Teil 31- Baeckea

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„Denkst du wirklich, dass es eine gute Idee ist?" Nervös rieb ich meine nassen Handflächen an meiner Hose und zupfte zum hundertsten Mal meine Haare zurecht. „Wovor hast du eigentlich solch eine Angst? Ihr kennt Euch doch schon." Eloise klopfte mir sanft auf die Schulter und schob mich weiter die kleine Auffahrt zu dem Haus ihrer Eltern hinauf. Es war schön, eine Oase aus Lavendel und Rosensträuchern, die das kleine Haus einrahmten und es förmlich strahlen ließen. Neben der Tür stand eine alte Holzbank, auf der sich bunte Töpfe mit Kräutern stapelten und eine kleine Vogeltränke. „Ja, er war mein Professor, das ist jetzt doch was ganz anderes. Was ist, wenn er mich nicht mag?" Wieder blieb ich stehen und rieb einen Staubfleck von meiner Jacke. „Er wird dich mögen, vertrau mir doch einfach." Eloise klingelte bereits an der Tür, für eine Flucht war es nun endgültig zu spät.

Heute Morgen hatte Eloise mich bereits früh geweckt, wie immer war sie bereits angezogen und zurechtgemacht. „Wir fahren noch zu meinem Vater, unser Flug geht erst heute Nachmittag." Ich hatte nur genickt, in der Annahme, dass ich auf sie warten würde im Auto. „Damjan treffen wir dann wieder am Flughafen, er wollte noch etwas erledigen." Etwas verwirrt hob ich die Augenbrauen. „Seit wann seid ihr zwei so eng miteinander?" Eloise setzte sich zu mir ins Bett. „Sind wir nicht, aber du hast noch geschlafen, also hat er mich angerufen als du nicht abgehoben hast. Mein Vater erwartet uns um zehn, also solltest du dich langsam fertig machen, wir brauchen eine Stunde von hier aus." Ich nickte nur, bis mir die Bedeutung ihrer Worte wirklich bewusst wurde. „Uns?" Fragte ich vorsichtig nach und Eloise nickte. „Uns. Er möchte dich kennenlernen." Alle Versuche, die ich unternahm, um sie davon zu überzeugen, dass es eine schlechte Idee sei, liefen ins Leere. Und so fuhr Eloise uns kurze Zeit später aus Paris heraus zu einem kleinen Vorort, wo ihre Eltern seit einigen Jahren lebten. Es beruhigte mich wenig, dass ihre Mutter auf einer Kreuzfahrt war und somit nicht anwesend sein würde. In die Situation, die Eltern von meiner Freundin kennenzulernen, bin ich noch nie gekommen. Es machte mich Nervös, grundlos, den eigentlich kannte ich Petermann bereist, ich mochte ihn. Dennoch war es die Ungewissheit, eine Situation die mich tatsächlich leicht überforderte, die mich am liebsten hätte umkehren lassen. Lächerlich, dumm, anders kann man das nicht nennen, doch etwas in mir wollte ihm gefallen. Wollte das er mich mag? Ein Gefühl, das ich nicht kannte, mir war stets gleichgültig was andere von mir dachten. Doch mit Eloise änderte sich auch das.

Ich schob meine Hände, die ich zu Fäusten geballt hatte, tiefer in die Taschen meiner Jacke. Hinter der Tür vernahm ich leises gepolter, jemand ging eine Treppe herunter. Kurz darf wurde die Tür geöffnet und ein großer Mann mit leuchtend grünen Augen stand in der Tür. Ich hatte ihn lange nicht mehr gesehen, dennoch hatte er sich kaum verändert. Seine Haare waren jetzt komplett ergraut, jedoch war es immer noch dicht und voll. Wie üblich trug er sie nach hinten gekämmt, sie passten zu seinem offenen und freundlichen Gesicht. Lachfalten zogen sich durch dieses, als er uns anstrahlte und Eloise in eine Umarmung zog. Er sah gut aus und erst jetzt fielen mir die Ähnlichkeiten auf, die er mit seiner Tochter teilte. „Hallo Papa." Eloise löste sich von ihm und stellte sich wieder neben mich. „Ich hab Mira mitgebracht, wie versprochen. Ihr kennt euch schon, erinnerst du dich?" Petermann schaute mich eindringlich an. „Wie könnte ich jemanden wie Mira vergessen! Sie war eine meiner besten Studentinnen, zudem hat sie meinen Geschichten immer zugehört. Chapeau dafür." Er lachte in seiner Unverkennbaren Art. „Es freut mich Sie wieder zusehen Herr Petermann." Gerade als ihn die Hand reichen wollte legte er seinen Arm um mich und schüttelte seinen Kopf. „Die Formalien lassen wir jetzt aber weg, ich bin Steffen und Sietzen musst du mich auch nicht Mira. Und jetzt kommt herein." Eloise strahlte mich an und auch ich musste kurz Grinsen, die Anspannung wurde weniger. Steffen führte uns zu einer kleinen Terrasse, die genaue so aussah wie der Vorgarten. Der Geruch von Kaffee und Brötchen lag in der Luft und im Hintergrund lief leise Musik. „Wollt ihr Saft, ich habe gerade welchen gepresst." Ohne auf eine Antwort zu warten, lief er davon und ließ uns zwei allein. „Es war doch gar nicht so schlimm, oder?" Eloise setzte sich an den gedeckten Tisch und zog ihre Jacke aus. Ich nahm neben ihr Platz und lehnte mich immer noch nervös etwas zurück und versuchte entspannt auszusehen. „Ja, noch nicht." Murmelte ich nur, da Eloises Vater wieder herauskam. In der einen Hand hielt er eine große Karaffe mit Orangensaft und in der anderen eine Thermoskanne mit Kaffee. „Möchtest du lieber Tee?" Ich schüttelte nur den Kopf und versuchte ihn möglichst natürlich anzulächeln. „Nun, dann erzählt Mal. Was gibt es neues an der Akademie?"

SEELENWANDERERWhere stories live. Discover now