Verirrt

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Als Paula langsam ihre Augen wieder öffneten war es um sie recht dunkel.
Schwarze und Rote Punkte tanzen vor ihren Augen, als sie ihren Kopf bewegte und ein stechender Schmerz zuckte durch ihren Hinterkopf.
Sie stöhnte auf und versuchte ihren rechten Arm zu bewegen, was eine neue unerträgliche Schmerzenswelle in ihrer Schulter auslöste und Tränen in ihre Augen trieb.
Vorsichtig atmete sie gegen den Schmerz an und wartete reglos das es etwas besser wurde. Sie lag auf ihrem linken Arm, ihr rechtes Bein hatte sie von sich gestreckt das linke war angewinkelt.
Vorsichtig versuchte sie ihren linken Arm zu befreien, was erneut Schmerzen in ihrer rechten Schulter auslöste, aber immerhin der linke Arm ließ sich bewegen.
Auf einmal hörte sie das Geräusch knackender Zweige und sich nähende Schritte.
Panisch blickte sie sich um, es war dunkel geworden und sie konnte kaum etwas erkennen.
Um sie herum schienen Äste und Blätter zu liegen, fast als wäre sie mitten in einem Busch gelandet.
Der Strahl einer Taschenlampe zuckte einige Meter von ihr entfernt über den Boden und durch das Licht konnte sie erkennen das sie wirklich unter einem Busch lag nur ihr rechtes Bein schaute heraus.
Schnell zog sie das Bein ein und betete das sie unter dem Busch nicht zu erkennen war.
Schwere Schritte näherten sich und sie erkannte einige Meter entfernt den Schatten einen Mannes.
Mit seiner Taschenlampe leuchtete dieser den steilen Hang ab und schien etwas zu suchen. Oder jemanden!
Dann drehte der Mann sich um und näherte sich dem Busch, dabei strich der Lichtstrahl der Taschenlampe durch den Wald.

„Diese verdammte Hure!."

Fluchte der Mann und ging weiter.
Paula die vor Angst den Atem angehalten hatte, wartete noch einige Sekunden bevor sie erleichtert ausatmete.
Reglos blieb sie weiter liegen bis sie keine Geräusche mehr wahrnahm, außer das entfernte Rauschen von Autos und das Zirben einiger Grillen.
Als sie sich sicher war das der Mann nicht zurück kommen würde versuchte sie vorsichtig aus dem Busch herauszukommen.
Die Schmerzen in der Schulter und im Kopf waren beinah nicht auszuhalten und sie konnte sich nur langsam aus dem Buschwerk befreien.
Als sie es endlich geschafft hatte und den Sternenhimmel über sich erkennen konnte richtete sie sich langsam auf.
Schwindel erfasst sie und panisch versuchte sie sich festzuhalten, doch sie landete unsanft wieder auf den Knien.
Sie versuchte tief ein und aus zu atmen, aber dies verursachte nur ungemeine Schmerzen in ihrer rechten Brust, daher ließ sie es sein.

Kurz schloss sie die Augen versuchte ihre Kräfte zu sammeln und stand dann auf. Wankend blieb sie kurz stehen.
Rote Punkte tanzten vor ihrem Auge und beinahe blind stolperte sie nach rechts in Richtung Wald, bloß fort.
Sie musste Hilfe holen, der Junge musste ins Krankenhaus.
Mit diesem Ziel vor Augen versuchte sie die stechenden Schmerzen die sie nun auch in der Hüfte spürte, zu ignorieren und stolperte voran.
Als sie den Schatten der Bäume erreichte konnte sie sehr bald nicht mal mehr die Hand vor Augen erkennen.
Vorsichtig taste sie sich weiter, darauf bedacht nicht irgendwo gegen zu stoßen.
Nach einigen Meter blieb ihr rechter Fuß plötzlich in einer Wurzel hängen und sie konnte sich nicht mehr halten und fiel hin.
Beinah blind vor Schmerzen, versuchte sie wieder auf die Knie zu kommen.
Starker Schwindel hatte sie befallen und ihr wurde schlecht.
Sie versuchte durch den Mund zu atmen und ihren viel zu schnellen Herzschlag zu beruhigen.
Als die Schmerzen wieder etwas nachgelassen hatte, tastete sie nach dem Baum den sie eben noch rechts von sich gespürt hatte und richtete sich mit dessen Stütze auf.
Sobald sie stand wurde der Schwindel stärker und sie musste sich übergeben.

Nach einigen Minuten in denen sie sich nur mit Hilfe des Baumes auf den Beinen halten konnte, ließ der Schwindel langsam wieder nach.
Sie atmete durch, wischte sich den Mund an ihrem Handrücken ab und spukte noch einmal aus um den Geschmack nach Galle loszuwerden.
Dann richtete sie sich wieder auf und tastete sich weiter in die Dunkelheit hinein.
Nach einigen Minuten hatte sie sich so weit an die Dunkelheit gewöhnt, das sie grobe Umrisse erkennen konnte.
So tastete sie sich Meter für Meter weiter voran und hoffe inständig das sie nicht im Kreis lief, sondern sich gerade wirklich von dem Fabrikgebäude entfernte.
Mit der Zeit wurde das Geräusch ab und an vorbeifahrenden Autos immer lauter.
Auf einmal zerschnitt ein Lichtkegel den Wald vor ihr und instinktiv duckte sie sich hinter einen Baum.
Doch es war nur ein Auto das einige Meter weiter vorne eine Straße entlang fuhr.
Erleichtert atmete Paula aus und tastete sich weiter in die Richtung der Straße.
Als sie vor sich eine Leitplanke entdeckte, kletterte sie darüber und stand schließlich auf einer breiten Straße.
Plötzlich blendete sie ein heller Lichtschein und sie versuchte die linke Hand vor das Gesicht zu legen, um etwas zu erkennen.
Mit lauten Hupen raste wenige Zentimeter von ihr entfernt ein Auto vorbei.
Paula erschrak so sehr das sie das Gleichgewicht verlor und auf die Straße viel.
Bremsen quietschten und erneut hupte ein Auto, doch Paula schaffte es nicht sich erneut aufzusetzen, der Schmerz zog sie in einen schwarzen Strudel und kurz verlor sie das Bewusstsein.

„Hallo, sind sie tot?"

Hörte sie auf einmal die hysterisch keifende Stimme einer Frau.
Sie stöhnte auf und versuchte ihre Augen zu öffnen.

„Hil..fe holen!"

Flüsterte sie und erneut wurde ihr so schlecht, dass sie sich übergeben musste.
Angewidert flüchtete die Frau vor ihr und rannte zurück zu ihren Wagen.
Paula wollte ihr noch hinterher rufen, aber dazu hatte sie keine Kraft mehr.
Vorsichtig richtete sie sich auf und zog sich an der Leitplanke neben ihr hoch.
Als sie wieder auf den Füßen stand und der Schwindel langsam nachließ richtete sie sich auf und ging los in die Richtung aus kurz vorher der Wagen gekommen war.

„Sie musste Hilfe holen, der Junge brauchte Hilfe, sie war seine letzte Hoffnung. Wenn sie jetzt nicht stark war würde er sterben und dann war das nur ihre Schuld!"

Redete sie sich ein und wankte weiter die Straße entlang.

Der verschwundene SohnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt