Verdienter Feierabend

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Mike wartete schon im NEF, sprach aber kein Wort als er zurück zur Wache fuhr.
Alex war ihm dafür unglaublich dankbar, er konnte nicht direkt über solche schrecklichen Einsätze reden.
Es brauchte etwas Zeit, er musste nochmal alles durchgehen sich klar machen ob er etwas falsch gemacht hatte, ob irgendwas besser hätte laufen können.

Nach ein paar Stunden würde er darüber reden können, vielleicht nachher mit Klarissa bei einem Glas Wein.
Sie war so eine gute Zuhörerin, auch wenn er manchmal ein schlechtes Gewissen hatte, wenn er sich bei ihr auskotzte während sie doch eigentlich mit dem Rettungsdienst gar nichts zu tun hatte.
Aber sie hatte ihm immer wieder versichert das es ihr nichts ausmachen würde, außerdem würde er ihr auch immer zuhören wenn sie mal einen schlechten Tag hatte.

Alex seufzte und fuhr sich mit der Hand durch die Haare.
Es war Zeit für eine Dusche und den verdienten Feierabend.
Mike parkte das NEF in der Halle der Wache und sie stiegen aus.
Oliver Dreyer und Franco Fabiano kamen ihnen schon entgegen.

„Na, ziemlich schwerer Einsatz zum Feierabend."

Meinte Oli mitleidig zu Alex während sie den Pieper übernahm.

„Ich füll alles auf seht zu das ihr nach Hause kommt."

Meinte Franco gutmütig zu Mike und Alex.

Die beiden bedankten sich bei ihm und machten sich auf in Richtung Umkleide.
Yannik saß dort schon und starte auf seine Hände.
Mike setzte sich zu ihm und fing an mit ihm zu reden.
Da Alex wusste das Mike das viel besser als er konnte, machte er sich direkt auf in die Dusche.

Anschließend nahm er sich seine Sportklamotten und verabschiedete sich von den Kollegen.
Wie jeden Dienstag joggte er die Strecke nach Hause, heute Morgen hatte Mike ihn deshalb mit zur Arbeit genommen.
Für Alex gab es nichts Besseres, als das Laufen, um seine Gedanken zu sortieren und den Kopf wieder frei zubekommen.
Daher lief er noch einen gehörigen Umweg am Rhein entlang und kam erst über eine Stunde später verschwitzt zu Hause an.

Schnell sah er auf sein Handy, er hatte ganz vergessen sich bei Klarissa zu melden.
Sie hatte nicht versucht ihn zu erreichen, anscheinend dachte sie sich schon, dass er länger arbeiten musste.

Er wusste das sie sich bestimmt trotzdem Sorgen machte, auch wenn sie niemals sauer auf ihn war wenn er länger arbeitete, ganz im Gegenteil zu seinen bisherigen Beziehungen die meistens an seiner Leidenschaft für den Rettungsdienst kaputt gegangen waren.

Damit Klarissa sich nicht länger als nötig um ihn sorgte schrieb er ihr schnell eine Nachricht.
Dann lief er die Treppe zu seiner Altbauwohnung hoch und schloss die Tür auf.
Nach einer weiteren schnellen Dusche, packte er ein paar Sachen für das Wochenende und schaute noch seine Post durch. Rechnungen, Werbung, Werbung und eine Postkarte von seiner Schwester von den Malediven.

Ohh man wie gerne wäre er jetzt auch dort.
Vielleicht sollte er Klarissa überreden, mit ihm in den Urlaub zu fahren.
Sie wollte eigentlich nie länger als drei Tage das Haus verlassen, das wusste er.

Vor fast 6 Jahren war ihr Sohn auf einem Spielplatz verschwunden und nie hatte man eine Spur von dem Jungen gefunden.
Sie wollte seither nicht so gerne länger fort, weil sie Angst hatte nicht vor Ort zu sein, wenn das unwahrscheinliche Wunder passierte und Niklas zurück nach Haus käme.

Auch wenn sie wieder begonnen hatte glücklich zu sein und ihre Leben im Griff hatte, litt Klarissa wie nur eine Mutter leiden konnte die ihr geliebtes Kind verloren hatte.
Alex bewunderte sie immer wieder für ihre Stärke.
Er hatte sie vor drei Jahren bei einer Medizintagung kennengelernt, dort hatte sie einen wirklich spannenden Vortrag über ein neues Krebsmedikament gehalten, deren Entwicklung sie federführend leitete.

Er war damals beeindruckt von dieser taffen, hübschen Frau und hatte sie abends an der Bar zu ein paar Drinks eingeladen.
Sie hatte sich natürlich nicht nehmen lassen am Ende die Hälfte der Rechnung selbst zu übernehmen, was Alex nur noch mehr imponierte er mochte emanzipierte starke Frauen.
Nach diesem Abend hatte er sich noch zu einigen Dates mit Klarissa verabredet und nach einigen Monaten waren sie zusammengekommen.

Erst nach einem halben Jahr hatte Klarissa ihm von ihrem Sohn erzählt, an diesem Tag war es ihr ziemlich schlecht gegangen da es der Tag war an dem Niklas Jahre zuvor verschwunden war.
Er hatte sein Bestes gegeben um Klarissa beizustehen und für sie da zu sein.
Auch als sie auf Anraten des Psychologen ihren Sohn vor einem Jahr hatte ohne Leiche beerdigen lassen, war er für sie da gewesen und hatte sie begleitet.
Alex war so in Gedanken versunken gewesen, dass er gar nicht gemerkt hatte das er schon eine mehrere Minuten auf die Urlaubskarte seiner Schwester gestarrt hatte.

Der verschwundene SohnWhere stories live. Discover now