, war wie immer der Platz neben Severus der einzige, der frei war. Der Professor für Zaubertränke saß sowieso meistens am Rand, um bloß mit niemandem reden zu müssen. Nun gut, den Gefallen konnte sie ihm tun. Sie hatte ihm eh nicht viel zu sagen. Sie hoffte nur, er würde bessere Laune als am Samstag haben. Sie wunderte sich immer noch über die Szene im Labor.

Das Frühstück ging bemerkenswert ruhig vorüber. Bis auf einen kurzen Gruß hatte sie kein Wort mit Severus gewechselt, sondern Minerva zugehört, was im Zauberergamot so dringend war. Freitagabend war eine junge Hexe von einem Zauberer überfallen, vergewaltigt und dann ermordet worden. Damit der Zauberer nicht auf Kaution freigelassen werden konnte, musste eine Verhandlung zeitnah durchgeführt werden. Die zuständigen Vorsitzenden des Gamots befanden die Tat für schwer genug, um den Angeklagten so schnell wie möglich ins Zaubereigefängnis nach Frankreich transportieren zu lassen. Daher hatten sie die Sitzung so schnell anberaumt, da die Beweislage eindeutig war. Während Minerva dies mit trauriger Stimme erzählte, da die junge Frau vor einigen Jahren selbst auf Hogwarts gewesen war, bemerkte Beth, wie sich Severus Hand um seine Kaffeetasse presste. Es schien, als ob er nur mit Mühe seine Beherrschung aufrechterhalten konnte. Fragend sah sie ihn an, aber er starrte nur stur auf den Tisch. Zu gerne hätte sie seine Gedanken gewusst.

Um den Liebsten zu schützenWhere stories live. Discover now