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᳓sɪʟᴇɴᴄᴇ ɪs ᴛʜᴇ ᴍᴏsᴛ ᴘᴏᴡᴇʀғᴜʟ sᴄʀᴇᴀᴍ ᳓

Hyunjin

Mein Herz schlug weitgehend in einer ungesunden Schnelligkeit, kaum betrat Chan die Küche. Die Splitter, die durch mein heruntergefallenes Glas entstanden, verbreiteten sich auf dem Boden und blieben dann seelenruhig liegen, als wäre es schon immer ihr Platz gewesen. Der Australier schaute auf den Boden und betrachtete einen Moment schweigend die Splitter, während ich mich sogleich auf den Boden setzte, um eben diese aufzuheben. Es war mir etwas peinlich, mich so schreckhaft gegenüber dem Älteren zu verhalten, aber ich konnte es beim besten Willen nicht leiden, wenn man mich erschreckte.

Auch wenn er es nicht einmal extra getan hatte.

,,So schreckhaft habe ich dich gar nicht in Erinnerung", murmelte Chan nach einer Weile und irritiert sah ich auf, da ich keinerlei Erinnerungen mit ihm besaß. So, wie er gesprochen hatte, konnte es nur bedeuten, dass wir uns offensichtlich bekannt waren und er meine damalige Persönlichkeit auch kennen musste. Viele Fragen kamen mir in den Sinn und mit großen Augen beobachtete ich, wie er die größeren Scherben vorsichtig in seine Hände nahm, um diese dann wegzuschmeißen. Ganz genau erinnerte ich mich nicht daran, welche Rolle Chan in meinem Leben gespielt haben sollte, aber es bestand eine Verbindung zu ihm.

Was ich nach meinem Unfall über ihn erfahren hatte, wunderte mich zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich. Er einer der besten Schüler unserer gesamten Schule, spielte in einem Sportverein und auch in der Freizeit Basketball, half nach der Schule oder zwischen den Pausen anderen Schülern beim lernen und war selbst drei Jahre in Folge zum Schülersprecher gewählt worden, wodurch Veranstaltungen wie der Schulball genehmigt wurden. Alles in einem war er ein Mensch, zu dem man aufsehen konnte und an dessen Charakter man sich auch orientieren konnte.

,,Du hast viele Fragen.. Das sieht man dir deutlich an." Irgendwann durchbrach Chan die Stille, die sich über uns gelegt hatte und erst, nachdem wir alles vom Boden entfernt hatten, sah er mir direkt in die Augen. Eine lockige, blonde Strähne fiel ihm ins Gesicht und dennoch schwieg ich. Gerade fühlte es sich so an, als sei ich nicht in der Position dazu, auch nur irgendetwas zu sagen. Die Dominanz, die der Ältere ausstrahlte, war etwas vollkommen Neues für mich. So faszinierend und beängstigend zugleich. 

,,Aber noch kannst du keine Antworten erhalten", fuhr der Ältere fort und wandte seinen Blick nun nach draußen ab. Der Sommer neigte sich langsam dem Ende zu, die Tage wurden kürzer und die Nächte dafür länger, die Blätter verfärbten sich und starben ab. Genau so, wie es mit uns irgendwann sein würde. ,,Du wunderst dich, wieso Felix sich dir gegenüber so benimmt, aber ich kann dir nur sagen, dass du ihm Zeit geben sollst. Irgendwann wird alles einen Sinn ergeben und danach wirst du es verstehen. Du wirst verstehen, wieso Menschen so handeln und welche Auswirkungen es haben kann. Bis dahin kannst du nichts tun, außer alles zu verschlimmern."

So, wie Chan mit mir sprach, gab mir ein seltsames Gefühl. Ich hatte die Ahnung, dass wir solch ein Gespräch bereits einmal geführt hatten, aber ich kam nicht darauf, wann und wieso es gewesen sein sollte. ,,Und wie soll ich mich dann benehmen?", fragte ich nur hilflos zurück und legte dabei leicht meinen Kopf schief, erhoffte mir somit eine Antwort. Doch Chan gab nur ein Grinsen zurück und leise seufzte ich auf, sah dabei zu, wie er sich umdrehte und dann einfach die Küche wieder verließ und die Treppen nach oben stieg. Das alles ging in eine seltsame Richtung und nachdenklich lehnte ich mich etwas zurück an die Theke, bis mein Blick wieder auf der Scherbe lag.

Vorsichtig hob ich diese mit meinen Finger an und schaute mir diese gründlich an. Die Seiten waren zwar glatt, aber ich wusste, dass man sich daran schneiden würde. Die tiefe der Wunde wurde dadurch bestimmt, welchen Druck man ausübte und darum dauerte es auch meistens seine Zeit, bis diese abheilte. Offene Wunden brauchten ihre Zeit und es kam nur darauf an, ob man sie von selbst heilen ließ oder sich Hilfe holte. 

Doch wenn die Wunde zu tief war, würde es jemand dann ohne jegliche Hilfe überleben?

𝐅𝐚𝐫𝐛𝐞𝐧𝐛𝐥𝐢𝐧𝐝 ✦ 𝖧𝖸𝖴𝖭𝖫𝖨𝖷 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt