Schuldgefühle

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Alex Schicht war bis zu diesem Einsatz recht ruhig verlaufen.
Als sein Pieper eine schwer verletzte Person nach HG meldete, war er schnell zum Auto gesprintet.
Dort hatte Franco sein heutiger Fahrer schon auf ihn gewartet.
Schweigend waren sie losgefahren, Alex hatte gar nicht gesehen wo es hingehen sollte.
Als sie dann vor Klarissas Haus gehalten hatten war ihm der Schreck in die Glieder gefahren.
Aber er wusste, jetzt musste er professionell seinen Job machen, egal ob es bei der verletzen Person um Klarissa ging oder jemand anderen.
Genau das tat er dann auch, er funktionierte einfach.

Im ehemaligen Kinderzimmer von Niklas fanden sie Klarissa mit schweren Verletzungen vor und kümmerten sich direkt um sie.
Ein paar Meter von ihnen entfernt brachten derweil Stephan und Hannah, den Exmann von Klarissa unter Kontrolle.
Das dieses Schwein hier nochmal auftauchen würde, hätte Alex niemals gedacht.
Franco der Klarissa natürlich kannte, fragte nach ob er besser einen anderen NEF rufen sollte.
Aber Alex wusste das jetzt keine Zeit war um noch auf einen weiteren Notarzt zu warten. Klarissa musste schnell ins Krankenhaus.
Es bestand der Verdacht auf ein Schädelhirntrauma und ihr Bauch wurde hart, was auf eine innere Blutung hindeutete.
Schnellst möglich stabilisierten sie ihren Kreislauf und brachten sie in den RTW.
In der Klinik übergab er Klarissa an Frederik Seehauser, der heute die Notaufnahme hatte.

"Morgen Alex, gut das du Paulas Dienst übernommen hast.
Sie haben selbst mich gefragt ob ich das machen könnte, dabei bin ich doch gar nicht zum Notdienst ausgebildet."

Meinte Frederik als Alex und Benjamin Klarissa in den Schockraum schoben.

„Naja ich wäre besser bei meiner Freundin geblieben, dann müsste ich sie dir jetzt hier nicht übergeben."

Meinte Alex verbittert und deutete auf Klarissa.
Mit einem geschockten Blick und gehobenen Brauen gab Frederik den Pflegern den Befehl Klarissa umzubetten.

"Klarissa Buchhold, 38 Jahre keine Vorerkrankungen, keine Medikamentenunverträglichkeiten bekannt. Zustand nach Übergriff des Exmannes.
War initial nicht bei Bewusstsein, Pupillen isokor aber kaum merkbare Reizreaktion, Atmung war gut aber mehrere große Prellmarken und instabiler Thorax, Bauch hart Prellmarke an Leber und Milz, rechter Arm und linkes Bein instabil bzw starke Prellung. Wir haben sie intubiert, nachdem sie im RTW immer noch nicht zu Bewusstsein kam."

Alex übergab Frederik noch die Medikamente die er ihr gegeben hatte, dann half er dabei das Beatmungsgerät von dem aus dem RTW gegen das der Klinik am Süderring zu wechseln.

„Wenn du mehr weißt schreib mir bitte eine Nachricht, ok?"

Bat er Frederik und verließ dann mit Franco den Schockraum.

„Ich ruf kurz den DGL an und frag ob sie mich ersetzten können."

Meinte Alex zu Franco und fummelte sein Handy aus der Dienstjacke.
In kurzen Worten erklärte er, was mit seiner Freundin passiert war und dass er sich nicht weiter in der Lage sah seinen Dienst zu beenden.
Der DGL hatte Verständnis und meinte er würde sie erst einmal abmelden und einen Ersatz für Alex besorgen.
Sie einigten sich das Alex im Krankenhaus bleiben konnte und Franco mit dem NEF zurück zur Wache fahren und dort auf den Ersatznotarzt warten würde.
Alex bedankte sich und gab Frano der schon am Auto wartete Bescheid.
Danach ging er rasch wieder zurück ins Krankenhaus.
Kurz überlegte zurück in den Schockraum zu gehen, aber hier würde er nur im Weg stehen.
Er musste seine Kollegen nun die Arbeit überlassen.
Seufzend wandte Alex sich zur Eingangstheke und bat Schwester Birgit ihm Bescheid zu geben, sobald es etwas Neues zu der eben gebrachten Patientin gäbe.
Dann setzte er sich auf einen der Wartestühle und legte seinen Kopf in die Hände.

Die letzten 24 Stunden waren einfach nur eine reine Katastrophe.
Erst verschwanden Niklas und Paula und jetzt lag Klarissa mit schweren Verletzungen im Krankenhaus?
Nach zwanzig Minuten erschien Frederik in der Eingangshalle und ging direkt auf Alex zu.

„Hey Birgit hat mir gesagt, dass du hier wartest. Komm mit, deine Freundin ist im OP ich zeig dir wie es steht."

Meinte Frederik und ging zurück zu einem der Behandlungsräume.
Dort öffnete er Klarissas Akte auf dem PC und zeigte Alex die CT und Röntgenaufnahmen.
Es klopfte an der Tür und ein Pfleger strecke den Kopf herein

„Dr. Seehauser zwei Polytrauma sind in zehn Minuten da."

„Ok ich komme."

Meinte Frederik und wandte sich dann Alex zu.

„Schau dir ruhig alles an.
Sie operieren erstmal um die Blutungen an der Leber zu unterbinden.
Wenn ich Zeit habe komm ich wieder zu dir."

Alex nickte dankbar und setzte sich an den Computer.
Er betrachtete die Röntgenaufnahmen.
Fünf Rippen waren gebrochen, drei rechts zwei links, der rechte Arm war gebrochen.
Nase und Jochbein waren angebrochen und würden gerichtet werden müssen.
Auf den CT-Aufnahmen waren Blutungen an der Leber zu erkennen.
Die Milz schien etwas vergrößert aber nicht gerissen.
Aufmerksam betrachtete Alex die CT-Aufnahmen des Schädels und stellte erleichtert fest das keine Hirnblutungen zu finden waren.
Die Operation würde sicher einige Stunden dauern, die Blutungen im Bauchraum mussten gestoppt und die Knochen gerichtet und stabilisiert werden.
Das Beste wäre er würde kurz zur Wache fahren und seinen Wagen holen und sich umziehen.
Seufzend stand er auf und raufte sich die Haare.

„Er hätte bei Klarissa bleiben müssen, dann wäre das nicht passiert."

Machte er sich Vorwürfe.
Er meldete den Computer ab und machte sich auf den Weg zur Eingangshalle.
Dort gab er Brigitte Bescheid, das er in einer halben Stunde wieder zurück sei und machte sich dann auf den Weg zur S-Bahn, um die vier Stationen zur Feuerwache zu fahren.

Der verschwundene SohnWhere stories live. Discover now