Korruption

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Als Stephan und Hannah den letzten Absatz ihres Berichtes fertig hatten und ihn im System abspeicherten, schauten sie sich kurz an und machten sich dann auf den Weg zu Klaus.
Auf dem Flur begegneten sie Tom Meyer der früher zu seiner Spätschicht erschienen war.

„Hey, euch habe ich gesucht. Habt ihr den Typen verhaftet? Ich war heute Morgen bei Paul, der hat mir erzählt das du einen der Entführer über das Tattoo identifizieren konntest."

Stephan nickt ihm zu.

„Hallo Tom. Ja der Typ sitzt unten in der Zelle will aber nicht reden. Wir müssen zu Klaus, kommst du mit?"

Tom nickte und gemeinsam begaben sie sich in den zweiten Stock und Stephan klopfte an Klaus Büro.
Nach einem Herein öffnete er die Tür und fand zu seiner Überraschung neben Klaus noch einen zweiten Mann im Büro, der in Hemd und  schicker Hose neben Klaus am Fenster stand.

„Setzt euch. Ohh hallo Tom?!"

Tom grüßte und stellte sich hinter Stephan der sich neben Hannah auf die zwei Besucherstühle setzte.

„Das ist Kommissar Frecher von der internen Ermittlung."

Stellte Klaus den Mann am Fenster vor der sich zu ihnen umgedreht hatte und sie eindringlich musterte.
Der Blick des Mannes war Stephan ein wenig unangenehm und nervös rutschte er auf dem Stuhl hin und her.

„Hallo. Ich habe gerade mit Herrn Wiebel ihren Bericht durchgesprochen."

Keiner der drei reagierten und kurz herrschte Schweigen.

„Sie waren kurz vor diesen Ereignissen in einem ganz anderen Stadtteil bei einem Einsatz mit HG.
Keine zehn Minuten nachdem sie den dort Verhaften hier abgesetzt haben, sind sie in die Von-Galen-Straße gefahren.
Ganz zufällig wurden sie dort von einer Passantin angesprochen, die verdächtige Geräusche aus ihrer Nachbarwohnung gehört haben will."

Wieder schwieg der Kommissar und musterte Stephan dabei eindringlich, der nervös an seinen Fingern spielte.

„Im Bericht hört sich das ja ganz nett an.
Aber wenn ich etwas nicht leiden kann dann ist es, wenn ich nicht die ganze Wahrheit kenne. Also werden sie mir jetzt die Wahrheit erzählen, dann kann ich ihnen wahrscheinlich auch in ihrem Fall weiterhelfen."

Überrascht sah Stephan den Kommissar an und bekam kein Wort raus.
Hannah räusperte sich und sah Stephan an.

„Ähm, also ... wir waren nicht zufällig an dieser Adresse und es gab auch keine Passantin oder verdächtige Geräusche."

Räumte Hannah ein und sah Klaus dabei entschuldigend ins Gesicht.
Der seufzte und wischte sich mit den Händen durchs Gesicht.

„Warum schenkt ihr mir nicht gleich reinen Wein ein? Was soll das ganze?
Hannah gerade von dir hätte ich so einen Scheiß nicht erwartet!"

Meinte er leicht angesäuert zu den beiden vor ihm sitzenden.
Stephan schüttelte mit dem Kopf und hob die Hände.

"Das war alleine meine Idee. Hannah hatte damit nichts zu tun!"

Der Kommissar im Hintergrund gab ein Räuspern von sich und deutete Stephan an weiter zu erzählen.

„Wir haben gestern Abend zusammen das Überwachungsvideo auf dem Krankenhaus überprüft.
Dafür hatte ein Freund von mir jede Szene in ein Einzelbild umgewandelt und zu Viert haben wir die Fotos alle einzeln überprüft."

Klaus lachte auf.

„Ein Freund von dir?
Lass mich raten, dieser Freund heißt Paul?
Und ihr drei habt mit ihm zusammen Privatermittler gespielt?"

Stephan nickte zögernd und erzählte dann weiter.

„Auf einen der Bilder ist ein Tattoo zu sehen das recht auffällig war.
Von dem gleichen Typen hatten wir auch noch ein Bild des Gesichtes, allerdings in sehr schlechter Qualität.
Anhand des Tattoos haben wir unseren Verdächtigen heute Morgen identifiziert und wollten ihm einen Besuch abstatten."

Der Kommissar nickte und Stephan konnte fast so etwas wie ein amüsiertes Lächeln erkennen.

„Das der Mann, wenn wir klingeln gleich die Tür wieder zuwerfen will und versucht eine Schusswaffe zu erreichen, war natürlich nicht so geplant. Der Rest des Berichtes stimmt so."

Das er dem Mann extra die Hand verdreht hatte um Informationen aus ihm herauszubekommen, wollte Stephan lieber verschweigen.
Eine Zeit lang herrschte Schweigen im Raum und der Kommissar schien angestrengt zu überlegen.

„Nun, dann macht das ganze schon etwas mehr Sinn für mich. Danke für ihre Ehrlichkeit."

Er wendete sich wieder dem Fenster zu und schaute hinaus.

„Ich ermittle schon seit einigen Monaten gegen ein Art Syndikat das hier in Köln aktiv ist.
Der Boss, allen Anschein nach ein Gewisser Victor Bolschewik, schafft es immer wieder das alle Beweise die gegen ihn gesammelt werden auf einmal verschwinden.
Jeder Zeuge der bereit ist auszusagen, vergisst recht schnell was genau er eigentlich gesehen hat, oder verschwindet spurlos wenn er sich nicht einschüchtern lässt.
Es wurde recht schnell deutlich das wir mindestens in drei Abteilungen Informationslecks haben, durch die der Boss immer bestens informiert ist und letztendlich keinerlei Beweise gegen ihn vorliegen."

„Aber wie passt der Junge da rein?"

Fragte Tom der bisher geschwiegen hatte.

„Das Syndikat ist recht groß im Handel mit BTM und Waffen.
Für den Transport von A nach B nutzten sie meistens Kinder.
Die fallen nicht auf und wenn sie von uns erwischt werden, müssen wir sie meistens wieder laufen lassen. Umso jünger umso besser.
Es ist mir schon öfters zu Ohren gekommen, das der Boss wie er sich selber so schön nennt, einen Jungen bei sich hätte der alles für ihn machen würde.
Da Herr Bolschewik ein ziemlicher Sadist sein soll, kann ich mir gut vorstellen das er den Jungen auch so zugerichtet hat.
Laut Bericht hat er ja einige Verletzungen als ihr ihn aufgegriffen hattet."

Stephan bestätigte das mit einem Nicken.

"Wie finden wir den Jungen und Dr. Martinson?
Falls sie noch leben, werden sie das sicher nichtmehr lange. Es sind schon mehr als 24 Stunden seit dem Verschwinden vergangen."

Der Kommissar wandte sich zu Stephan um und sah diesen lange an.

„Ich schaue erstmal was sich machen lässt.
Die KTU wertet schon das Handy von Herrn Nokradt aus. Hoffentlich lässt sich über dessen Bewegungsprofil ein Ort ausmachen, an dem die beiden sein könnten."

Stephan nickte und erhob sich. Hannah und er hatten eigentlich schon Feierabend und hier gab es nichts mehr was sie tun konnten, daher wollte er erstmal zu Paul ins Krankenhaus.
Sie verabschiedeten sich und der Kommissar versprach Stephan, dass er sich bei ihm melden würde sobald es etwas neues gäbe.
Stephan und Hannah begleiteten Tom in den Aufenthaltsraum und nachdem sie zusammen noch eine Tasse Kaffee getrunken hatten, verabschiedeten sie sich in Richtung Umkleide.

Der verschwundene SohnWhere stories live. Discover now